Rammstein
“Rammstein”
(CD, Rammstein, 2019)
Lange zehn Jahre nach ihrem letzten Longplayer “Liebe ist für alle da” melden sich Rammstein mit einem neuen Album zurück, das neben einem schlichten Streichholz keinen Titel auf dem Cover erkennen lässt und somit für die einen als “unbetitelt”, für die anderen als “selbstbetitelt”, also “Rammstein”, geführt werden wird.
Auch wenn die letzten neuen Töne lange her sind, bleiben sich die Mannen um Sänger und Textschreiber Till Lindemann auf den 47 Minuten der neuen Scheibe treu – musikalisch, und auch mit all dem Drumherum. Bereits der am 28. März voraus geschickte Vorbote “Deutschland” sorgte nicht nur auf Grund seiner packenden Musik im typischen, treibenden Rammstein-Stil mit von Elektronik begleitetem Metal für Aufsehen, sondern auch durch ein episches, fast zehnminütiges Video, das einen durch die deutsche Geschichte mitnahm und bei dessen Aufgreifen von Szenerien der dazugehörenden Nazi-Zeit viele verdrängten, dass sich Rammstein im Text so deutlich wie kaum zuvor von Liebe zum Vaterland distanzierten.
Mit dem vieldiskutierten Song eröffnen Rammstein ihr neues Album, welches wie immer elf Stücke aufbietet. Das zweite hiervon kennt man auch bereits, und als “Radio” Ende April seine Premiere feierte, da geschah dies nicht schlicht auf YouTube oder ähnlich, nein, die Pyro-Metaller beschertem dem Video eine spektakuläre Off-Air-Premiere, als es in Berlin, Hamburg und Köln im öffentlichen Raum an eine Hauswand gebeamt wurde. Über 1000 Fans kamen jeweils zusammen, um das Video zum deutlich gewöhnlicheren und trotzdem im Ohr einnistenden Stück zu sehen und parallel die Single erstmalig im Radio zu hören.
Für genug Gesprächsstoff war also im Vorfeld gesorgt, zusammen mit einer in Minutenschnelle ausverkauften Tournee, und so ist derjenige, der vorhergesagt hatte, dass dieses Album völlig unabhängig von allen möglichen Rezensionen auf Platz 1 der Charts schießen würde, kein Prophet. So wird es sein, das aber auch völlig zu Recht.
In den “Studios La Fabrique” in der Abgeschiedenheit der französischen Provence nahe Avignon hat die Band, erstmals mit dem in Berlin ansässigen Produzenten Olsen Involtini, wie immer elf Songs aufgenommen, die wieder zu beeindrucken wissen, weil sie trotz – oder gerade wegen – Replikation eigener Stilmittel mitreißen und auch inhaltlich wieder einiges thematisieren, was nicht jeder ins Repertoire nimmt.
Das flott treibend angerichtete “Zeig dich” eröffnet nicht zufällig mit geistlich anmutenden Chorälen, geht es doch um Missbrauch in der Kirche. Der Titel “Ausländer” klingt nach Migrationsthema, eigentlich aber geht es um schnellen Sex, den man besser erzielen kann, wenn man Fremdsprachen kennt – und doch bricht das knackige, im Refrain mit Kindergesang bereicherte Stück gleichzeitig eine Lanze für fremde Kulturen, denn diese mag man offensichtlich.
Weit weniger verblümt behandelt das ebenfalls fetzige “Sex” das Thema, bevor mit “Puppe” ein beeindruckendes Stück die verstörte und verletzte Seele eines Kindes widerspiegelt, dessen Schwester sich im Zimmer nebenan prostituiert, was zu eigenen Verhaltensstörungen führt. Auch wenn diese Nummer im Midtempo daher kommt, ist sie auch dank Lindemanns vor Emotion und Verzweiflung berstenden Gesangs die brutalste auf dem Album, so hämmern einem Rammstein den verstörenden Schmerz des jungen Kollateral-Opfers in den Kopf.
Mit “Was ich liebe” geht es getragen und wenig hoffnungsvoll weiter, bevor die gut gelungene, von Streichern bereicherte Ballade “Diamant” als Liebeslied und Trennungs-Bitte an einen steinhart agierenden Partner untermauert, dass Rammstein auch 2019 die Romantik noch nicht ganz abgeschrieben haben. “Weit weg” zieht das Tempo wieder in den mittleren Bereich, ist aber das am wenigsten einprägsamste Stück der Scheibe.
Ganz anders “Tattoo”, in dem es genau darum geht, um die Verewigung von Momenten aus dem Leben auf der Haut, womit wir wieder beim Brachial-Metal angekommen wären, der einen gekonnt mitreißt, selbst wenn man nicht einmal ein “Mutti”-Herz auf der Haut haben sollte. Zum Abschluss wird es dann noch einmal besonders böse, wenn der “Hallomann” im Midtempo mit bedrohlichen und betörenden Klängen aus der Sicht desselben als vermeintlichem Triebtäter verabreicht wird. Ein Rammstein-Album, das nicht enttäuscht und extrem viel Lust auf die ausverkauften Konzerte macht.
Hier die komplett ausverkauften Rammstein-Livetermine bei uns:
27.05.2019 Gelsenkirchen, Veltins-Arena
28.05.2019 Gelsenkirchen, Veltins-Arena
05.06.2019 CH-Bern, Stade de Suisse
08.06.2019 München, Olympiastadion
12.06.2019 Dresden, Rudolf-Harbig-Stadion
13.06.2019 Dresden, Rudolf-Harbig-Stadion
16.06.2019 Rostock, Ostseestadion
22.06.2019 Berlin, Olympiastadion
02.07.2019 Hannover, HDI Arena
13.07.2019 Frankfurt/Main, Commerzbank-Arena
22.08.2019 A-Wien, Ernst-Happel-Stadion
www.rammstein.de
facebook.com/rammstein
Bewertung: 8 von 10 Punkten
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