Der unverhoffte Charme des Geldes
Darsteller: Alexandre Landry, Maripier Morin, Maxim Roy, Eric Bruneau
Regie: Denys Arcand
Dauer: 128 Minuten
FSK: freigegeben ab 12 Jahren
Website: www.mfa-film.de/kino/id/der-unverhoffte-charme-des-geldes
Facebook: facebook.com/mfa.filmdistribution
Sollte noch irgendjemand Zweifel an der politischen Einstellung des Paketboten Pierre-Paul (Alexandre Landry) hegen, so werden diese bei seinem vielsagenden Gespräch mit seiner Freundin gezielt ausgeräumt, dem dann in eiserner Konsequenz leider auch die Beziehung des „Losers“ zum Opfer fällt. Der kanadische Regisseur Denys Arcand, spätestens seit seinem Oscar für „Die Invasion der Barbaren“ (2003) für seine Gesellschaftskritik bekannt, projiziert diese hier in seinem neuen Film „Der unverhoffte Charme des Geldes“ einmal mehr auf seine Hauptfigur Pierre-Paul, den seine Kapitalismusfeindlichkeit trotz besseren Wissens von einer vielversprechenden Karriere abhält.
Das ist dem Verweigerer jedoch durchaus bewusst, und so nimmt er auch sein Schicksal als geknechteter Ausfahrer demütig in Kauf. Richtig spannend aber wird es erst, als er plötzlich zu Reichtum kommt wie die sprichwörtliche Jungfrau zum Kinde: Zufällig wird er während seiner Schicht Zeuge eines Überfalls, bei dem sich die Gangster in einem unübersichtlichen Schusswechsel auch noch gegenseitig eliminieren. Das entbehrt nicht einer ersten Situationskomik, bleiben doch außer ein paar Opfern vor allem riesige Sporttaschen voller Geld auf der ruhigen Nebenstraße zurück. Da überlegt dann auch der unbeteiligte Pierre-Paul nicht lange und verstaut sie vor Eintreffen der Polizei kurzerhand in seinem Lieferwagen.
Was sich Arcand hier als Ausgangssituation für seinen Krimi erdacht hat, funktioniert Dank philosophischer Gegensätze vom ersten Moment an ganz wunderbar, nimmt man sofort Anteil am Zwiespalt des sympathischen Außenseiters, der ganz entgegen seiner eigentlichen Einstellung der Verlockung des schnellen Geldes nicht widerstehen kann. Und was man sich davon plötzlich nicht alles leisten kann: Erste Investition sind die Dienste der Edelprostituierten Camille (verführerischer geht es kaum: Mariepier Morin), die zwar mit allen Wassern gewaschen ist, bei der aber die ehrliche Unbedarftheit Pierre-Pauls bald Mitleid erzeugt. So wird aus dem anfänglichen Krimiplot des sowohl vom argwöhnischen Ermittlerduo (Maxim Roy, Eric Bruneau) wie auch der versammelten Unterwelt Kanadas verfolgten Pierre-Paul mit Camilles genutzten Kontakten zu einschlägigen Finanzexperten schnell ein von komischen Momenten nur so strotzendes, bissiges Sozialdrama. Dabei kommen sich die beiden nicht nur näher, sondern sind mithilfe des gerade erst aus dem Knast entlassenen Betrügers Bigras (Rémy Girard) und vor allem des durchtriebenen Brokers Taschereau (großartig scheinheilig: Pierre Curzi), der ja eigentlich das verhasste System repräsentiert, mit ihrem inzwischen blütenweiß gewaschenen Geld im Handumdrehen Teilnehmer am globalen Monopoly.
Das ist genauso mitreißend wie unterhaltsam inszeniert, befindet man sich doch sofort im Boot mit Pierre-Paul und Camille, die plötzlich den Spieß umdrehen und ihrerseits, immer im Fokus der Polizei, am großen Rad der internationalen Märkte drehen. Damit schärft Arcand nicht nur den Blick für die – zum Großteil auch noch völlig legalen – empörenden Vorgänge im Investmentbanking, sondern bricht gleichzeitig ungeheuer einfühlsam eine Lanze für Systemverweigerer. So hält das wohlige Gefühl, es mit unseren sympathischen Protagonisten zusammen der gnadenlosen Ellenbogengesellschaft einmal gezeigt zu haben, auch noch eine ganze Weile an.
Trailer:
Bewertung: 10 von 10 Punkten