Queen & Slim
Darsteller: Daniel Kaluuya, Jodie Turner-Smith, Bokeem Woodbine, Chloë Sevigny
Regie: Melina Matsoukas
Dauer: 132 Minuten
FSK: freigegeben ab 12 Jahren
Website: upig.de/micro/queen-slim
Facebook: facebook.com/QueenSlim.DE
Die griechisch-amerikanische Regisseurin Melina Matsoukas kannte man bislang für teilweise spektakuläre Musikvideos, die sie seit 2006 für Acts wie Beyoncé, Jennifer Lopez, Lady Gaga, Rihanna oder Christina Aguilera verantwortete und die ihr 2013 und 2017 auch bereits zwei GRAMMY Awards® bescherten, neben vielen anderen Preisen. Mit “Queen & Slim” legt sie nun ihr Spielfilmdebüt vor, und dieses weiß zu gefallen.
Als Schuhverkäufer Ernest Hines (Daniel Kaluuya) sich mit der über Tinder kennen gelernten Anwältin Angela Johnson (Jodie Turner-Smith) in einem Diner zum ersten Date trifft, ist eigentlich schnell klar, dass es für die beiden weder besonders romantisch noch generell lange zusammen weiter gehen würde. Das Schicksal meint es allerdings anders mit ihnen. Als Ernest sie wenigstens noch nach Hause bringen möchte, hält ein weißer Polizist die beiden Schwarzen wegen eines defekten Rücklichts an und verhält sich hierbei so aggressiv, dass die Situation aus dem Ruder läuft und der eigentlich stets gesetzestreue Ernest den Polizisten mit dessen Waffe erschießt.
Als Juristin weiß Angela, dass auch die Tatsache der Notwehr Ernest vermutlich nicht vor dem Gefängnis bewahren wird, und so fliehen die beiden zu ihrem Onkel Earl (Bokeem Woodbine) nach New Orleans. Hier können sie aber auch nicht untertauchen, denn bald schon werden die Dashcam-Aufnahme des Vorfalls aus dem Polizeiwagen veröffentlicht und sie als Cop-Killer gejagt. Parallel hierzu aber schwappt die Welle der Wut über unfaire Behandlung von Afroamerikanern hoch, und das unter dem Pseudonym Queen und Slim gesucht Paar, welches sich dann doch noch während seines Roadtrips näher kommt, wird von vielen zu Helden hochstilisiert – vor allem, als ans Licht kommt, dass der Cop zwei Jahre zuvor bereits jemanden ohne wirklichen Grund erschossen hatte.
Der ungewollte Ruhm gefällt Ernest und Angela zwar zunächst nicht, gleichzeitig aber freuen sie sich über die Hilfe vieler, die sie auf ihrem weiteren Weg begegnen – und dieser soll am besten raus aus den USA nach Kuba führen. Bis hierhin ist es aber noch ein steiniger Weg.
Melina Matsoukas ist es in ihrem Debüt gelungen, die Story von Drehbuchautorin Lena Waithe und Bestseller-Autor James Frey mit einer beeindruckenden Mischung aus Coolness, Gewalt und Ästhetik zu inszenieren, wobei immer wieder mal Gegensätze direkt aufeinander treffen, was die Gefühlswelt des Zuschauers durcheinander wirbelt. Am krassesten bleibt hierbei eine Szene im Gedächtnis, in der Ernest und Angela im Fluchtauto erstmalig Sex haben, während gleichzeitig – in mehreren Gegenschnitten meisterhaft gezeigt – ein falsch inspirierter Junge während Straßenkrawallen einen Cop kaltblütig hinrichtet.
Da man natürlich an ein schwarzes “Bonnie & Clyde” denkt, wird dieser Vergleich auch direkt im Film an einer Stelle aufgegriffen. Und doch hinkt er, entschlossen sich diese doch in vollem Bewusstsein zu einer Gangsterkarriere, während Queen und Slim doch nur zu gerne in ihrem normalen Leben verweilt wären und auch auf der Flucht versuchen, Gewalt wenn möglich zu vermeiden. Trotzdem schaffen sie es nicht, sich vom entstandenen Hype völlig frei zu machen, werden in ihrem über längere Strecke getragenen Trainingsanzug und Tiger-Minikleid bald auch zum Inbegriff optischer Lässigkeit, im Film perfekt untermalt von einem Soundtrack, der als Mischung aus schwarzen Songs und Devonté Hynes Score zu überzeugen weiß.
“Get Out”-Star Daniel Kaluuya spielt als Ernest klasse, noch auffallender ist allerdings die zumindest im Kino noch weitestgehend unbekannte Jodie Turner-Smith, die sich mit ihrem intensiven Ausdruck für weitere Rollen empfiehlt. In Nebenrollen sehen wir bekannte Gesichter wie Chloë Sevigny, Country-Musiker Sturgill Simpson oder Red-Hot-Chilli-Peppers-Bassist Flea.
Die äußerst ansehnliche Mischung aus Liebesdrama und Rassismusthematik weiß zwar zu gefallen, allerdings ist es fraglich, ob Matsoukas bei allem Fokus auf opulente Bilder und Coolness der moralischen Grundverfehlung genug Gewicht eingeräumt hat, denn selbst wenn man von einem Polizisten noch so skandalös behandelt wird, rechtfertigt dies keine Tötung und kein folgendes Gefallenfinden an fraglichem Ruhm. Gerade in Zeiten von Social Media, die hier entscheidend mitwirken, muss man also vorsichtig sein, welches Stein man viral ins Rollen bringt.
Trailer:
Bewertung: 7 von 10 Punkten