Mike Love
Unleash The Love
(2CD, BMG, 2017)
Mit Michael Edward Love und Soloalben ist es so eine Sache. Als Gründungsmitglied und Leadsänger der legendären Beach Boys feierte Mike Love weltweite Erfolge, ohne seine anderen Strandjungs aber wollten ihn, bei dem Love nicht mal ein Künstlername ist, die Plattenfirmen aber nicht wirklich fördern. Mit der Band Celebration, bestehend aus ihm und Studio- sowie Live-Musikern der Beach Boys, spielte er 1977 den Soundtrack zum Film “Almost Summer” ein, seine alleine aufgenommenen Scheiben “First Love” (1977) und “Country Love” (1978) wurden aber von den Labels abgelehnt. Erst 1981 erbarmte sich das kleine Boardwalk-Label und veröffentlichte mit “Looking Back With Love” – äh, ja, Herr Love kokettiert durchaus gerne mit seinem Namen – endlich ein Solo-Album, welches aber floppte.
2003 dann verkündete Love trotzdem, dass er an einem neuen Solo-Album arbeite, und der Titel “Unleash The Love” kursierte bereits. Inzwischen schreiben wir das Jahr 2017, es hat also etwas gedauert, bis das Ganze sich zu einer Veröffentlichung manifestierte. Love verbrachte seine Zeit damit, mal Brian Wilson zu verklagen, mal mit ihm und Al Jardine, Bruce Johnston sowie David Marks in 2012 die Beach Boys zum 50. Geburtstag der Band zu reanimieren für das neue Album “That’s Why God Made The Radio” und eine große, weltweit mehr als 70 Konzerte umfassende und sicher finanziell lukrative Tour. Noch während dieser verkündeten Love und Johnston dann, dass sie nach der Tour dann doch lieber ohne die anderen drei Bandkollegen weiter machen würden. So richtig nach “Love is in the air” klang das nicht. Der richtige Zeitpunkt, um mit “Good Vibrations: My Life As A Beach Boy” eine Autobiographie zu schreiben, die dann 2016 veröffentlicht wurde.
Nun also ist das zweite Solo-Album von Mike Love da, und auf dem Cover präsentiert er sich auf irgendwie schon aufdringlich liebevolle und friedensbringende Art und Weise als Entsender weißer Tauben – das wäre selbst Hans Hartz einst zu schnulzig gewesen. Konzentrieren wir uns also lieber auf die Musik. Auch hier regiert die Liebe, ob im Titelsong “Unleash The Love” oder im Opener “All The Love In Paris”, und natürlich darf ein “Make Love Not War” nicht fehlen. Diese “Love is everywhere”-Masche nervt etwas, ansonsten aber ist das Album durchaus anständig geworden.
Auf den 51 Minuten der ersten CD findet man 13 Tracks, die mal wie bei “All The Love In Paris” oder “Cool Head, Warm Heart” sehr nach Beach Boys klingen, mal aber auch anders. “Only One Earth” kommt als Folk-Gebet für die Erde daher, “Ram Raj” ist eine schöne, gemütliche Popnummer, “I Don’t Want To Know” weiß groovy und funky zu gefallen, und “Pisces Brothers” ist eine feine Ballade, mit der sich Mike Love an eine gemeinsame Reise mit George Harrison nach Indien im Jahr 1968 erinnert. Diese Nummer veröffentlichte Love übrigens bereits 2014, geschrieben hatte er sie schon 2004.
Da die eigenen Songs vermutlich trotzdem nicht dazu gereicht hätten, um die BMG als Major-Label zu überzeugen, findet man – wenig überraschend – neben den 13 neuen Songs auch elf der größten Hits der Beach Boys in neuen Einspielungen. Auf CD 1 fand man bereits “Getcha Back” mit John Stamos und “Daybreak Over The Ocean”, auf den 36 Minuten von CD 2 hört man weitere Klassiker wie “California Girls”, “Help Me Rhonda”, “I Get Around” oder “Good Vibrations”, aufgenommen mit der Tourband der Beach Boys, hier allerdings nicht so sauber und modern produziert wie CD 1, der Grammy®-Gewinner Michael Lloyd als Produzent durchaus zeitgemäßen Klang verpasste. So richtig braucht man diese Neuaufnahmen ehrlich gesagt nicht, lediglich das von Mikes Tochter Ambha schön gesungene “Warmth Of The Sun” ist hier eine Ausnahme, und auch die “Do It Again”-Version mit Mark McGrath und John Stamos besitzt noch ihren Reiz. Somit insgesamt eine Doppel-CD, die durch die neuen Love-Songs (schönes Wortspiel) durchaus ihre Rechtfertigung hat und bei der CD 2 als Bonus gerne mitgenommen wird.
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