Home Film “Für Sama” – die Dokumentation über den Syrien-Krieg ist einfach nur erschütternd

“Für Sama” – die Dokumentation über den Syrien-Krieg ist einfach nur erschütternd

Autor: Mick

"Für Sama" Filmplakat (© Filmperlen)

Für Sama

Dokumentarfilm
Regie: Waad al-Kateab, Edward Watts
Dauer: 95 Minuten
FSK: freigegeben ab 16 Jahren
Website: filmperlen.com/filme/for-sama/
Facebook: facebook.com/FuerSama.FilmDE


Kleine Digitalkameras, praktischerweise am besten gleich ins omnipräsente Smartphone integriert, werden vermehrt das Mittel zum Zweck, in Ausnahmesituationen auf verheerende Missstände aufmerksam zu machen. Gerade erst lief auf der Berlinale der schweizerische “Saudi Runaway”, der als Zusammenschnitt heimlich gemachter Handyaufnahmen einer jungen Araberin zum Hilfeschrei für Frauenrechte in Saudi-Arabien wurde. Auch “Für Sama”, in dem die Syrerin Waad al-Kateab jetzt ihr eigenes Schicksal im belagerten Aleppo dokumentiert, bedient sich den Verhältnissen geschuldet großteils dieser einfachen Technik, die höchste Bildqualität zwar nicht gewährleisten kann, auf der anderen Seite aber eine Distanz zu den gezeigten Ereignissen geradezu unmöglich macht. Darüber hinaus kommt der Qualität der Aufnahmen bei Betrachten des drastischen Geschehens für jeden mit Sicherheit eher untergeordnete Bedeutung zu.

Und das geht schon erschreckend los, als man die Situation noch gar nicht einschätzen kann, in der sich die Bewohner des baufälligen Gebäudes befinden. Als fast irreal nimmt man die Bombeneinschläge wahr, als alle sich während eines Luftangriffs in den Keller flüchten, so unvorstellbar erscheinen die Staubwolken, die immer wieder den Weg versperren. Doch was anfangs erstmal nur für einen verstörenden Schockmoment sorgt, lassen uns Waad al-Kateab und der englische Dokumentarfilmer Edward Watts nach und nach in seiner ganzen Bedeutung erfassen, wenn sie anschließend die Geschichte der syrischen Protestbewegung in Aleppo nahezu chronologisch aufarbeiten.

Schon früh fängt die damals 18-jährige Studentin Al-Kateab an, 2011 noch euphorisch den ersten Widerstand gegen den syrischen Unterdrückungsstaat mit ihren Kameras festzuhalten. Was aber zunächst einen süßen Geschmack von neu erkämpfter Freiheit erzeugt, ruft schon im nächsten Moment die kompromisslose Härte des Regimes hervor und fordert erste Opfer. Mit ihren Bildern lässt uns Al-Kateab das hautnah miterleben, transportiert sowohl die anfängliche Hoffnung als auch die folgende tiefe Ernüchterung, die mit der erzeugten Empörung die Motivation zum Widerstand in ihrer Gemeinde zusammen mit ihrem Mann, einem Arzt, trotz aller Verzweiflung absolut nachvollziehbar macht.

"Für Sama" Szenenbild (© Filmperlen)

Aleppo (© Filmperlen)

Was erst in gewalttätigen Straßenschlachten gipfelt, in denen die Rolle des Aggressors leicht auszumachen ist und nachhaltig ein enormes Unrechtsempfinden aufkommen lässt, wächst sich jedoch bald zu einem zunehmend unübersichtlichen Bürgerkrieg aus. Mitten in der belagerten Rebellenhochburg bringt Al-Kateab dann ihre Tochter Sama zur Welt und kämpft von da an im Bombenhagel der vorrückenden syrischen Armee für Samas Zukunft, statt wie viele andere ihr Heil in der Flucht zu suchen.

Natürlich beleuchtet Al-Kateab die Verbrechen des Regimes einseitig, wird die Unschuld ihres Kindes zur Projektionsfläche für die Schrecken des Krieges mit einem eindeutigen Verursacher, die einem angesichts schockierender Bilder ein ums andere Mal die Kehle zuschnüren. Und doch gehört zu einem Krieg immer auch eine zweite Partei, deren Unterstützung hier unklar bleibt.

Das aber ist nur eine Randnotiz, zu präsent ist das geradezu hinterhältige Vorgehen des syrischen Militärs gegen eine Zivilbevölkerung, die trotz allem versucht, in ihrem täglichen Kampf zumindest für die Kinder ein kleines Stück Normalität aufrechtzuerhalten. Und wenn die kleine Sama selbst bei Einschlägen in nächster Nähe kaum noch zusammenzuckt, oder zwei Jungen ihren beim harmlosen Spiel auf der Straße getroffenen, leblosen Bruder ins Krankenhaus bringen, stehen einem fassungslos einfach nur die Tränen in den Augen. So ist “Für Sama” ein erschütterndes Manifest gegen den Krieg, das einen hilflos wirken lässt, aber gleichzeitig beim Blick in Samas unschuldiges Gesicht Hoffnung auf eine bessere Zukunft macht.

Trailer:

Bewertung: 10 von 10 Punkten

 

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