Agnes Obel
“Myopia”
(CD, Deutsche Grammophon, 2020)
In den zehn Jahren seit ihrem Debütalbum “Philharmonics” hat sich die dänische Sängerin, Songwriterin und Musikerin Agnes Obel mit ihrer sphärischen, getragenen Musik viel Anerkennung und eine beachtliche Schar an Fans erarbeitet. Mit ihrem neuen, vierten Longplayer “Myopia” bleibt sie ihrer Arbeitsweise treu und hat die Scheibe im Alleingang in ihrem Berliner Studio aufgenommen, um äußere Einflüsse und Ablenkungen zu vermeiden.
“Sämtliche Alben, an denen ich gearbeitet habe, verlangten, dass ich eine Art Blase schaffe, in der sich alles nur noch um das Album dreht”, erklärt Obel. “Für mich ist die Produktion fest verknüpft mit dem Text und der Geschichte hinter den Songs. Paradoxerweise muss ich meine eigene Myopie schaffen, um Musik zu machen.” Obel experimentierte bei der Aufnahme mit Bearbeitungen und Verzerrungen, mit den Tonhöhen von Gesang, Streichern, Klavier, Celesta und Luthéal-Klavier. “Für mich ist Myopia ein Album über Vertrauen und Zweifel. Kannst du dir selbst vertrauen oder nicht? Kannst du deinem eigenen Urteil vertrauen? Kannst du darauf vertrauen, dass du das Richtige tust? Kannst du deinen Instinkten und deinen Gefühlen vertrauen? Oder sind deine Gefühle verzerrt?”
Als erste Single schickte Agnes im Oktober “Island Of Doom” voraus. “Die Elemente des Songs sind tiefer gestimmtes Klavier, Cello-Pizzicato und Gesang, das Klangniveau der Chöre ist mal höher, mal tiefer”, erklärte sie zur musikalischen Herangehensweise und fügte zum Inhalt an: “Wenn jemand stirbt, der dir nahesteht, ist es nach meiner Erfahrung einfach unmöglich zu begreifen, dass du nie wieder mit ihm sprechen oder ihn erreichen kannst, nie wieder. In vielerlei Hinsicht ist er immer am Leben, denn in deinem Bewusstsein hat sich nichts geändert, er ist immer noch da wie alle anderen, die du kennst.”
Ebenfalls bereits bekannt ist die zweite, mit Pizzicato-Streichern aufwartende Single “Broken Sleep”. “Ich schrieb diesen Song zu einer Zeit, als ich Mühe hatte einzuschlafen. Auf der Suche nach einem Heilmittel begann ich, über Schlafforschung und die Kulturgeschichte des Schlafs zu lesen. Das führte mich zu der uralten Vorstellung, dass Schlaf und Tod verwandt sind und Schlafprobleme mit der Angst vor dem Tod zu tun haben. Spuren dieser Vorstellung sind noch heute in unserer Sprache zu finden, in der Art, wie wir Tod und Schlaf beschreiben.”
Auch mit den restlichen Stücken bleibt Obel sich treu. Rhythmen erzeugt sie hierbei zumeist nicht durch Schlaginstrumente, sondern durch den Einsatz von Piano oder Streichern, wobei beim avantgardistischen Titelsong “Myopia” dann doch mal vereinzelte Snare-Drum-Schläge eingebaut wurden, und auch das instrumentale, in seiner Dramatik leicht jazzige “Drosera” ist nicht komplett ohne Drums angerichtet worden.
Im Vordergrund steht aber die ganz besondere, träumerische Stimmung, die sie mit ihren Stücken erzeugt. Ob der Opener “Camera’s Rolling”, “Can’t Be”, “Promise Keeper” oder das abschließende “Won’t You Call Me” – Agnes Obel entführt uns wieder in reizvolle Klangwelten abseits der Norm. Mit “Roscian” und “Parliament Of Owls” kommen zwei weitere, kürzere, feine Instrumentalstücke hinzu. Ein Album, dass Obels Fans sicher wieder gut gefällt.
Agnes Obel ging kurz nach Veröffentlichung des Albums auf Tour – die letzten beiden Konzerte wurden nun in den Juli verschoben. Hier die Daten – Tickets gibt es z.B. hier bei Eventim (Partnerlink).
02.07.2020 Berlin – Admiralspalast (verlegt vom 16.03.)
28.07.2020 München – St. Matthäuskirche (verlegt vom 17.03.)
www.agnesobel.com
facebook.com/agnesobelofficial
Bewertung: 8 von 10 Punkten
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