U96 / Wolfgang Flür
“Transhuman”
(CD, UNLTD Recordings, 2020)
Fast 30 Jahre ist es her, als Alex Christensen 1991 maßgeblich am Erfolg der U96-Dance-Version des Kinofilm-Soundtrack-Klassikers “Das Boot” beteiligt war, erschuf er diese doch zusammen mit dem Produzententeam Matiz, bestehend aus Ingo Hauss, Hayo Lewerentz und Helmut Hoinkis. Mitte der 2000er-Jahre dann stieg Alex, den man am ehesten mit dem Namen U96 verband, aus dem Projekt aus.
Auch ohne Helmut Hoinkis setzen Ingo Hauss und Hayo Lewerentz die Geschichte des Projekts fort und veröffentlichten vor zwei Jahren das Album “Reboot” (lies unsere Rezension hier), wobei sie als Wortspiel den Klassiker noch einmal aufgriffen, zugleich auf einen Neuanfang hindeuteten, elf Jahre nach dem letzten Album “Out Of Wilhelmsburg”, welches ein totaler Flop wurde.
An alte Erfolge konnten sie mit “Reboot” zwar auch nicht anknüpfen, im inhomogenen Bauchladen verschiedener elektronischer Stile mit diversen Gästen waren aber die beiden Tracks mit Abstand am reizvollsten, die sie mit Wolfgang Flür zusammen erarbeitet hatten. Von 1973 bis 1986 gehörte dieser als Schlagzeuger zu den Legenden von Kraftwerk, und das war hier dann auch nicht zu überhören.
Die 68 Minuten des neuen Albums “Transhuman” haben Ingo Hauss und Hayo Lewerentz nun komplett mit Wolfgang Flür zusammen erschaffen. Der Titelsong wurde vorab bereits ausgekoppelt und hinterlässt die selben gemischten Gefühle, wie man sie schon beim Song “Zukunftsmusik” auf “Reboot” hatte. Klanglich kommt das Stück durchaus reizvoll daher, ist allerdings doch eine zu deutliche Blaupause von Kraftwerk, um einen zu begeistern – denn wenn man Kraftwerk hören möchte, hört man Kraftwerk.
Ähnlich verhält es sich mit Stücken wie “Hamburg – Düsseldorf”, “Zufallswelt” oder der Neuinterpretation der 2018er-Kollaboration “Zukunftsmusik (Radiophonique)”, und auch getragenere, instrumentale Nummern wie “Kreiselkompass” oder “Shifted Reality” lassen einen nur an die Düsseldorfer Elektro-Ikonen denken.
Ansonsten hört man mit “Specimen”, “To The Limit” und “Sexersizer” ein paar technoide Titel, mit “Clone” und “Maschinenraum” einen Ausflug in EBM-Klangwelten a la Front 242. Und als man sich schon gefreut hat, dass U96 diesmal zumindest keine Ausflüge in 90er-Dancepop in ihr Repertoire mit eingeschustert haben, wie sie vor zwei Jahren die Freude über neues Material doch deutlich schmälerten, schleudern sie einem mit dem simpel gestrickten und hier so gar nicht ins Gesamtbild passenden, vermutlich auch deshalb ans Ende gestellten “Let Yourself Go” mit Peaches als Gast samt Remix noch einen Stock zwischen die Audio-Speichen. Spätestens hierdurch wirkt auch das neue Album weiter eher ziellos im Streben zurück zum Erfolg und bleibt insgesamt trotz guter klanglicher Produktion im Mittelmaß hängen.
Bewertung: 6 von 10 Punkten
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