Old
Darsteller: Gael Garcia Bernal, Rufus Sewell, Vicky Krieps, Abbey Lee
Regie: M. Night Shyamalan
Dauer: 108 Minuten
FSK: freigegeben ab 16 Jahren
Website: www.upig.de/micro/old
Facebook: facebook.com/UniversalPicturesDE
Das passt doch mal zur Urlaubszeit: Kaum hingesetzt, entführt uns Horrorfilm-Ikone M. Knight Shyamalan („The Sixth Sense“, „Unbreakable“) auch schon in eine paradiesische Ferienanlage. Völlig unbeabsichtigt, schließlich wurde die Produktion des Streifens schon im Herbst 2019 weit vor allen Eindämmungsmaßnahmen – man kann es sich schon kaum noch vorstellen – angeschoben, befindet man sich so mitten im aufgestauten Corona-Fernweh. Aber wo uns Shyamalan in seinem neuen Werk „Old“ noch die perfekte Idylle suggeriert, lässt uns schon allein die Kenntnis seines bisherigen Schaffens nichts Gutes erahnen.
Nicht, dass wir uns nicht mit Prisca (Vicky Krieps) und Guy (Gael Garcia Bernal) freuen würden, als sie mit ihren beiden süßen Kindern eine Traumreise zum Schnäppchenpreis antreten können, aber schon der Empfang in der luxuriösen Hotelanlage fällt da merkwürdig überschwänglich aus. Wieder einmal gelingt es Shyamalan ausgezeichnet, kaum greifbares Unbehagen zu erzeugen, schürt er in uns trotz schönsten Urlaubsfeelings den Verdacht, dass da irgendwas nicht stimmen kann. Dabei sind wir sofort mit im Boot, als das sympathische, kurz vor der Trennung stehende, Paar einen letzten unbeschwerten Familienurlaub verbringen will, so gelöst und heiter ist die Stimmung bei der Anreise. Und doch wirkt die übertriebene Freundlichkeit des Hotelpersonals fast plastisch, kündigt die Atmosphäre und der Einschub einer mysteriösen Strandsequenz gezielt kommendes Unheil an.
Der Regisseur enttäuscht uns auch diesmal nicht, wo er sich doch schon in früheren Filmen als wahrer Stimmungsmeister erwiesen und mit der einen oder anderen unerwarteten Plotwendung für große Überraschung gesorgt hat. So bewahrheitet sich auch hier die ungute Vorahnung, und der eigens für die Vier organisierte Tagesausflug zur einsamen Badebucht entwickelt schon kurz nach Verlassen des Shuttlebusses eine böse Eigendynamik.
Nicht nur sind sie in der Bucht nicht alleine, und mit dem cholerischen Charles (Rufus Sewell) zeigt mindestens ein Anwesender Anwandlungen, die sich bald zum Problem auszuwachsen drohen. Sondern obendrein kann man den abgelegenen Ort nicht verlassen, der auch noch unerklärlichen Einfluss auf ihrer aller Körperfunktionen auszuüben scheint. Das sorgt schon nach kurzer Zeit für massive Auseinandersetzungen innerhalb der inhomogen zusammengewürfelten Gruppe und spielt schon da gewaltig mit unseren Nerven. Mit einem netten Einfall nach dem anderen bringt uns Shyamalan auf die Spur übernatürlicher Auswirkungen der traumhaften Bucht, lässt mehr und mehr vermuten, was bald zur grausamen Gewissheit wird: Sie lässt alle Anwesenden schneller altern.
Diese Idee entspringt der Graphic Novel „Sandburg“ von Oscar Levy und Frederik Peeters, die dem Regisseur als Vorlage diente, und mit deren Adaption er seine Vorliebe fürs Metaphysische hier mal wieder voll ausleben kann. Hat man sich erstmal darauf eingelassen, nicht ständig nach rationalen Erklärungen zu suchen, eröffnet sich einem die unheimliche Freude an einer stringent entwickelten, sich immer weiter zuspitzenden Handlung, die einen voll in ihren Bann zieht, kaum dass die erste Leiche angespült wird. Mit akribisch gezeichneten Charakteren, deren Rollen vom durchweg glaubwürdigen Ensemble wunderbar herausgearbeitet werden, wird man so Zeuge eines feinen Psychogramms der Gruppe, das Shyamalan in alter Tradition mit dem einen oder anderen sauber umgesetzten Schockeffekt garniert. Und, soviel sei verraten, auf eine intelligente Auflösung der Situation müssen wir auch diesmal nicht verzichten.
Trailer:
Bewertung: 8 von 10 Punkten