Michael Schulte hat sich in den vergangenen vier Jahren ins Musik-Business reingespielt und -gesungen – zuerst mit vielen Coverversionen, die er auf seinem YouTube-Kanal vielbeachtet veröffentlicht hat, dann mit einigen in Eigenregie veröffentlichten Alben wie den drei “Acoustic Cover”-Longplayern, und am massenwirksamsten sicherlich mit seiner Teilnahme in der 2011/2012er-Staffel von “The Voice of Germany”, wo er Platz 3 errang. Es folgte ein Vertrag beim zur Edel AG gehörenden Label Very Us Records und mit “Wide Awake” dann auch ein erstes Album mit eigenen Songs, welches zu überzeugen wusste.
Auf den 43 Minuten des Nachfolgers “The Arising” bietet Michael Schulte erneut gute Popmusik mit schönen Melodien, stets geprägt von seiner fragilen, emotionsträchtigen Stimme. Ein Teil der Songs kommt voller im Klang daher, wie das folklastige Titelstück, die Midtempo-Nummer “Frozen Over”, das flotte, eingängige “The Maze” oder der fröhliche Hoffnungskiller “Hopeless Heart”. Der andere Teil ist akustischer und ruhiger basiert, wie die Gitarrenballade “Thoughts”, das etwas sphärischer angelegte “Take It All Away”, das mit Akustikgitarre, Piano und sanft schlagenden Beats geschickt arrangierte “Silence” oder das vorsichtig voran schreitende “The Deep”. Und natürlich liegen auch einige Songs genau in der Mitte, wie “Rock And Scissors” oder “Dear Doubt”. Produktionstechnisch ist das Ganze sicherlich gut anzuhören, trotzdem hätte man hier noch einiges mehr heraus holen können. In jedem Fall aber wieder gute Kompositionen, die Michael Schulte hier bietet. Wir stellten ihm einige Fragen zum Album:
“Ich habe mittlerweile das Gefühl zu wissen, was genau ich machen möchte.”
MUM: Glückwunsch zu einem gelungenen zweiten Album – oder als wievieltes Album zählst du “The Arising”?
MS: Ja, ich sehe es als mein zweites richtiges Album. Es gab zwar schon vorher ein paar kleinere Musikveröffentlichungen, aber mit “The Arising” ist nach “Wide Awake” jetzt die Fortsetzung des Erstlingswerks erschienen, und ich bin sehr stolz!
MUM: Was sind für dich die größten Unterschiede im Vergleich mit “Wide Awake”?
MS: Es hat sich viel getan in den letzten zwei Jahren. Ich habe mehr als 100 Konzerte gespielt, mich intensiv mit verschiedenen Musikstilen beschäftigt, habe mir viele neue, interessante Künstler angehört und mich selbst als Person einfach unheimlich entwickelt. Ich habe mittlerweile das Gefühl zu wissen, was genau ich machen möchte, welchen Musikstil, wie genau das klingen soll und wie ich mich selbst präsentieren möchte. Das kann man jetzt auf dem neuen Album hören.
MUM: Du hast Anfang 2012 in der ersten Staffel von “The Voice of Germany” Platz 3 errungen. War das der benötigte Katalysator für deine Karriere, und bist du insgesamt mit dem danach Erreichten zufrieden, oder hattest du dir etwas mehr erhofft?
MS: Insgesamt war es eine sehr positive Erfahrung, und ich als recht unsicherer Typ habe das damals scheinbar gebraucht, um mich aus meinem geliebten YouTube rauszuwagen. Die Aufmerksamkeit und die auf mir lag und auch der Druck waren natürlich von 0 auf 100 gigantisch, und genau das war für mich ganz großartig, weil ich innerhalb kürzester Zeit enorm weiterentwickeln kann. Nach so einer Show muss man jedoch auch verstehen, dass man eigentlich noch nichts erreicht hat und alles andere als erfolgreich ist. Nur weil man ein paar Songs anderer Künstler im TV singt, ist man danach kein großer Musikstar. Wichtig ist es, sich danach den Respekt zu verdienen und zu erspielen, mit eigener Musik, auf eigenen Konzerten und Touren, die Leute überzeugen, dass man tatsächlich ein wirklich guter Musiker ist. Ich sehe mich als ein ganz normaler Newcomer, der ganz am Anfang steht und arbeite intensiv daran, eben genau dem oben geschriebenen nachzugehen.
MUM: Du bist hinterher mit dem Viertplatzierten Max Giesinger auf Tour gegangen. Wie war es mit Max, und habt ihr noch viel Kontakt?
MS: Wir wohnen gemeinsam in Mannheim in einer WG. Ich denke das könnte man unter ‘viel Kontakt’ verzeichnen. Die Tour damals war etwas ganz besonderes, dadurch, dass es die erste eigene Tour für uns beide war.
MUM: Du hast auf YouTube sehr viel Erfolg mit deinen Coverversionen bekannter Stücke. Wie ist deine Einschätzung, kann YouTube heute schon alleine ausreichen, um jemanden zum Star zu machen?
MS: Nein, ich denke nicht. Zumindest nicht als Musiker. Es reicht es um eine gewisse Bekanntheit zu erlangen, aber letztlich braucht es dann ab einem gewissen Zeitpunkt auch ein wenig Glück und die richtigen Kontakte. Mittlerweile ist YouTube und generell das Internet auch einfach komplett überflutet mit neuer Musik. Professionelle Musik, sowie Amateure und überhaupt jeder, der ein klein wenig was kann, oder manchmal sogar nicht mal das, veröffentlichen dort Ihre neuen Werke und Videos, sodass es unheimlich schwer ist, herauszustechen.
MUM: Bist du jetzt mit dem zweiten Album eigener Songs dort angekommen, wo du dich auf Eigenkompositionen konzentrierst, oder wird man auch weiter neue Coverversionen von dir zu sehen und hören bekommen?
MS: Es wird sicherlicher hier und da mal ein paar Versionen anderer Songs geben, aber ich konzentriere mich natürlich auf meine eigene Musik.
MUM: In “The Voice of Germany” war Rea Garvey dein Mentor, den du ja bereits vorher kanntest. Wie viel Kontakt habt ihr heute noch?
MS: Der Kontakt ist ein wenig eingeschlafen, da wir beide unheimlich viel unterwegs sind und sehr eingespannt sind in der Arbeit mit unserer Musik. Kommt es jedoch zum Treffen, ist die Freude natürlich groß!
MUM: Zum ersten Album wurdest du stimmlich ja gerne mal mit Matthew Bellamy von Muse verglichen – ein Vergleich, den ich persönlich nicht unterschreiben würde. Wem fühlst du dich stilistisch am nächsten, wer ist ein Vorbild für dich?
MS: Ob ich ihm stilistisch am nächsten komme, kann ich nicht genau beurteilen, Ben Howard ist für mich jedoch ein riesiges Vorbild.
MUM: Wie zufrieden bist du mit den ersten Reaktionen auf “The Arising”?
MS: Sehr zufrieden. Ich habe ja zwei Jahre viel Zeit und Kraft investiert, und so ist die Aufregung vor so einem Release dann doch auch zu spüren. Zudem natürlich auch die Frage, ob es den Leute da draußen überhaupt gefallen wird. Ich habe ganz viele wunderbar postive Nachrichten, Kommentare und Rezensionen erhalten, und das stärkt natürlich ungemein.
MUM: Ich persönlich finde das Album kompositorisch sehr gut und abwechslungsreich, bin aber der Meinung, dass man produktionstechnisch noch etwas mehr hätte heraus holen können. Kannst du diese Einschätzung nachvollziehen?
MS: Das kommt natürlich immer drauf an, wie man Musik am liebsten hört. Wie soll der Sound sein, warm und mollig, oder spitz und etwas kühler, sind Ecken und Kanten erwünscht, oder soll es lieber gut durchrutschen, wie laut mag man die Stimme hören, wie ausarrangiert, oder eben wie simpel soll es sein. Produktionstechnisch haben wir es exakt so umgesetzt, wie wir es haben wollten, und somit bin ich vollendst zufrieden, weil es eben genau so klingt wie ich es gerne mag. Dass das nicht jedem so geht ist aber natürlich klar.
MUM: Welches sind deine drei Lieblingsalben aller Zeiten?
MS: Das sind tatsächlich ziemlich neue Alben. “Every Kingdom” von Ben Howard, “Bon Iver” von Bon Iver und “If You Wait” von London Grammar. Zudem liebe ich “Overgrown” von James Blake, und das neue Ben Howard Album “I Forget Where We Were” könnte wahrscheinlich easily in die Top 3 vorrücken. Das höre ich nämlich aktuell und es ist ganz großartig.
MUM: Wenn du dir drei Bands oder Künstler aussuchen könntest, um mit ihnen auf Tour zu gehen, wer wäre dies?
MS: Erklärt sich dann wohl mehr oder weniger von selbst. Ben Howard, Bon Iver, London Grammar.
MUM: Wie geht es für dich weiter in den nächsten Monaten?
MS: Ich freue mich erstmal sehr auf die Tour, die ja am 14. November startet. 13 Städte, das wird großartig. Meine Band ist dabei und wir spielen das komplette neue Album, sowie ein paar der älteren Songs. Danach wird es dann logischerweise so langsam wieder mit den Planungen für das dritte Album losgehen.
MUM: Welche Frage wolltest du schon immer mal gestellt bekommen, und wie wäre die Antwort?
MS: “Ich könnte dich mit Ben Howard connecten. Haste Lust?” – “Ja!”
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MUM: Mucke und mehr
MS: Michael Schulte
Mehr Informationen zu Michael Schulte findet man auf www.facebook.com/schultemusic.