Home MusikCD-Rezensionen The War On Drugs begeistern mit weiteren tollen Rocksongs zwischen Tradition und Moderne

The War On Drugs begeistern mit weiteren tollen Rocksongs zwischen Tradition und Moderne

Autor: Tobi

The War On Drugs "I Don't Live Here Anymore "

The War On Drugs

“I Don’t Live Here Anymore”

(CD, Atlantic Records, 2021)

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Nachdem die amerikanischen Rocker von The War On Drugs in ihren Anfangsjahren nicht über den Status als Geheimtipp hinaus kamen, wurde ihr 2014er-Album “Lost In The Dream” deutlich bekannter. Mit dem drei Jahre danach veröffentlichten Longplayer “A Deeper Understanding” schafften sie dann den weltweiten Durchbruch, errichten die Top Ten in den USA, Platz 3 in Großbritannien, Rang 12 bei uns und nahmen den Grammy für das beste Rockalbum mit nach Hause.

The War On Drugs (© Shawn Brackbill)

(© Shawn Brackbill)

Mit “I Don’t Live Here Anymore” legt die Formation aus Philadelphia nun ihr fünftes Studioalbum vor, und die zehn neuen Songs auf 52 Minuten untermauern ihren Status als Perlen der Musiklandschaft. Die Art und Weise, wie The War On Drugs traditionellen Rock mit kleinen, feinen Sound-Spielerien modern produziert und doch nicht erzwungen hip klingend darbieten, wie sie ihren Fokus auf Kompositionen, Melodien und Atmosphäre setzen und wie sie einen mit ihren Stücken gefangen nehmen, ist nichts anderes als außergewöhnlich, und zwar außergewöhnlich großartig.

“Ich erinnerte mich einfach an all die Dinge, die ich am Musikmachen liebe: mit meinen Freunden zusammenzuarbeiten und jeden dabei auf seine Art und Weise zum Strahlen zu bringen,” erklärt Gitarrist, Sänger und Bandkopf Adam Granduciel über die Entstehung der Scheibe, die er vor allem mit Bassist Dave Hartley und Multi-Instrumentalist Anthony LaMarca als Kern der Band anging. Was die Jungs zusammen mit Co-Produzent und Toningenieur Shawn Everett hier nun wieder erschaffen haben, das strahlt auf eine ganz wunderbare, nämlich sehr bodenständige Art und Weise. Während andere Musiker auf schicke Frisuren, Skandälchen und Gehabe setzen, um in den Medien präsent zu bleibem, kommen Granduciel und Co. ohne jegliche Attitüde daher und hauen einen einfach musikalisch um.

Als erster Vorbote deutete das sphärisch getragene “Living Proof” im Juli bereits Großes an, und die einfach nur wundervolle Nummer fungiert nun auch als Opener. Auch wenn Granduciel als Tüftler gilt, der die Songs gerne im Studio mit Overdubs zum perfekten Klang bringt, wurde diese Nummer im Mai 2019 im Electro-Vox-Studio live eingespielt, wobei die Band durch Keyboarder Robbie Bennett, Schlagzeuger Charlie Hall und Saxofonist Jon Natchez ergänzt wurde, die zum erweiterten Line-Up gehören.

Ein weiterer Song, der einem direkt ans Herz wächst und dessen Hören einem das Glücksgefühl einer warmen Wanne zu verleihen weiß, ist “I Don’t Wanna Wait”. Die umwerfende Nummer startet ruhig mit leicht verzerrtem Gesang, dann geht es über knarzige Gitarrentöne hin zu einem poppig beeinflussten Flair, um melodisch einzuhüllen und dann doch gut abzurocken, wobei dem Stück plötzlich noch eine ganz andere Note verpasst wird – da entsteht schon auch mal Gänsehaut bei solcher Perfektion.

Auch der ebenfalls bereits vorab veröffentlichte Titeltrack braucht nicht lange, um sich im Ohr festzusetzen. Die etwas treibender angelegte Nummer kommt mit Backing Vocals der New Yorker Indiepop-Band Lucius daher, und zusammen singen sie: “We’re all just walkin’ through this darkness on our own.” Das klingt passend zur heutigen Zeit, und doch behandelt die Scheibe nicht die Pandemie, auch wenn das Weitermachen und Durchhalten im Angesicht der Verzweiflung ein Kernthema ist.

“Sometimes forwards is the only way back” singen sie im flotter angerichteten, positiv ausgerichteten “Harmonia’s Dream”, und auch “Change” kommt mit “I don’t wanna change, I’ll rise above it” selbstbewusst und optimistisch daher. Gleichzeitig ist das Stück auch ein Beleg dafür, dass The War On Drugs einem ihrer musikalischen Stilmittel treu bleiben und hin und wieder Stücke noch eine ganze Weile lang instrumental weiter zelebrieren, auch wenn textlich schon alles gesagt ist – hier auch zu erleben beim abschließenden, im Midtempo liegenden “Occasional Rain”.

Mit dem energetisch pulsierenden, etwas elektronischer klingenden “Victim” und der gradlinigen Uptempo-Nummer “Wasted” findet man druckvollere Stücke, mit der schönen Folk-Ballade “Rings Around My Fathers Eyes” aber auch einen weiteren ruhigen Kontrast. Nicht zu vergessen sei das tolle, sanft beginnende und dann im Midtempo gipfelnde “Old Skin”, in dem Granduciel singt: “Well there’s a price for everything that tries to kill you from the start, so take control of anything that tries to pull us all apart. But I ain’t sure of nothin’ babe, till I can feel it in my heart, so I keep moving on.”

“Ich kreise immer wieder um dieses Thema”, erklärt er, “das Vorwärtsdrängen, den Versuch die Version unseres Lebens zu leben, die wir für richtig halten – und das trotz der Widerstände, die uns auf Schritt und Tritt verfolgen und versuchen uns runterzuziehen und kaputt zu machen.”

Keine Band schafft es heutzutage besser, in Tradition von Bob Dylan, Bruce Springsteen oder Neil Young zwischen Rock und Folk zu musizieren, hierbei keineswegs abzukupfern und das Ganze modern und doch auch mit jeder Menge Charme alter Tage erklingen zu lassen, wobei die Liebe zur Musik konstant heraus zu hören ist.

Hier sind The War On Drugs 2022 live zu sehen – Tickets gibt es z.B. hier bei Eventim (Partnerlink).

02. April 2022 Berlin, Verti Music Hall
04. April 2022 CH-Zürich, Halle 622
07. April 2022 München, Zenith
20. April 2022 Köln, Palladium
21. April 2022 Wiesbaden, Schlachthof
01. Juli 2022 Hamburg, Stadtpark Open Air

www.thewarondrugs.net
facebook.com/thewarondrugs

Bewertung: 9 von 10 Punkten

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