Home Film “House of Gucci” – das atmosphärische Drama schildert plastisch das Schicksal des Firmenerben Maurizio Gucci

“House of Gucci” – das atmosphärische Drama schildert plastisch das Schicksal des Firmenerben Maurizio Gucci

Autor: Mick

"House of Gucci" Filmplakat (© 2021 Metro-Goldwyn-Mayer Pictures Inc. All Rights Reserved.)

House of Gucci

Darsteller: Adam Driver, Lady Gaga, Al Pacino, Jeremy Irons
Regie: Ridley Scott
Dauer: 158 Minuten
FSK: freigegeben ab 12 Jahren
Website: www.upig.de/micro/house-of-gucci
Facebook: facebook.com/HouseofGucciDE


Nahezu schwerelos inszeniert Kultregisseur Ridley Scott („Alien“, „Gladiator“) die Eingangssequenz seines neuen „House of Gucci“. Fast schwebend schwingt sich Maurizio Gucci (Adam Driver) an diesem wundervollen Mailänder Frühlingsmorgen vom Fahrrad, um mit leichtfüßigen Schritten die Stufen vor seinem Bürogebäude zu erklimmen – und Cut! Mit ein bisschen Vorwissen kann man erahnen, dass es seine letzten sein sollen, denn das Attentat, dem der millionenschwere Firmenerbe des weltbekannten Modekonzerns im März 1995 zum Opfer fiel, erregte damals enormes Aufsehen. Danach dauerte es dann ganze drei Jahre, bis dessen nebulöse Umstände halbwegs aufgeklärt waren, und seine Ex-Frau Patrizia Reggiani wegen Auftragsmords zu einer langen Freiheitsstrafe verurteilt wurde.

Ein Stoff wie für einen Mafiafilm, dachte sich wohl auch Scott und ließ sich dazu inspirieren, Sara Gay Fordens Roman „The House of Gucci: A Sensational Story of Murder, Madness, Glamour, and Greed“ auf die große Leinwand zu bringen. Doch ganz anders als in seinen früheren Werken – auch sein erst kürzlich gestartetes Ritterdrama „The Last Duel“ zeichnet sich vornehmlich durch handfeste Kampfaction aus – schlägt er hier viel leisere Töne an, überrascht uns sogar mit seinem feinen Auge für den stylischen Look der 70er, 80er und anfänglichen 90er Jahre, durch die sich sein Porträt der Modefamilie zieht. Genau genommen konzentriert er sich ganz auf Maurizio Gucci, Enkel des Firmengründers und typischer „Sohn von…“, den Adam Driver vom Start weg wunderbar versnobt als absoluten Lebemann gibt.

Der macht in der einschlägigen Florentiner Szene der frühen 70er die Bekanntschaft der attraktiven Patrizia (Lady Gaga) und verfällt fast augenblicklich ihrem einnehmenden Charme. Als die beiden zwei Jahre später heiraten und in ihr mondänes Penthouse zu Maurizios Onkel Aldo (Al Pacino) nach New York ziehen, scheint das Glück perfekt. Und doch gelingt es Scott bei allem anfänglichen Liebesglück das drohende Unheil durchscheinen zu lassen, zu ambitioniert und berechnend wirkt bisweilen das Auftreten Patrizias, die mit der Hochzeit endgültig den schon immer angestrebten Schritt aus ihren ärmlichen Verhältnissen vollzogen hat. Das sieht nicht nur Maurizios Vater skeptisch, denn bei allem Reichtum tobt längst das innerfamiliäre Tauziehen um die Kontrolle des längst globalen Familienimperiums, bei dem ein weiterer intriganter Teilnehmer nicht unbedingt willkommen ist.

"House of Gucci" Szenenbild (© 2021 Metro-Goldwyn-Mayer Pictures Inc. All Rights Reserved.)

(© 2021 Metro-Goldwyn-Mayer Pictures Inc. All Rights Reserved.)

Dabei gibt uns Scott erhellende, detaillierte Einblicke in die Hintergründe der Firmengeschichte, die er uns als Familiensaga mit verschiedenen Spielern um die Macht ganz im Stile von nostalgischen TV-Serien wie „Dallas“ oder „Denver Clan“ präsentiert. Dass sich damit die Gucci-Erben gar nicht anfreunden können, öffentlich Kritik an der Ausbreitung des Gucci-Privatlebens durch den Film äußern und sogar mit rechtlichen Schritten drohen, kann dabei wohl vor allem als Qualitätsmerkmal gewertet werden, scheint doch die Sicht auf die Dinge von der Wahrheit nicht allzu weit entfernt zu sein. Scott jedenfalls baut um das schleichende Zerwürfnis in der Ehe von Maurizio und Patrizia, bei dem diese immer mehr ihre Felle davon schwimmen sieht, geschickt die Intrigen aller Familienmitglieder herum und macht sein Drama so zu einem kurzweiligen Vergnügen.

Außer der bald von Maurizio ausgebooteten Patrizia tun sich hier vor allem Aldo, den Al Pacino wundervoll in seiner Paraderolle des Patriarchen spielt, und dessen einfältiger Sohn Paolo (kaum wiederzuerkennen und pikanterweise Gesicht einer früheren Gucci-Kampagne: Jared Leto) hervor, die aber dem taktischen Geschick des anfangs noch etwas unbeholfen nerdig wirkenden Maurizio inzwischen kaum etwas entgegenzusetzen haben. So steuert der Streifen auf das unvermeidliche Ende zu, lässt Patrizias Freundin Pina (Salma Hayek – auch sie als Frau des CEO des jetzigen Gucci-Besitzers Kering interessanterweise mit Gucci-Geschichte) ihre Unterweltkontakte spielen und schließt so den Kreis zu seiner stimmungsvollen Anfangsszene.

In seinem neuen Werk rückt Ridley Scott mit stimmiger Ausstattung und Retro-Look die Geschichte des italienischen Modekonzerns unterhaltsam ins Bild, entwickelt die Charaktere geschickt zu Gegenspielern und kann sich dabei voll und ganz auf seine starken Schauspieler verlassen. Warum er die im Original mit äußerst gewöhnungsbedürftigem italienischen Akzent sprechen lässt, der mehr (Driver, Leto) oder weniger (Gaga, Pacino) ungelenk wirkt, bleibt sein Geheimnis. Sein ansonsten harmonisch transportiertes Bild des „Dolce Vita“ zumindest unterstützt er damit nicht. Trotzdem macht „House of Gucci“ vor allem mit seinen plastischen, auch noch realen Figuren in italienischer Atmosphäre neben einigen Lerneffekten eine Menge Spaß.

Trailer:

Bewertung: 7 von 10 Punkten

 

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