Wunderschön
Darsteller: Karoline Herfurth, Nora Tschirner, Martina Gedeck, Emilia Schüle
Regie: Karoline Herfurth
Dauer: 131 Minuten
FSK: freigegeben ab 6 Jahren
Website: www.warnerbros.de/de-de/filme/wunderschon
Facebook: facebook.com/WarnerBrosDE
Mit ihrer dritten Regiearbeit “Wunderschön” widmet sich Karoline Herfurt, die auch eine der Hauptrollen spielt und zusammen mit Lena Stahl (“Mein Sohn”) und Monika Fäßler (“Sweethearts”) das Drehbuch schrieb, unterschiedlichen Menschen und ihren Alltagsproblemen – und das auf sehr einfühlsame Art und Weise.
Um Schönheit geht es, aber nicht nur um Äußere, sondern vor allem um die, die vom Herzen kommt, im Inneren wohnt und selten direkt erkannt wird, schon gar nicht in unserer schnelllebigen, oberflächlichen Gesellschaft, in der uns die Idealbilder von schlanken und hierbei total gut gelaunten Models in TV-Shows und Werbung vorgegeben werden und viele mit digital optimierten Fotos von sich in den sozialen Netzwerken um Follower und Bewunderung buhlen.
Eines dieser Models ist Julie (Emilia Schüle), die diszipliniert an ihrer Karriere arbeitet und auch gerade in einer vor Lebensfreude nur so sprühenden Kampagne zu sehen ist – während ihr selbige insgeheim fast schon abhanden gekommen ist. Der Druck der Branche ist riesig, jedes Gramm Fett wird direkt angeprangert, miese Laune ist verboten – da hilft es auch nicht, dass sie das für ihre neueste Insta-Story gerade genüsslich in den Mund genommene Croissant nach Weglegen des Smartphones direkt wieder ausspuckt oder sie dann eben doch zu den Aufputschmedikamenten greift, die andere ihr empfohlen haben. Das macht es nur noch schlimmer, ihre Psyche und Gesundheit leiden, und das bekommt auch das eher widerwillig kennengelernte, siebenjährige Nachbarsmädchen Toni (Luna Arwen Krüger) mit.
Mit solchen Problemen schlägt sich Julies Mutter Frauke (Martina Gedeck) zwar nicht herum, im Herbst ihrer 50er fühlt sie sich allerdings schon längst nicht mehr begehrt von ihrem Mann Wolfi (Joachim Król), der in seiner Pensionierung inhaltslos wirkt und ihre seltenen Annäherungsversuche ungelenk abschmettert. Darunter leidet Frauke und das kratzt, nicht nur an der Ehe-Stimmung, sondern auch mächtig an ihrem Selbstbewusstsein.
Mit diesem hadert auch Sonja (Karoline Herfurth), die Frau von Fraukes Sohn Milan (Friedrich Mücke), die als zweifache Mutter kleiner Kinder nicht nur gerne ihren Vorschwangerschafts-Körper und -Schlaf zurück hätte, sondern auch die einstige Zuneigung ihres Mannes, der nun eher in Arbeit aufgeht, die natürlich der Mann erledigen sollte, während das Weib zu Hause bleibt und sich um den Nachwuchs kümmert.
Ihr beste Freundin Vicky (Nora Tschirner) ist also vermeintlich gerade besser dran ohne Kinder und feste Beziehung, zudem voll überzeugt, das ganze Männer-Frau-Schema durchblickt und voll im Griff zu haben. “Bloß nicht verlieben” heißt die Devise, aber das kann ihr ja auch nicht passieren, denn sie ist absolut kein Beziehungstyp – oder ändert sich das vielleicht, als sie den netten, neuen Lehrerkollegen Franz (Maximilian Brückner) kennenlernt?
Schülerin Leyla (Dilara Aylin Ziem) wäre hingegen gerne verliebt, begehrt und vor allem schlank, bislang haben die Abnehm-Tipps und “Healthy Food”-Hilfen ihrer schlanken, modebewussten Mutter Gabo (Melika Foroutan) allerdings nicht so recht gefruchtet. Heimlich beginnt sie, ihrer Leidenschaft nachzugehen und Baseball im Verein zu spielen.
In “Wunderschön” lernen wir all diese Charaktere nach und nach ungeschönt realistisch und doch behutsam kennen, und nach einer Weile erst werden die Verbindungen aufgedeckt, die dafür sorgen, dass dann auch mal viele der Genannten an einem Tisch sitzen, wo es aber genauso wenig friedlich zugeht wie im Innenleben der ProtagonistInnen.
Nach “SMS für dich” und “Sweethearts” (lies unsere Filmkritik hier) untermauert Karoline Herfurth erneut, dass sie auch als Regisseurin zu überzeugen weiß – und die Drehbuchbeteiligung tat sicher zudem ihr Übriges. Sehr einfühlsam nähert sie sich den Figuren und ihren Problemen, bietet hierbei genau die richtige Menge an gutem Humor auf und adressiert diverse Probleme der heutigen Gesellschaft, mal direkter, mal augenzwinkernd, nie aber zu penetrant.
So bleibt die mit viel Warmherzigkeit aufwartende Handlung zwischen dramatischen Aspekten und komödiantischen Momenten stets interessant und das starke Ensemble entwickelt eine tolle Chemie zueinander, was insgesamt für sehr gute Unterhaltung mit Tiefgang sorgt – denn “wunderschön” ist weit mehr als ein adjektiv zur Beschreibung von Äußerlichkeiten, wunderschön sollten wir uns alle fühlen dürfen, wenn wir uns vom Druck befreien können.
Trailer:
Bewertung: 8 von 10 Punkten