King Richard
Darsteller: Will Smith, Aunjanue Ellis, Saniyya Sidney, Demi Singleton
Regie: Reinaldo Marcus Green
Dauer: 144 Minuten
FSK: freigegeben ab 12 Jahren
Website: www.kingrichard-film.de
Facebook: facebook.com/Telepool
Biopics über Sport-Größen haben wir schon einige gesehen. “King Richard” ist auch eines, allerdings steht hier nicht der Star selbst im Fokus, sondern ein Vater, der seine Töchter mit Beharrlichkeit, aber auch viel Liebe zu erfolgreichen und weltweit angesehenen Sportlerinnen formte. Die Rede ist von Richard Williams, der Venus und Serena mit Hingabe an die Spitze des Tennissports führte, und basierend auf seiner Autobiografie “Black and White” schuf Zach Baylin ein Drehbuch, das nun von Regisseur Reinaldo Marcus Green inszeniert wurde.
Nachdem Richard (Will Smith) und Oracene “Brandy” Williams (Aunjanue Ellis) mit ihren fünf Töchtern ins kalifornische Compton gezogen sind, haben sie es dort nicht leicht, können sich dank ihrer Jobs als Wachmann und Krankenschwester aber einigermaßen über Wasser halten. Dem typischen Bild, dass die Weißen Erfolg und somit das Geld haben, während die Schwarzen herum hängen und mit Drogendeals und Gewalt Probleme bereiten, will der Familienvater nicht nur entfliehen, er will in die Welt der Weißen eindringen, und das friedlich. Den primär auf Grund der damals noch vorherrschenden Trikotfarbe so genannten “weißen Sport” hat er sich hierfür auserwählt, das Tennis, und schon vor der Geburt seiner beiden leiblichen Töchter Venus und Serena – die anderen Kinder hat Oracene bereits mit in die Ehe gebracht – einen akribischen, vielseitigen Plan niedergeschrieben, wie er sie zu Stars machen möchte.
Nachdem er sie früh schon mit dem Sport in Berührung brachte, ist bei Venus (Saniyya Sidney) und Serena (Demi Singleton) dank seines Trainings Anfang der 90er-Jahre tatsächlich viel Talent zu beobachten. Dafür, dass er die Mädels mit Unterstützung von Brandy über den lokalen, eher dürftigen Tennisplatz scheucht und von ersten Annäherungen älterer Gang-Mitglieder fern hält, bekommt Richard von einigen Schwarzen mal verbale, mal wirkliche Prügel. Diese aber steckt er ein, beweist Nehmerqualitäten und bleibt seinem Plan treu, der als nächsten Schritt professionelles Training auf gepflegten Plätzen vorsieht.
Als Richard mit seinen Töchtern beim bekannten Trainer Paul Cohen (Tony Goldwyn) aufschlägt und mitten in seine Session mit John McEnroe und Pete Sampras platzt, ist der Coach wenig begeistert, stimmt aber – eigentlich nur, um Richard wieder loszuwerden – zu, sich die Mädels ein paar Minuten anzuschauen. Cohen ist durchaus beeindruckt, da Williams allerdings eröffnet, dass er kein Geld für Stunden bezahlen könne, er ihn dafür aber am späteren Gewinn beteiligen würde, wäre es ein zu großes Risiko, beide Mädchen unter seine Fittiche zu nehmen. Er entscheidet sich für die ein Jahr ältere Venus, und von hier nimmt eine unbeschreibliche Karriere ihren Lauf, in deren Fahrwasser auch Schwester Serena dank Talent und Fleiß mit nach oben schwimmt. Hierbei überlässt Richard allerdings seine Töchter keinesfalls komplett dem Trainer, sondern mischt sich in die Coachings ein, gestaltet Verhandlungen mit Sponsoren sehr speziell und weiß seine eigenen Ideen umzusetzen.
“King Richard” ist ein toller Film, der trotz einer Spieldauer von fast zweieinhalb Stunden nie langweilig wird. Über mehr als die Hälfte des Streifens stehen Venus und Serena wenig im Fokus und es geht vor allem um Richard, seine Visionen, und wie er sich diesen mit Zielstrebigkeit und Hingabe immer mehr nähert. Es ist die immer wieder gerne erzählte Geschichte des großen amerikanischen Traums, dass man alles erreichen kann – gewürzt mit einem Blick auf Klischees und Probleme zwischen den priviligierten Weißen und den abgestempelten Schwarzen.
“Kind Richard” ist aber auch eine Familiengeschichte, und zwischen Richard und Oracene gibt es Differenzen, die aber von einer tiefen Liebe besiegt werden – bestens verdeutlicht in einem tollen, aufwühlenden und berührenden Dialog der beiden Mitte des Films. Die große Liebe ist es auch, mit der Richard seine Töchter durch das Leben führt, und auch seine Stieftöchter bleiben hierbei nicht außen vor. Hinzu kommt neben einiger Ernsthaftigkeit auch eine Portion Humor, so dass die Figur des Vaters hier trotz seiner Besessenheit vom eigenen Plan sympathisch gezeichnet wird.
Will Smith spielt Richard toll und vermittelt all die verschiedenen Gefühlswelten sehr glaubwürdig, was ihm ja bereits den Golden Globe® als “Bester Hauptdarsteller – Drama” einbrachte. Wenn am 27. März in Hollywood die Academy Awards verliehen werden, ist er mit im Rennen um den Oscar® als “Bester Hauptdarsteller”. Dies ist nur eine von sechs Nominierungen für den Streifen, der auch als “Bester Film” ausgezeichnet werden könnte, ebenso wie die stark auftrumpfende Aunjanue Ellis als “Beste Nebendarstellerin”, Zach Baylin für “Bestes Originaldrehbuch”, Beyoncé für ihren Hit “Be Alive” als “Bester Filmsong” und Pamela Martin für “Bester Filmschnitt”. Schauspielerisch soll auch Jon Bernthal nicht vergessen werden, der als Tennistrainer Rick Macci zu unterhalten weiß.
“Das ist definitiv nicht einfach nur ein Tennis-Film”, erklärt Will Smith und betont: “Es gibt nur ein Publikum: Die Familie.” Wie bedeutend der Aspekt der Familie für das Erzählen der Geschichte, aber auch für seine ganz persönliche Herangehensweise an die Figur war, erläutert der 53-Jährige: “Es war die Verbindung zu meiner eigenen Tochter. Irgendwie hat Richard einen Weg gefunden, dass er die Mädchen versteht. Sie nicht zu überreden, nicht zu überfahren oder zu drängen. Im Kern geht es darum, dass unser Wille in der Lage ist, alle Hindernisse aus dem Weg zu räumen.”
Das trifft es recht gut, denn auch wenn Richard Williams mit seiner Art für viele auch sehr anstrengend wirkt, so hat er doch seine Ziele auf einem nicht nur absolut akzeptablen, sondern sehr beeindruckenden Weg erreicht – immer mit dem Wohl der Familie im Hinterkopf, nie mit zu viel Druck auf die Mädchen, und stets auch mit einem Auge darauf, dass diese selbst im Erfolg am Boden bleiben – was sie bis heute auszeichnet. Im letzten Drittel des Films wird dann vermehrt auch Tennis gespielt und wir werden an einige der frühen Spiele aus Venus’ Karriere erinnert – und haben Respekt davor, wie auch die zunächst etwas im Schatten stehende Serena sich entwickelt. Ein sehr interessantes und sehr unterhaltsames Biopic.
Trailer:
Bewertung: 9 von 10 Punkten