Home Film “Warten auf Bojangles” – Leichtigkeit und Überschwänglichkeit münden in ein Drama

“Warten auf Bojangles” – Leichtigkeit und Überschwänglichkeit münden in ein Drama

Autor: Tobi

"Warten auf Bojangles" Filmplakat (© Studiocanal GmbH)

Warten auf Bojangles

Darsteller: Virginie Efira, Romain Duris, Grégory Gadebois, Solàn Machado-Graner
Regie: Régis Roinsard
Dauer: 124 Minuten
FSK: freigegeben ab 12 Jahren
Website: www.arthaus.de/kino/warten_auf_bojangles
Facebook: facebook.com/ARTHAUS


Nachdem dem Olivier Bourdeaut mit seinem mehrfach ausgezeichneten 2016er-Debütroman “Warten auf Bojangles” ein wahrer Überraschungshit in Frankreich gelungen war, beschert uns Régis Roinsard nun eine Verfilmung. Der Regisseur lässt hiermit vermuten, dass er sich vielseitig aufstellen möchte, ist sein dritter langer Streifen nach der Komödie “Mademoiselle Populaire” (2012) und dem Thriller “Les Traducteurs” (2019) doch im Kern ein Drama, auch wenn er sehr gut gelaunt und überschwänglich startet.

Als Georges (Romain Duris) im Frankreich der späten 50er-Jahre die überdrehte, aber vor Lebensfreude nur so sprühende und äußerst attraktive Camille (Virginie Efira) auf einer Feier erblickt, ist es um ihn geschehen – auch wenn der ihm irgendwo zwischen Freund und Bekanntem verbundene, “Mistkerl” genannte Charles (Grégory Gadebois) warnt, dass eine Liebelei nicht gut ausgehen könne. Egal, nachdem Georges sich offensichtlich als Charmeur mit Lügen durch die Reihen der Gutbetuchten schlawinert und gerade aufzufliegen droht, stürzt er sich in das Abenteuer.

Die beiden werden schließlich ein Paar, und hierbei scheinen sie bestens zueinander zu passen, bauen sie ihren Alltag doch rund um Fantasien auf, die sie aber sehr real, leidenschaftlich und mit jeder Menge Wohlfühlcharakter versehen ausleben, und das abseit jeglicher Konventionen. Tagsüber genießen sie die Sonne Frankreichs und das Zusammensein, abends feiern sie auch gerne mal rauschende Feste, tanzen und nehmen ihre Freunde mit in ihre fantasiegetriebenen Erzählungen.

Selbst als sie mit Sohn Gary ein Kind bekommen, ändert sich nichts an ihrem Leben, und so ist er (im Kindesalter: Solan Machado-Graner) wie selbstverständlich Teil dieser ganz besonderen Welt. Doch in der so bunten Fassade gibt es nach und nach deutliche Risse. Im Gegensatz zu Georges, der sich sehr bewusst auf all die Spinnereien einlässt, verfällt Camille mehr und mehr dem Wahnsinn und hat ihr Handeln nicht mehr im Griff. Eine harte Zerreißprobe für die Familie und auch für die Liebe, wobei Georges alle Register zieht, um Camille so wenig wie möglich zu verletzen und so weit wie möglich zu retten.

"Warten auf Bojangles" Szenenbild (© Studiocanal GmbH)

Fiesta in Spanien – Camille (Virginie Efira) und Georges (Romain Duris)
(© Studiocanal GmbH)

Régis Roinsard legt einen Film vor, der einen lange in puncto guter Laune mitreißt, dann aber auch zutiefst berührt. Im von ihm zusammen mit Romain Compingt geschriebenen Drehbuch gibt es hierbei eine wichtige Änderung im Vergleich zum Roman. Virginie Efira erklärt: “Wir erleben die Geschichte nicht mehr – wie im Buch – durch die Augen eines Kindes, also einer idealisierten Vision der Dinge, sondern sehen das Innenleben eines Liebespaars, einer Familie.”

Vor allem die erste Hälfte des Streifens wird ausgeschmückt mit tollen Tanz-Szenen, die hier im Rahmen eines sowieso abseits der Normalität liegenden Auftretens dann auch gar nicht mehr fremdartig wirken, und schon gar nicht störend, im Gegenteil. Das Ganze wirkt stimmig und macht Freude, auch wenn vom Start weg der Verdacht mitschwingt, dass der “Mistkerl” mit seiner anfänglichen Warnung nicht falsch gelegen haben könnte.

Der Vorlagenautor Olivier Bourdeaut benötigte zwei Sichtungen, um den Film richtig genießen zu können: “Da hatte ich mich längst vom Buch gelöst und sah, wie feurig der Film geworden ist, seine Schönheit und seine Wahrhaftigkeit. Ich war gerührt, und obwohl ich das Ende ja wirklich gut kenne, musste ich weinen. Es ist die gleiche Geschichte und es ist eine andere Geschichte.”

Der Film lässt sich sehr gut anschauen und bietet sehr viel Leichtigkeit, die dann in melancholische Momente übergeht und zum Nachdenken anregt, er ist aber vor allem eine Ode an die Liebe und in seiner zweiten Hälfte auch daran, für einen kranken Menschen alles nur Mögliche zu tun, um ihm das Dasein schön zu gestalten. Virginie Efira und Romain Duris spielen hierbei ganz wunderbar, die Chemie zwischen beiden schien zu stimmen.

Trailer:

Bewertung: 8 von 10 Punkten

 

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