Sweet Disaster
Darsteller: Friederike Kempter, Florian Lukas, Lena Urzendowsky, Lasse Myhr
Regie: Laura Lehmus
Dauer: 93 Minuten
FSK: freigegeben ohne Altersbeschränkung
Website: www.mfa-film.de/kino/id/sweet-disaster
Facebook: facebook.com/mfa.filmdistribution
Kindergärtnerin Frida (Friederike Kempter) ist 40 und alleinstehend. Felix (Florian Lukas) ist Pilot und gerade von seiner Freundin verlassen worden, als er am Flughafen zufällig auf Frida trifft. Eigentlich beste Voraussetzungen für eine wunderbare Liebesgeschichte der beiden Flirtenden im Hollywoodformat. Doch die hatte Regisseurin Laura Lehmus sicherlich nicht im Sinn, als sie Ruth Toma mit dem Verfassen des Drehbuchs zu ihrem deutlich autobiografisch geprägten Erstling „Sweet Disaster“ beauftragte. Mit Autobiografien kennt die („Der Junge muss an die frische Luft“, „3096 Tage“) sich nämlich bestens aus und war nicht nur damit erste Wahl für die gebürtige Finnin Lehmus, deren Leben nun mal nicht in hollywoodreifen Bahnen verlief.
Somit währt auch das Liebesglück der vom Schicksal zusammengeführten Frida und Felix nicht lange, auch wenn Lehmus ihre Protagonistin zunächst einmal buchstäblich auf Wolke sieben schweben lässt – nicht die einzige Szene, die den künstlerischen Hintergrund der ursprünglichen Designerin und Art Directorin unschwer erkennen lässt -, als die ihre Zeit mit Felix genießt und wenig später ihre Schwangerschaft ihr Hochgefühl perfekt macht. Doch wie schon eingangs erwähnt, hat das Duo Lehmus/Toma mit Frida anderes vor, ist Felix vom einen Tag auf den anderen zurück bei seiner Ex und die schwangere Frida plötzlich wieder allein und am Boden zerstört.
Unterstützung hat sie allenfalls von der 15-jährigen, technikbegeisterten Yolanda (Lena Urzendowsky) zu erwarten, die mit ihren High-Tech-Drohnen nicht nur die versehentlich Ausgesperrte wieder in die Wohnung lässt, sondern vor allem bei der anschließenden, von Eifersucht getriebenen Überwachung von Felix behilflich ist. Das alles aber sind Winkelzüge des Drehbuchs, die die Geschichte endgültig jeglichen Realismus berauben und in ihrer Umsetzung zwar nette Einfälle bieten, dabei aber gewaltig an Glaubwürdigkeit einbüßen. Zu gezwungen wirkt hier Fridas Beziehung zu ihrer vernachlässigten Nachbarin, die natürlich mit ihrem Technik-Spleen zur Außenseiterin wurde. Zu gehetzt wirken Fridas verzweifelte Versuche, Felix mit allen Mitteln zurückzugewinnen, als dass man sich wirklich auf das Schicksal der deprimierten Verlassenen einlassen will, die einem dadurch seltsam fremd bleibt.
Nur allzu gerne möchte man mit ihr mitleiden, die ihr privates Glück durch Nebenbuhlerin Anna (Mareile Blendl) zerstört sieht und eher zufällig Halt in einer altersweisen Senioren-Doppelkopfrunde findet, welche von da an zu allem ihren Senf dazugibt. Aber wie so häufig stimmt auch hier das Timing nicht, kann sich der Film nicht richtig zwischen Drama und Komödie entscheiden, deren Gags obendrein nicht so recht bei uns ankommen wollen. Wenn Frida Anna ihre Ultraschallaufnahmen schickt oder zuletzt sogar deren Haarspraydose manipuliert, dann sind die Parallelen zum großen Vorbild „Die fabelhafte Welt der Amélie“ deutlich zu erkennen, ein Vergleich mit dem meilenweit entfernten, charmanten französischen Klassiker allerdings verbietet sich fast von selbst.
Trotzdem hat Laura Lehmus’ Spielfilmdebüt irgendwas, sind die immer wieder in den Realfilm eingestreuten kunterbunten Animationen nebst Zeitlupen freche Abwechslungen in Fridas ansonsten tristem Beziehungsgezerre, die einem hin und wieder ein Lächeln aufs Gesicht zaubern. Ansonsten aber hält einen der Streifen überwiegend auf Distanz zu seinen Figuren, so sehr sich die guten Friederike Kempter, Florian Lukas und besonders die bestens aufgelegte Lena Urzendowsky auch um Authentizität bemühen. Da passt es gut ins Bild, dass Frida zu guter Letzt noch ihr vermeintliches Glück im Aufschneider Jack (Lasse Myhr) aus ihrer Kita findet, der so gar nicht zu ihr passen will. Und ob Lehmus’ „Sweet Disaster“ allein durch Fridas Bude zum von der Regisseurin selbst beschworenen Kiezfilm mit Kultfaktor wird, sei mal dahingestellt.
Trailer:
Bewertung: 4 von 10 Punkten