Nope
Darsteller: Daniel Kaluuya, Keke Palmer, Brandon Perea, Steven Yeun
Regie: Jordan Peele
Dauer: 130 Minuten
FSK: freigegeben ab 16 Jahren
Website: www.nope-film.de
Facebook: facebook.com/UniversalPicturesDE
Nachdem Jordan Peele für sein 2017er-Debüt als Regisseur und Drehbuchautor “Get Out” nicht nur jede Menge Lob, sondern auch den Drehbuch-Oscar® und weitere Nominieriungen einheimste, legte er mit “Wir” 2019 einen zweiten Film vor, der Furore machte mit seiner Mixtur aus Horror und Gesellschaftskritik. Nun lässt er “Nope” folgen, bei dem er sich in puncto Genres noch weiter öffnet und auch noch eine gehörige Portion Western und Science-Fiction mit einfließen lässt.
Nachdem OJ (Daniel Kaluuya) seinen Vater (Keith David) als erfahrenen Leiter ihres Geschäfts für Hollywood-Filmpferde auf mysteriöse Weise verliert, als in seinem Beisein plötzlich diverse metallische Gegenstände wie Münzen oder Schlüssel quasi vom Himmel regnen und den im Gesicht getroffenen Dad so vom Gaul holen, sieht es erst einmal düster aus. Nicht nur emotional ist die Familie angeschlagen, auch finanziell sieht es nicht rosig aus, denn der wortkarge und auch gefühlstechnisch introvertierte OJ ist kein guter Verkäufer. Seine quirlige Schwester Em (Keke Palmer) versucht zwar, am nächsten Set zu unterstützen, kommt allerdings zu spät und wirkt dann für die Filmcrew auch zu anstrengend, was sich irgendwie auch auf das Pferd überträgt, welches kurzerhand durch CGI ersetzt wird, wie so oft heutzutage.
Wie also soll die in der Weite der kalifornischen Wildnis zwischen Hügeln und staubiger Steppe liegende Haywood-Ranch gehalten werden? OJ sieht keine andere Chance, als einige der Pferde zu verkaufen, zumindest erst einmal. So kontaktieren sie den Jahrmarktbetreiber Ricky “Jupe” Park (Steven Yeun), der dann auch nicht unerwähnt lassen möchte, dass er mal als Junge in einer TV-Sitcom mitspielte, die dann ihr blutiges Ende fand, als ein Show-Schimpanse plötzlich im Studio während der Aufzeichnung Amok lief.
Als eines der Vorzeigepferde nachts von der Farm flieht und es so aussieht, als wäre es in den Himmel gesaugt worden, während im gesamten Umfeld der Strom ausgefallen ist, bemerkt OJ eine Wolke, die schon seit Wochen immer an der gleichen Stelle über dem nächsten Bergkamm steht. In ihr könnte sich ein vielleicht UFO versteckt halten, denn irgend etwas in der Art hat OJ kurz herum fliegen gesehen – was wiederum Em elektrisiert, denn wenn sie die ersten Videoaufnahmen der Außerirdischen machen würden, könnten sie diese sicher an Oprah Winfrey verkaufen und hätten erst einmal ausgesorgt. Also fahren sie in die Stadt und kaufen ein paar solide, gut steuerbare Kameras, die der Angestellte Angel Torres (Brandon Perea) dann auf ihrer Farm installiert. Ob Aliens oder Übersinnliches – so leicht lässt sich das Phänomen dann aber doch nicht festhalten.
Genauso stetig und behutsam wie sich das “Nope” in den Sprachgebrauch – bei der jüngeren Generation auch den deutschen – eingeschlichen hat, entwickelt Jordan Peele seinen dritten Langfilm. Nach dem beunruhigenden Einstieg mit dem sterbenden Vater und Szenen des Affen-Ausrasters in der TV-Sitcom dauert es erst einmal eine ganze Weile, bis wieder Entscheidendes passiert. In dieser Ruhephase wird allerdings lakonischer Humor punktuell platziert, und der mit umwerfender Leinwandpräsenz selbst ohne jegliche Aktionen gesegnete Daniel Kaluuya füllt jede Lücke, zusammen mit dem Wirbelwind Keke Palmer als wunderbarem Kontrast, die aber dann auch das Streben nach schnellem Geld durch Sensationsbilder verkörpert.
Steven Yeun kann zwar weit weniger beisteuern, und doch ist auch seine Figur wichtig, repräsentiert er doch Geldgier zusammen mit Profilierungsdrang, wenn er in seinem Büro jede Menge Devotionalien der alten Sitcom ausstellt, dann noch einen geheimen Raum mit weit mehr Ausstellungsstücken bereit hält und die blutige Affengeschichte nur zu gerne erzählt, während auch er von den neuen Phänomenen profitieren will und dafür auch einfach mal die Sicherheit des Publikums hinten an stellt.
Die von der eigentlichen Natur abweichende Nutzung von Tieren, ob Affen oder Pferde, im Gewinnstreben des Menschen verbindet Ricky Park mit OJ, wenn auch unterschiedlich erlebt – und beide scheinen nicht umsonst genau hier, wo das Phänomen auftritt. Da will sich doch vielleicht etwas rächen – und dass Jordan Peele dieses Etwas optisch lange sehr billig anmutend daher kommen lässt, bringt einen als Zuschauer mächtig ins Staunen. Am durchaus amtlichen Budget kann es eigentlich nicht gehapert haben, also scheint dies gewollt, vielleicht als Hommage an frühe Monster-Filme. Zumindest aber verlässt man das Kino etwas konsterniert, wenn auch nicht entgeistert.
Mit Michael Wincott gibt es noch einen weiteren guten Akteur, der als Regisseur Antlers Holst später helfen soll, das Phänomen für die Haywoods auf Celluloid zu bannen. Hierbei bringt der markante Charakter auch gleich noch weitere cineastische Referenzen mit ein, will er auf Grund der Stromausfälle doch mit einer alten, handbetriebenen IMAX-Kamera filmen – für “Nope” nutzte Kameramann Hoyte van Hoytema auch oftmals großformatige IMAX-Kameras. Und Peele geht noch weiter zurück in die Historie und baut auch die 1887 erschaffene Fotostudie “Animal Locomotion” mit einem afroamerikanischen Jockey auf einem Pferd mit ein, die als eines der ersten Bewegtbilder gilt. Die Verbeugung vor älterem Filmschaffen ist also offensichtlich, wenn auch ungewöhnlich eingebracht.
Auch die in Kapitel unterteilte Handlung nimmt erst nach und nach so richtig Schwung auf und trägt dauerhaft das Flair von Merkwürdigem mit sich, was aber ja auch durchaus passt, denn um seltsame Geschehnisse geht es hier ja auch. In der zweiten Hälfte des Films wird es dann auch spannender, wobei so richtig packender Thrill nicht aufkommen will und sich auch gewisse Längen einschleichen. Interessant bleibt die Genre-Mixtur aber – fast zur eigenen Verwunderung – dennoch und bietet zudem jede Menge starker Bilder, gewürzt mit einigem, was zu Diskussionen anregt.
Trailer:
Bewertung: 6 von 10 Punkten