Howard Jones
“Dialogue”
(CD, Big Lake Music, 2022)
Falls jemand Howard Jones nicht kennen sollte, greifen wir noch einmal auf unsere Einleitung der Rezension zum letzten Album “Transform” zurück. Wer sich in den 80er-Jahren für Musik interessierte, dem ist Howard Jones in jedem Fall ein Begriff. Der sympathische Brite landete 1984 mit seiner zweiten Single “What Is Love?” einen riesigen Hit, und auch auch das Debütalbum “Human’s Lib” verkaufte sich bestens, erreichte in Großbritannien Platz 1 der Charts, bei uns Rang 8. Neben dem Ohrwurm bot der rundum gelungene Erstling weitere Highlights wie die Debütsingle “New Song”, das packende “Pearl In The Shell” oder die wundervolle Ballade “Hide And Seek”.
Jones war über Nacht zum Star geworden, blieb hierbei in menschlicher Hinsicht aber immer sehr bodenständig und sympathisch. Auch musikalisch blieb er am Ball und ließ 1985 bereits das Album “Dream Into Action” folgen, mit dem er weitere Erfolge landen konnte. Mit “Things Can Only Get Better” erreichte er in UK und auch den USA die Top Ten, und auch “Look Mama”, “Like To Get To Know You Well” und die als Single noch einmal von Jones mit Hilfe von Phil Collins neu arrangierte Version von “No One Is To Blame” wurden Hits. Dass Howard massiv populär war, untermauerte auch sein Auftritt beim “Live Aid”-Benefizkonzert im Juli 1985.
Mit dem Longplayer “One To One” ebbte der Erfolg etwas ab, auch wenn noch Platz 10 der UK-Charts errreicht werden konnte. Auch die Singles wie “All I Want” und “You Know I love You … Don’t You?” brachten nicht mehr die große Rotation, so dass HoJo, wie seine Fans ihn nannten, nach einer Welttournee erst einmal eine Pause einlegte. Diese beendete er 1989 mit dem Album “Cross That Line”, das größtenteils eine Abkehr von elektronischen Klängen bedeutete. Mit der groovigen Single “Everlasting Love” erklomm er zwar in den USA Platz 12 und Kanada Rang 3, in Europa aber blieb das Album ziemlich unbeachtet, auch wenn es weitere gute Songs wie den Opener “The Prisoner” oder die traurige Ballade “Last Supper” enthielt.
Howard Jones ließ sich nicht vom eingeschlagenen Weg abbringen und veröffentlichte 1992 mit “In The Running” ein Album, das auf souligen Pop setzte und bei dem Pianoklänge im Vorderdrund standen. Erfolge blieben nun komplett aus, die Masse wollte anscheinend Stücke wie das schmissige “Two Souls”, die großartige Ballade “One Last Try” oder den getragenen “City Song” nicht hören – oder wusste nichts von ihnen, wurden doch nun vom Label Elektra auch nicht mehr die großen Gelder in Promotion für Howard Jones investiert.
Die Trennung vom Label war die logische Konsequenz, und so erschien “Working In The Backroom” 1994 beim eigens gegründeten Dtox Records. Machen wir es kurz, diese Scheibe wurden ebenso wenig beachtet wie “Angels & Lovers” (1997), “People” (1998) und “Piano Solos (For Friends And Loved Ones)” (2003). Mit “Revolution Of The Heart” kehrte Jones 2005 zurück zu elektronischen Klängen, allerdings nicht ansprechend, lagen die Songs doch mal zu nah am Dance-Pop mit platten Beats, mal waren unpassende Gitarrenriffs eingebunden. Erfolge blieben diesmal also völlig zu Recht aus, und so produzierte Jones “Ordinary Heroes” (2009) wieder abseits der Elektronik, was sich dann trotz geringer Verkaufszahlen gleich wieder viel besser anhören ließ.
Nach längerer Pause folgte 2015 dann mit “Engage” trotzdem wieder ein elektronisches Album, als Teil eines größer angelegten Multimedia-Projekts, in dessen Rahmen auch interaktive Live-Shows gespielt wurden. Im Gegensatz zum ersten Elektro-Comeback-Versuch 2005 ließen sich die nun viel sphärischer angerichteten, strukturell spannenden sowie klanglich modernen und gut produzierten Tracks prima anhören, Erfolge des Albums blieben aber trotzdem aus.
2019 dann kehrte Howard Jones mit dem Longplayer “Transform” (lies unsere Rezension hier) zurück zu seinen Wurzeln, und diese liegen nun einmal im Elektropop. Der Fokus auf melodische Synthiepop-Nummern war wieder zu erkennen, leider aber konnte man sich nur an wenigen wirklich guten Songs erfreuen, während mehrere eher dem schnödem Dance-Pop zuzuordnen waren. Kein Wunder also, dass auch diese Scheibe nicht annähernd an alte Aufmerksamkeit oder Verkaufszahlen anknüpfen konnte, es ging lediglich für eine Woche mal auf Platz 49 der UK-Charts.
“Solange es herausfordernd und schwierig ist, Musik zu machen, so lange werde ich es tun. Es darf nie einfach werden”, erklärte Howard in unserem Interview zur letzten Scheibe und fügte auf die Frage, ob denn das nächste Album wieder elektronisch werden würde, an: “Vermutlich sollte es das. Die Sachen jetzt sind so toll angenommen worden, vielleicht sollte ich diesen Fluss beibehalten, und ich befinde mich ja auch gerade im Synth-Modus.”
Eine Pandemie und drei Jahre später wissen wir, das er in diesem Modus geblieben ist, wenn nun mit “Dialogue” das neue Album von Jones vorliegt, welches am 9. September digital veröffentlicht wird, am 30. September dann als CD. Dass der Longplayer wie momentan beworben Teil eines vor zehn Jahren konzipierten Projekts ist, vier neue elektronische Alben aufzunehmen und selbst zu veröffentlichen, mutet durch Howards Aussagen zwar etwas fragwürdig an, aber für 2023 wird bereits das hierfür dann finale Album “Global Citizen” angekündigt.
Mit acht Songs auf 35 Minuten bietet HoJo seinen Fans nun zwar einen nicht allzu ausschweifenden “Dialogue”, aber die Rückkehr zu seinen Elektropop-Wurzeln ist im Vergleich zu “Transform” diesmal weit besser gelungen. Der von positiver Energie der Gemeinschaft geprägte Opener “Celebrate It Together” – mit “Things Can Only Get Better”-Textzeile als Einwurf an Howards beste Zeiten erinnernd – bietet eine gute Fusion elektronischer Klänge mit funky Licks.
Danach wird es dann reiner elektronisch, wenn das getragene “Formed By The Stars” sphärisch ins Ohr fließt und einen hierbei durchaus zu packen weiß. Das nachfolgende, Kraft und auch Ängste der Liebe thematisierende “My One True Love” zieht das Tempo wieder etwas an, bleibt stimmungstechnisch aber ähnlich und weiß ebenfalls zu gefallen.
“Be The Hero” setzt dann wieder mehr auf traditionelle Pop-Struktur, lässt sich aber gut anhören, wobei das nachfolgende “Who You Really Want To Be” mit seinen zwirbelnden Sounds, treibenden Beats, verzerrten Momenten und Effekten weit spannender daher kommt und hierbei appelliert, immer das Beste aus sich heraus zu holen.
“You Are The Peacemaker” – einen Friedensbringer kann die Menschheit immer und an vielen Orten gut gebrauchen, und hierbei handelt es sich um einen im Druck wieder eher gemäßigten, eher entspannt angerichteten Song. Das mit hämmerndem Beat und effektvollem Gesang angerichtete, aber durchaus reizvolle “To Feel Love” und das erneut mit zusätzlichen Licks einrahmende, denjenigen in Isolation Mut machende “I Believe In You” schließen eine Scheibe ab, die sich weit besser durchhören lässt als Howards letztes Album und mit der er tatsächlich mal wieder mehr Aufmerksamkeit verdient hätte.
Nachdem geplante Konzerte schon mehrfach verschoben werden mussten, kommt Howard Jones im November nun im Rahmen der “From Transform To Dialogue – The Hits Tour 2022” endlich mal wieder live zu uns. Hier die Daten:
14.11.2022 Hamburg – Markthalle
15.11.2022 Köln – Kantine
16.11.2022 Stu`gart – LKA
17.11.2022 Frankfurt – Batschkapp
18.11.2022 Berlin – Columbia Theater
19.11.2022 Bremen – Schlachthof
www.howardjones.com
facebook.com/howardjones
Bewertung: 7 von 10 Punkten
(MUCKE UND MEHR ist Teilnehmer des Partnerprogramms von Amazon EU, das zur Bereitstellung eines Mediums für Websites konzipiert wurde, mittels dessen durch die Platzierung von Werbeanzeigen und Links zu Amazon.de Werbekostenerstattung verdient werden kann.)