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Blue October überzeugen mit einem äußerst abwechslungsreichen Album

Autor: Tobi

Blue October "Spinning The Truth Around (Part I)"

Blue October

“Spinning The Truth Around (Part I)”

(CD, Up/Down Records, 2022)

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Es gibt nicht wenige Bands und KünstlerInnen, die woanders auf der Welt schon lange erfolgreich musizieren, während sie hierzulande bislang völlig unter dem Radar laufen und kaum, wenn nicht sogar gar nicht bekannt sind, obwohl ihre Musik weit mehr Gehör verdient hätte.

Ein gutes Beispiel hierfür sind Blue October, die kürzlich mit “Spinning The Truth Around (Part I)” bereits ihr elftes Studioalbum bescherten. Die 1995 gegründete Formation aus Houston in Texas hat in der US-amerikanischen Heimat bereits drei Alben in den Top 15 der Charts platziert, mit “Any Man In America” ging es 2011 sogar auf Platz 8 – und bei uns auf einen zwar nicht glorreichen, aber vermerkbaren Platz 100.

Blue October (© Dave Arnold)

(© Dave Arnold)

Während des Lockdowns erschufen Blue October so viele Lieder, dass im Frühjahr 2023 ein weiteres Album mit dem Titel “Spinning The Truth Around (Part II)” erscheinen wird, und das Klappcover kündigt sogar bereits einen dritten Teil an. Nun aber widmen wir uns erst einmal dem vorliegenden, und auf den 58 Minuten von Part I findet man zwölf Tracks, die sehr abwechslungsreich daher kommen.

Von früherer Einordnung in Genres wie Alternative Rock und Post-Grunge sind die Jungs mit der Scheibe oftmals deutlich entfernt, die ihren eigenen Musikstil als Bipolar Artrock bezeichnen – was aber auch damit zu tun haben dürfte, dass die Band um Frontmann Justin Furstenfeld schon immer Themen behandelt, die dunkle Seiten des Lebens verarbeiten. Er selbst litt seit der Jugend an Depressionen und verarbeitete die persönlichen Erfahrungen schon oft in seinen Texten, die auch mal Probleme wie Suizidgedanken oder Suchterkrankungen aufgriffen.

Die im Dezember 2021 bereits voraus geschickte, bestens zu Weihnachten passende, schöne Midtempo-Ballade “The Girl Who Stole My Heart” kam durchaus noch mit rockigem Grundgefühl daher, war aber vielleicht schon wegweisend für eine sanftere und auch inhaltlich mehr auf die Liebe ausgerichtete Ausrichtung.

“We feel like we’re at the height of our craft,” erklärt Justin Furstenfeld. “The album is romantic as fuck. The lyrics are universal and poignant, but we’re showing the songs can stand alone instrumentally. We know the sound we want.”

Sänger/Gitarrist Justin Furstenfeld, sein an den Drums für Rhythmen sorgender Bruder Jeremy Furstenfeld, Multi-Instrumentalist Ryan Delahoussaye, Bassist Matt Noveskey und Gitarrist Will Knaak eröffnen den Longplayer mit dem Titelsong “Spinning The Truth Around”, der getragen und gemächlich rockend eher an eine Band wie The War On Drugs erinnert als an härtere Töne. “The feeling of the song is bittersweet like a sunset,” erklärt Justin . “It’s beautiful when it’s shining and sad when it’s gone. You’re grateful that you got to be a part of it.”

Mit dem nachfolgenden, dahin fließenden und melodisch eingängigen “The Shape Of Your Heart” und dem mit Streichern und jazzigem Ambiente warm wohligen “How Can You Love Me If You Don’t Even Like Me” geht die Scheibe klar in eine ruhiger angelegte Richtung, auch wenn das etwas an den Stil von Train erinnernde “Don’t Say It Wasn’t Love” dann wieder etwas treibender daher kommt.

Mit dem mächtig abgroovenden “Change” und dem trockene Strophe und sphärischen Refrain verbindenden “Where Did You Go I’m Less Of A Mess These Days” geht es weiter, bevor mit “The Kitchen Drawer” dann doch noch einmal Rock ins Ohr geblasen wird, aber sehr atmosphärisch und größtenteils instrumental gemacht.

Die interessante Mixtur dieser Scheibe wird mit dem tollen “When Love Isn’t Good Enough” fortgesetzt, das in seinen bestens Musical-tauglichen sieben Minuten zuerst Sprechtexte zu entspannten Beats und Streichern, dann schönen, sanft warmen, melodischen Refrain und schließlich tatsächlich sogar Operngesang von Benjamin Ruiz aufbietet, was aber hervorragend passt zu dieser hochspannenden Nummer, die dann in ihrer zweiten Hälfte auch noch gut zu rocken weiß.

Mit “Trust You” findet man sogar ein Stück, das relaxt zwischen Pop und R&B angesiedelt ist, mit feinen Licks versehen – und auch dieses gefällt, obwohl der verstärkte Einfluss elektronischer Klänge und die ausgefeilte Produktion diverser Songs vermutlich nicht jedem Langzeit-Fan der Band gefallen werden. Die Scheibe wird mit dem flotter treibenden “Shut Up I Want You To Love Me Back” und dem hymnenhaften “Big Love” abgeschlossen. Letztere Nummer haben Justin und Jeremy für ihren Vater geschrieben, der so während seiner Chemotherapie hören konnte: “Just keep your face turned to the sun. We’re proud of all that you have done.”

Justin erzählt die traurige Geschichte hierzu: “Love, for me, has been set on high standards. When my father passed away during the pandemic, we were allowed in the room for twenty minutes. I watched my mom comfort him. In his final moments, I could see him relax. For three years, she took him to chemo. He listened to ‘Big Love’. The only thing my brother Jeremy and I could do was write a song for him and send him messages. A love like what my parents had is what I hope for everyone. They could communicate openly. They showed me how easy it should be. There’s a loss, but there’s a spirit that says, ‘Hey, hey, you’re good’.”

Liebe ist für Justin dann auch das Hauptthema des Longplayers: “This album is about boundaries and love — selfless love. You know that even if you did love someone it’s okay if you both fall out of love. It’s the story about a loving relationship that changed, when the world was falling apart. Nobody had a rule book. You don’t have to end a relationship and hate each other. Life is so short. There is love out there.”

“Spinning The Truth Around (Part I)” ist ein sehr interessantes und immer wieder gefangen nehmendes, äußerst abwechslungsreiches Album, das sich wunderbar durchhören lässt und bereits die Vorfreude auf den bald schon erscheinenden Part II weckt.

Im Mai 2023 sind Blue October live bei uns zu erleben:

01.05.2023 Köln, Gloria-Theater
02.05.2023 Frankfurt am Main, Batschkapp
05.05.2023 Berlin, Metropol
06.05.2023 Hamburg, Grünspan
08.05.2023 Leipzig, Täubchenthal

www.blueoctober.com
facebook.com/blueoctober

Bewertung: 9 von 10 Punkten

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