Wann wird es endlich wieder so, wie es nie war
Darsteller: Devid Striesow, Camille Loup Moltzen, Arsseni Bultmann, Merlin Rose
Regie: Sonja Heiss
Dauer: 116 Minuten
FSK: freigegeben ab 12 Jahren
Website: www.warnerbros.de/de-de/filme/wann-wird-es-endlich-wieder-so-wie-es-nie-war
Facebook: facebook.com/WarnerBrosDE
Nachdem die in München geborene und in Berlin lebende Regisseurin Sonja Heiss für ihre ersten beiden Langfilme “Hotel Very Welcome” (2007) und “Hedi Schneider steckt fest” (2015) Lob ebenso wie Auszeichnungen einheimsen konnte und dann 2017 als Autorin den Spiegel-Bestseller-Roman “Rimini” veröffentlichte, widmet sie sich mit “Wann wird es endlich wieder so, wie es nie war” nun der Verfilmung des 2013 erschienenen, autobiografischen Buchs von Joachim Meyerhoff.
Dieser, selbst auch als Schauspieler und Regisseur aktiv, erzählte bereits in seinem sechsteiligen Projekt “Alle Toten fliegen hoch” im Burgtheater Wien zwischen 2007 und 2009 von seinem Leben und seiner Familie, veröffentlichte dann seit 2011 auch fünf Bände im “Alle Toten fliegen hoch”-Zyklus, von denen “Wann wird es endlich wieder so, wie es nie war” das zweite war. Und ja, die Kindheit und Jugend von Meyerhoff bietet viel Stoff, in den wir nun auch filmisch einen Einblick bekommen. Sonja Heiss stellt uns Joachim in drei verschiedenen Altersstufen vor.
Bereits im Alter von sieben Jahren ist das Leben von Josse (Camille Loup Moltzen), wie er genannt wird, kein gewöhnliches. Dadurch, dass er auf dem Gelände der größten Kinder- und Jugendpsychiatrie Schleswig-Holsteins aufwächst, die von seinem Vater Richard Meyerhoff (Devid Striesow) als Direktor geleitet wird, kommt er nicht nur mit vielen PatientInnen in Berührung, sie gehören hier mit all ihren unterschiedlichen Ausprägungen von besonderen Verhaltensweisen zum Alltag, einige von ihnen sind bei Familienfeiern dabei und der mit großen Glocken bimmelnde und über das Gelände schlendernde Glöckner (Andreas Merker) ist für Josse so etwas wie ein bester Freund.
Zwei ältere Brüder hat er zwar auch noch, aber Philipp und Patrick haben sichtlich Spaß daran, ihn so zu trietzen, bis er schreiend ausrastet und nur noch dadurch beruhigt werden kann, dass man ihn auf eine schleudernde Waschmaschine setzt und kräftig durchrüttelt. Kein Wunder also, dass sich Josse freut, den Geschwistern endlich mal etwas voraus zu haben, als er auf dem Schulweg eine Leiche entdeckt.
Das Familienleben ist auch sonst nicht einfach, schieben Josses Mutter Iris (Laura Tonke) und sein Vater doch ihre Betten nach und nach immer weiter auseinander, und während sie sich in selbstgemalten Aquarellen und mittels Musik an Italien und eine alte dortige Liebe erinnert, mit der sie manchmal noch auf Italienisch telefoniert, scheint er sich innerlich immer weiter von ihr zu distanzieren. Aber nicht alles ist trüb, hin und wieder haben die Meyerhoffs auch noch viel Spaß, oder zumindest Teile hiervon.
Als Teenager von 16 Jahren ist Joachim (Arsseni Bultmann) im Jahr 1983 schon um einiges reifer geworden, auch wenn er seine Wutausbrüche noch nicht hinter sich lassen konnte. Als die 14-jährige Marlene (Pola Geiger), die sich fast nur von BiFi-Salamis ernährt und schon einen Selbstmordversuch hinter sich hat, für eine Weile bei ihnen einzieht, verguckt sich Josse in sie und beide kommen sich näher. Bei Vater und Mutter Meyerhoff geht es hingegen immer weiter auseinander. Er kann Seitensprünge nicht mehr verheimlichen und versagt bei der Segelprüfung, sie trauert immernoch Italien nach und tanzt zu “Felicitá”, was dann mit Joachim zusammen immerhin für Stimmung sorgt, während das zu Weihnachten vom Mann geschenkte Elektromesser die Lage eskalieren lässt.
Immerhin ist Josses Verhältnis zu Philipp nun weit besser und beide können über Dinge wie erstes Verliebtsein und dazugehörige körperliche Erfahrungen sprechen. Nach einem tragischen Erlebnis entschließt sich Joachim, für einen Schüler-Austausch ein Jahr in den USA zu verbringen, was ihm sichtlich gut tut, bis ihn eine weitere schlimme Nachricht ereilt.
Josses Teenageralter nimmt den größten Teil des Films ein, der in den 70er-Jahren beginnt und bis Mitte der 90er reicht, als er mit 25 Jahren (Merlin Rose) vom einstigen Kind mit Verhaltensauffälligkeiten zum gefassten Erwachsenen geworden ist, der inzwischen am wenigsten Probleme macht, während der Vater krank ist und die Mutter nach Trennung inzwischen tatsächlich in Italien lebt.
Diese spätere Phase wird aber nur angerissen, konzentriert sich Sonja Heiss doch auf die Kindheit und das Heranwachsen als Teenager, serviert also eine Coming-of-Age-Story in außergewöhnlichem Umfeld. Hierbei ist es angenehm, wie die PatientInnen der psychiatrischen Anstalt sehr sympathisch und völlig natürlich mit in die Handlung eingebaut werden, ohne sie für Lacher zu missbrauchen. Hierfür war es sicher auch hilfreich, dass für einige Nebenrollen Menschen mit Behinderung ausgewählt wurden.
Die Besetzung von Hauptfigur Josse mit Camille Loup Moltzen, Arsseni Bultmann und Merlin Rose ist gut gelungen, auch Pola Geiger spielt stark, Laura Tonke hat tolle Momente, und Devid Striesow kann mal wieder untermauern, welche Klasse er in nicht-witzigen Rollen hat, wobei hier auch wunderbar lakonisch humorvolle Momente dazu gehören.
“Wann wird es endlich wieder so, wie es nie war” lässt sich gut anschauen und liefert mit seinen ausgiebigen Rückblicken in die 70er- und 80er-Jahre auch einiges an angenehmer Nostalgie. Der Film bietet eine gelungene Mischung von leichtfüßig unterhaltsamen und tragischen Momenten, in denen neben Familienproblemen auch Traurigkeit und Tod immer wieder ihren Platz finden, aber niemals erdrückend.
Trailer:
Bewertung: 7 von 10 Punkten