Nachdem ROCK AM RING 2022 nach zwei Jahren Pandemie-bedingter Pause die triumphale Rückkehr der großen Festivals bedeutete (lies unseren Festivalbericht hier), wurde das renommierte und beliebte Event am Nürburgring in der Eifel vom 2. bis 4. Juni 2023 erneut zu einem tollen Erlebnis.
Auch wenn dieses Jahr kein “ausverkauft” vermeldet werden konnte (hierzu mehr unten), wurde es mit über 70.000 Besuchern wieder recht voll beim traditionsreichen, seit 1985 stattfindenden Festival, so wie auch beim Zwillingsfestival ROCK IM PARK am Zeppelinfeld in Nürnberg, wo die gleichen Acts zu erleben waren.
Wie schon im letzten Jahr entpuppte sich der in der Vergangenheit hier oft miesepetrige Wettergott als Ringrocker und bescherte sonnige Tage ohne Regen, mit Temperaturen von am Freitag bereits milden 16 Grad, Samstag und Sonntag dann sogar um die 20 Grad. Kein Wunder, dass die Besucher, von denen diesmal auch viele mit den angebotenen Cityshuttles angereist waren, auf den Campingplätzen viel Spaß hatten und sich dann bester Laune zum Festivalgelände begeben konnten. Hier wurde dann übrigens doch teilweise ausverkauft vermeldet – beim Green Camping, dem Experience Camp und in der Car&Tent-Kategorie.
Viele benötigte Dinge gelangten 2023 übrigens löblicherweise auf grünerem Weg in die Eifel, da DB Cargo, die Güterverkehrstochter der Deutschen Bahn, 164.000 kg Material über einen Großteil der Strecke auf der klimafreundlichen Schiene zum größten Festival Deutschlands transportierte, was im Vergleich zur Straße mehr als 80 Prozent CO2 sparte, da ein Güterzug 52 LKWs ersetzt. Dies passte gut zum letztes Jahr bereits eingeschlagenen Weg der Organisatoren DreamHaus und eventimpresents, alles ganzheitlicher und nachhaltiger anzugehen, von CO2-Ausstoß-Reduzierung und Nutzung von 100% Ökostrom über ein optimiertes gastronomisches Angebot mit Mehrwegbechern und -geschirr sowie Verzicht auf gedruckte Timetables bis zur Weiterverwertung zurück gegebener Zelte.
Das Festivalgelände präsentierte sich trotz neuer Beschreibung als 360-Grad-Event-Experience sehr ähnlich den vorigen Ausgaben, wobei die Hauptbühne diesmal auch von hinten links direkt angesteuert werden konnte, ohne sich einen durch einen kleinen Treppen-Aufstieg zu drängen, was gut war. Ansonsten fiel auf, dass man im etwas eingedampften Spaß-Bereich keinen Auto-Scooter mehr fand, aber wieder das Riesenrad, das immer eine tollen Blick über das Gelände und die Eifel bietet. Neben den gewohnten drei Bühnen gab es ansonsten erneut vielfältige kulinarische wie sonstige (Merchandise, rockige Artikel, Tattoos, Lounges, Gewinnspiele) Angebote. Hinzu kamen auch diesmal wieder ausreichend bedarfsdeckende Stellen wie gratis Toiletten oder Trinkwasser. Dieses wurde bei tollem Wetter umso wichtiger, denn der vom Veranstalter auf Grund der Temperaturen und knallenden Sonne gesandten Erinnerung “Stay hydrated!” nur mit leckerem Warsteiner-Bier oder anderen alkoholischen Getränken zu begegnen, wäre keine gute Wahl gewesen, auch weil Schattenplätze rar wurden. Zum Bezahlen nutzte man wieder Cashless Payment, auf dem ganzen Gelände konnte man bargeldlos mit einem Chip am Wristband schnell und kontaktlos sein Geld investieren, was letztes Jahr schon eine sinnvolle Neuerung war.
Kommen wir zum Wichtigsten, der Musik, und hier wurde wieder einiges geboten – wobei das Programm beider Hauptbühnen übrigens erneut von RTL+ exklusiv komplett live gestreamt wurde, kostenlos und frei zugänglich im Webbrowser auf RTLplus.de und über die App für RTL+ Premium UserInnen – und wer sich kaum entscheiden konnte, der kann auch jetzt hinterher noch einige Konzerte hier nacherleben.
Am Freitag um 13.30 Uhr eröffneten die irisch-amerikanischen Folk-Punker von Flogging Molly das Festival auf der Utopia Stage betitelten Hauptbühne, sorgten hierbei für beste Stimmung. Weit härter wurde es danach, zuerst mit der ukrainischen Metal-Band Jinjer, dann einem tollen Gig von Fever 333, die abgesehen von Sänger Jason Butler komplett neu besetzt bestätigten, dass sich an ihrer Energie hierdurch nichts geändert hat. Am Ende lief Butler noch hoch in den Bereich der Pressetribüne, wo er auf dem Geländer kletternd die letzten Töne singen wollte, was sein Mikro allerdings leider nicht mitmachte. Also herzte er einige Rollsthulfahrer und verabschiedete sich aus luftiger Höhe.
Es folgte der britische Alternative-Rocker Yungblud, der ebenfalls einen amtlichen Auftritt hinlegte, bevor mit Limp Bizkit eines der absoluten Highlights des gesamten Festivals zu erleben war. Die Nu-Metal-Pioniere brachten mit Hits wie “Nookie”, “Rollin'” oder “Break Stuff” die Menge vor der Utopia Stage zum springen, singen und abfeiern, und der mit massiver Lockenmähne auflaufende Fred Durst ist immernoch einer der großartigsten Frontmänner überhaupt. Leider gab es beim zweiten Song “Hot Dog” minutenlange Probleme mit dem Ton, die zu einer Pause führten, dann aber behoben werden konnten und dem großartigen Gig nicht vermiesen konnten.
Der folgende Auftritt der Punkrocker von Rise Against wurde ebenfalls umjubelt und die Mannen um Sänger/Gitarrist Tim McIlrath verzichteten natürlich auch nicht auf ihre größten Ohrwürmer, bevor als Headliner die Foo Fighters die Eifel rockten. Die Band um Dave Grohl kehrte nach dem letztjährigen Tod ihres Schlagzeugers Taylor Hawkins zurück nach Deutschland, um ebenso wie Limp Bizkit und Rise Against bei Rock am Ring und Rock im Park ihre einzigen europäischen Festivalauftritte des Jahres hinzulegen. In bester Spiellaune präsentierten die Foo Fighters nicht nur zum ersten Mal den neuen Drummer Josh Freese, sondern neben vielen gefeierten Klassikern wie “Times Like These”, “The Pretender” oder “Learn To Fly” auch Songs aus ihrem just an diesem Tag veröffentlichten neuen Album “But Here We Are” und untermauerten ihren Ruf als hervorragende Liveband. Auch Daves 17-jährige Tochter Violet durfte hierbei ihr Gesangstalent unter Beweis stellen beim tollen “Shame Shame”, und als Grohl “Aurora” mit “Das war Taylors Lieblingssong” dem verstorbenen Freund Hawkins widmete, kamen Gänsehaut und Traurigkeit auf, die dann aber wieder rasch melodisch weggerockt wurden.
Mehr Acts standen für die Hauptbühne nicht auf dem Timetable, und doch gab es noch einen. Als Überraschungsgast betrat nachmittags plötzlich Olaf der Flipper die Utopia Stage, und der 77-jährige Ex-Sänger der Flippers sorgte mit dem von der Masse mitgesungenen “Wir sagen Dankeschön” für ein kleines, witziges und gerne genommenes Schlager-Schmankerl, nachdem der Song letztes Jahr irgendwie von zahlreichen Fans hymnisch gesungen wurde und daraufhin die Flippers für das Festival ins Gespräch kamen.
Natürlich gab es aber auch auf den anderen Bühnen einiges zu bestaunen. Auf der auch noch großen Mandora Stage rappten nachmittags, zu Beginn leider – auch hier – von nicht funktionierenden Mikros beeinträchtigt, Mehnersmoos, bevor die Damen an der Reihe waren, und auch zur eigentlich gut aufgelegten Juju, die beim letzten Song dann allerdings mit der gleichen Problematik zu kämpfen hatte, und Badmómzjay kamen zahlreiche Fans. Mit den Giant Rooks gab es dann ein Indie-Zwischenspiel, bevor es wieder zurück zum Rap ging und nun die Männer wieder übernahmen, mit Finch und ab 0.45 Uhr für 90 Minuten dem Late-Night-Special von Apache 207. Auch hier war die Stimmung prächtig, ob der Rapper nun im einer Tankstelle nachempfundenen Bühnenbild seine Rhymes in den Nachthimmel blies oder sich auf einem Boot über die Köpfe der Menge tragen ließ.
Auf der “kleinen” Bühne (Orbit Stage) durften zuerst Friends Don’t Lie als Gewinner des Warsteiner Bandcontests aufspielen und bei ihrem – man glaubte es kaum – erst vierten Liveauftritt überhaupt erfüllte sich für die Jungs ein Lebenstraum, bei dem sie mit ihrem melodischen Punkrock zu überzeugen wussten. Harte Musik regierte hier weiter das Lineup, als später Formationen wie Motionless In White, Silverstein oder Meshuggah zu hören und sehen waren.
Am Samstag ging es munter weiter. Als Headliner spielten die Kings Of Leon auf der Utopia Stage, die im Vergleich zu den Foo Fighters und auch den Toten Hosen am Sonntag weit weniger spektakulär waren. Die Band aus Tennessee lieferte mit ihrer Mischung aus Alternative und Southern Rock zwar eine ordentliche Show ab, brachten neben den allseits bekannten, durchaus auch umjubelten Ohrwürmern “Use Somebody” und “Sex On Fire” aber zu wenig mit, um den Headliner-Spot eines so großen Festivals adäquat auszufüllen.
Weit aufregender ging es da doch vorher zu, als die Alternative-Rocker von Incubus nach langer Live-Pause endlich mal wieder zu erleben waren, und die Mannen um den immer charismatischen und stimmlich überzeugenden Brandon Boyd spielten die Bühne so richtig warm, mal getragener, mal gut abrockend – und wie schön war es, Songs wie “Drive” mal wieder live zu erleben. Für einen wie gewohnt gute Musik und einige humorvolle Momente verbindenden Gig sorgten dann auch Jack Black und Kyle Gass alias Tenacious D, die mit viel akustischer Gitarre aber auch wieder E-Unterstützung nicht nur optisch (herrlich: Jack Black mit Vollbart und sommerlichem Flammenhemd) die Bühne ausfüllten, auch der Teufel war mal wieder anwesend, der Gitarrist wurde als besessen identifiziert, ein Ritter kam auf die Bühne, und ein bisschen Pyro-Effekte wurden aus dem Bauchladen gesteuert – den Techniker nannten sie Biffy Pyro, ha ha. Sehr ähnlich ihrem Hauptbühnen-Gig von 2019, aber wieder sehr stark – und langjährige Ring-Besucher werden den Jungs nicht vergessen, dass sie 2016 nach Unwetterunterbrechung die Stimmung retteten. Übrigens, auch wenn Jack Black in einem Interview einige Wochen vorher bekundete, er würde gerne mit Helene Fischer singen – sie kam nicht, dafür aber Evanescence-Frontfrau Amy Lee, was sicher ein weit passenderes Feature ergab, mit “Kyle Quit The Band” und “Lee” zu zwei passenden Titeln.
Mit “Fuck Her Gently” verabschiedeten sich Tenacious D dann und überließen den Rappern von K.I.Z. die Utopia Stage, die sich zum inoffiziellen Headliner des Samstags aufschwangen und die Menge zum Tanzen, Springen, Mitsingen und Händewerfen brachten. Tarek, Nico und Maxim präsentierten sich bester Laune, forderten einen noch größeren Moshpit ein, pöbelten in gewohnt provokanter Manier herum, lieferten – man müsse ja mit der Zeit gehen – TikTok-Tänze, aber vor allem gefeierte Songs wie “Kinderkram”, “VIP in der Psychiatrie”, “Urlaub fürs Gehirn” oder den Klassiker “Hurra die Welt geht unter”.
Auf der Mandora Stage ging es am Samstag zunächst härter zu. Die kalifornischen Nu-Metaller von Hollywood Undead knallten mehrstimmig nicht nur ihre Hits in den immer wärmeren Himmel, sondern auch Coverversionen von The White Stripes’ “Seven Nation Army” und Rammsteins “Du hast”, womit sie die Menge natürlich auf ihrer Seite hatten und für tolle Stimmung sorgten. Das französische Death-Metal-Quartett Gojira und die Punkrocker von Papa Roach – ja, natürlich inklusive ihrer Ohrwurm-Hymne “Last Resort” – rockten weiter ab, und Frontmann Jacoby Shaddix zeigte sich sehr publikumsnah, nämlich auch immer wieder mal inmitten der Menge. Später kehrte dann kurzzeitig der Rap zurück auf die Bühne, als Kontra K. auf dem Programm stand, der erst 20 Minuten später beginnen konnte, aber das störte niemanden, denn so konnten von K.I.Z. viele zur Mandora Stage überwechseln, die entweder Rap dem Rock vorziehen oder denen – siehe oben – die Kings Of Leon als Headliner nicht ausreichten. Und Kontra K. lieferte ab, einen starken Gig, der zu Recht frenetisch gefeiert wurde. Das Late-Night-Special bestritten die immer starken Evanescence um ihre stimmlich stets umwerfende Sängerin Amy Lee, die ja ein paar Stunden zuvor bereits als Gast bei Tenacious D vorbeigeschaut hatte. Auf der kleineren Orbit Stage spielten u.a. The Chats und Mantar, bevor HIM-Frontmann Ville Valo mit seinem VV-Projekt hier als namhaftester Acts ein musikalisches und stimmliches Ausrufezeichen setzte.
Der Sonntag brachte dann nicht nur Temperaturen von mehr als 20 Grad und untermauerte somit das beste Rock-am-Ring-Wetter seit 30 Jahren, sondern auch wieder spektakuläre Konzerte und einen Headliner, der diesen Titel auch verdient. Das erste Mal richtig voll wurde es vor der Utopia Stage allerdings bereits um 15.20 Uhr, als nach den ebenfalls gut gefallenden und sich nicht nur mit ihrer Regenbogenflagge für Gleichheit einsetzenden Boysetsfire die guten alten Sum 41 aufspielten, die kurz zuvor ihre bevorstehende Auflösung bekannt gegeben hatten. So wurden die Punkrocker um Deryck Whibley also noch einmal amtlich gefeiert, vermutlich ein letztes Mal am Ring, auch wenn noch ein letztes Album und eine Abschiedstour folgen werden.
Als NOFX danach um 16.50 Uhr die Bühne betraten, war es deutlich leerer und eigentlich nur vor dem ersten Wellenbrecher einigermaßen gut gefüllt – obwohl auch diese ihren Abschied angekündigt haben, für 2023 sogar, so dass man sie hier nicht mehr sehen wird. Den gut aufgelegten Frontmann Fat Mike brachte dies schnell zur Frage, warum sie als beste Band des Tages denn am wenigsten Fans sehen würden … wobei sie erklärt zumindest mal die witzigste Band seien. Damit hatte er recht, deutete er doch auf ein super kleines NOFX-Banner, das hinter der Formation hing, wo sonst die Bands sich riesig auch namentlich präsentieren. Mit guter Laune rockten sie weiter ab und irgendwann entfalteten sie dann doch auch einen großen Banner, auf dem das NOFX-Logo allerdings immernoch genauso klein in der Mitte prangte. Ha ha, ein humorvoller, aber auch musikalisch sehr anständiger Abschieds-Gig.
Danach rockten Turnstile das Haus, bei denen es schon wieder merklich voller wurde. Letztes Jahr sollte die Band ja bereits ihren auch in den Songs sehr abwechslungsreichen, gerne Tempi-wechselnden Hardcore verabreichen, da fiel dies aber aus und wurde nun umjubelt nachgeholt, auch weil Frontmann Brendan Yates – eben noch jünger als viele andere am Ring – energiegeladen über die Bühne rannte und sprang, was das Zeug hielt. Einen richtig guten Gig legte dann auch Machine Gun Kelly mit seiner Band hin, der das nun wieder voll anwesende Publikum mit seiner Musik zwischen Punkrock, Metal und hin und wieder Rap bestens im Griff hatte. Den ersten Song sang er noch erhöht auf einem imposanten Podest, kam dann aber nicht nur optisch herunter und präsentierte sich sehr sympathisch und publikumsnahe. Und er hatte nicht nur viele Hits und eine hervorragende Band mitgebracht, sondern als Gast auch Oli Sykes von Bring Me The Horizon, mit dem er den gemeinsamen Song “Maybe” performte. Am Ende tauchte MGK über einem Warsteiner-Stand auf metallischem Gerüst sitzend im ersten Wellenbrecher-Bereich links vor dem herrlichen Sonnenuntergang auf – und nach dem Gig schrieb der von vielen Ladies Angehimmelte noch reichlich Autogramme und schüttelte Fanhände, immer anständig bleibend … da kann man eben auch mal Oberkörper zum Unterschreiben mit einer entschuldigenden Geste ablehnen.
Das Highlight des Abends bescherten dann wie erwartet Die Toten Hosen, die letztes Jahr ihre Tour zum 40-jährigen Bandjubiläum starteten und nun in Deutschland ausschließlich bei Rock am Ring und Rock im Park in die Verlängerung gingen. Campino, Kuddel, Breiti, Andi und Vom Ritchie boten eine zweistündige Mega-Show, und was spricht mehr für einen Headliner als die Tatsache, dass selbst diejenigen, die sich nicht als größte Fans bezeichnen würden, fast jede Nummer mitsingen können?! Im Laufe der Zeit haben die Mannen halt auch jede Menge Klassiker erschaffen, und so wurden Songs wie “Liebeslied”, “Hier kommt Alex”, “Wünsch dir was”, “Bonnie & Clyde” oder “Steh auf, wenn du am Boden bist” zu einer riesigen Party. Im Publikum wurden vereinzelt Pyros abgebrannt, zu “Pushed Again” gab es diese dann auch kontrolliert, vor der Bühne und in den Wellenbrechern, was für ein grandioses Bild sorgte, ebenso wie später der Publikums-Sternenhimmel aus Feuerzeugen oder Handy-Leuchten bei “Alles wird vorübergehen”. “Tage wie diese” fehlte nicht, die Spaß-Kultnummer “Eisgekühlter Bommerlunder” wurde gesungen, und auch jüngere Zeiten fanden sich mit “Laune der Natur” wieder. Am Ende spielten sie noch “Schrei nach Liebe” von den Ärzten, und diese Hymne bedeutete nicht das einzige Statement gegen Rechte, Campino machte auch in einer der Ansagen zwischen den Nummern hier die Haltung noch einmal klar. Und seine Ansprache, dass wir nach zwei Jahren Corona-Scheiße, die sich schon wieder lange her anfühlen, und im Wissen eines nicht zu weit entfernten, fürchterlichen Kriegs, bei dem man nie weiß, ob er nicht noch weiter eskaliert, es einfach extrem wertschätzen sollten, dass wir alle wieder so wie hier zusammen feiern können, kam auch deutlich an. Von Videos und toller Lightshow unterstützt bedeuete dieser tolle Gig einen würdigen Abschluss auf der Hauptbühne … und die Hosen forderten dazu auf, bei Thees Uhlmann vor der Orbit Stage noch weiter zu feiern.
Dort bildete dieser den Abschluss, vorher spielten Acts wie Carpenter Brut oder Nothing, Nowhere. Mit diesem und stellenweise ja auch Machine Gun Kelly fand der Rap zwar noch seinen Weg in den Ring-Sonntag, ansonsten ging es nun aber rockig zu, was auch das Programm der Mandora Stage zeigte. Hier standen Bands wie die starken Post-Grunger Three Days Grace, die Glam-Rocker Steel Panther, Arch Enemy um Frontfrau Alissa White-Gluz, die sich etwas überraschend auf ihre letzten drei Alben fokussierenden Architects und die als Ersatz für Five Finger Death Punch ins Lineup gerückten, erneut gut abliefernden Bullet For My Valentine auf dem Programm. Und wer in der Nacht, als die Hauptbühne schon verwaiste, noch weiterrocken wollte, konnte dies mit den Metalcore-Helden von Bring Me The Horizon tun.
Kommen wir zu einem Fazit. 20.000 Tickets weniger im Vorverkauf abgesetzt zu haben hat den Veranstaltern sicher wenig gefallen. Die Gründe hierfür dürften verschiedener Natur sein. Die gestiegenen, mit höheren Produktionskosten sicher nicht falsch argumentierten Preise für das Wochenend-Ticket werden einen Ausschlag gegeben haben, denn auch Rockfans haben inflationsbedingt weniger in der Tasche. Vielleicht können hier ja noch ein paar Sponsoren mehr gefunden werden, um das abzufedern, aber auch bei denen sitzt das Marketing-Geld nicht mehr locker, nachdem viele Firmen in der Pandemie schon reichlich kämpfen mussten. Der Termin nicht an Pfingsten klaut den folgenden Feiertag, aber wenn dieser bereits im Mai liegen würde wie 2023, wäre das bzgl. des Wetters auch kritischer. Last but not least muss man natürlich auch auf das Lineup schauen. Dieses war immer noch gut, die umstrittenen Pantera wurden nach Einsicht eines Fehlers rechtzeitig noch ausgeladen, und auch die vieldiskutierten Rap-Acts am Freitag und Samstag werden offensichtlich gut angenommen, denn sie wurden amtlich gefeiert. Drei richtig tolle Headliner sollten aber natürlich existieren, und wie erwähnt waren die Kings Of Leon hier nicht adäquat. Hätten hier die übergroßen Metallica, die geliebten System Of A Down, die abgefeierten Rammstein, selbst ein im Vergleich noch etwas kleinerer Act wie Fall Out Boy oder die Partymonster von Deichkind auf dem Programm gestanden, wäre der Zuspruch sicher noch größer gewesen. Nicht zuletzt darf man aber auch nicht vergessen, dass die Menschen schon wieder in ihren Alltag zurück gekehrt sind und die während der Pandemie aufgestaute unbändige Lust auf gemeinsames Feiern leider schon wieder viel zu sehr der Normalität gewichen sind.
Am Wetter kann es diesmal in jedem Fall nicht gelegen haben, das war optimal und bescherte allen Anwesenden ein tolles Festival-Wochenende, bei dem an sich auch 2023 wieder nicht ärgerte, vor Ort zu sein, denn auch dieses Jahr gab es wieder tolle Acts zu erleben, und als gemeinschaftliches Event war ROCK AM RING auch wieder klasse. Sicher werden viele der Musik-Begeisterten und Festival-Gänger nächstes Jahr, wofür der Termin nun mit 7. bis 9. Juni verkündet wurde, gerne wieder in die Eifel kommen und feiern – oder gleichzeitig bei ROCK IM PARK. Der Vorverkauf ist gestartet (Eventim Partnerlink).
Mehr Informationen zu ROCK AM RING findet man auf www.rock-am-ring.com.