Home MusikKonzertberichte Klaus Hoffmann sorgte gegen Ende seiner “Septemberherz”-Tour für schöne Melancholie und Spaß (Leverkusen, 20. Oktober 2023)

Klaus Hoffmann sorgte gegen Ende seiner “Septemberherz”-Tour für schöne Melancholie und Spaß (Leverkusen, 20. Oktober 2023)

Autor: Tobi
Klaus Hoffmann (Foto: © Malene)

(Foto: © Malene)


Wenn Klaus Hoffmann am 17. November seinen neuen Longplayer “Flügel” veröffentlicht, dann handelt es sich hierbei um sein sage und schreibe 50. Album – dass der Liedermacher schon eine ganze Weile aktiv und hierbei äußerst kreativ ist, muss man also nicht dazu sagen. Als der 1951 in Berlin geborene Musiker, der auch als Schauspieler und Autor aktiv war, am Abend des 20. Oktober 2023 im Leverkusener Scala-Club auf dem Programm stand, hatte dies mit der kommenden Scheibe allerdings gar nichts zu tun und war der Tatsache geschuldet, dass die Pandemie den üblichen Veröffentlichungs- und Konzertrhythmus Hoffmanns aus dem Tritt gebracht hat.

Im November 2020 veröffentlichte Klaus Hoffmann sein Album “Septemberherz” (lies unsere Rezension zur CD hier), wie seit 2008 gewohnt also ein neues Studioalbum zwei Jahre nach dem letzen, welches er 2018 mit “Aquamarin” abgeliefert hatte. Schon unter Pandemie-Bedingungen aufgenommen lag er hier also noch im üblichen Zeitplan, wie wir alle wissen ließen sich Konzerte dann aber erst gar nicht, dann später nur unter Hygieneauflagen in kleinem Kreis realisieren. Das Publikum hatte viel Lust auf Livemusik, kam aber zunächst auch nur eher verhalten wieder zurück in die Locations, und Verschiebungen waren an der Tagesordnung.

Kein Wunder also, dass die in den Nicht-Studioalbum-Jahren übliche Veröffentlichung eines neuen Livemischnitts 2021 ausblieb und sich die Tour-Aktivitäten zu “Septemberherz” hinzogen – bis jetzt, in den Herbst 2023. Die letzten Nachholkonzerte und einige zusätzlich noch ins Programm genommenen sind es, die Klaus Hoffmann gerade absolviert, nicht in voller Bandbesetzung und größeren Hallen, sondern in kleineren Clubs und Locations, begleitet wie schon so oft nur von seinem langjährigen musikalischen Weggefährten Hawo Bleich, der ihn am Flügel und dem daraufliegenden Keyboard begleitet.

Einer dieser intimeren Abende stand also an, als Ersatztermin für ein ausgefallenes Konzert im April, das ebenfalls bereits Ersatz für das ursprünglich angesetzte Datum im Juni 2022 war. Wie gewohnt bot Klaus Hoffmann eine gute Mischung aus Stücken vom nun fast schon drei Jahre alten, aber für einen Monat immer noch aktuellen Album “Septemberherz” und vielen Fan-Favoriten aus seiner langen Karriere. Pünktlich um 20 Uhr betraten die beiden die Bühne, und mit seinem üblichen, wie immer geflunkerten Spruch “So viele Gesichter, die ich überhaupt nicht kenne” eröffnete Hoffmann den Abend, dessen Fans doch größtenteils immer wieder die gleichen sind, über die Jahrzehnte treu geblieben und mit ihm gealtert.

Direkt zu Beginn ging Klaus kurz auf die aktuelle Weltlage ein und sagte einige Worte über unsere Zeit, wo man sich als Nachkriegskind bezeichnen könne, aber zwischen Kriegen lebe. Die Welt ist aus den Fugen, und doch gehen wir weiter unseren Weg. “Ich singe immer noch für das Kind in mir”, erklärte Hoffmann und eröffnete mit “Da wird eine Insel sein” aus dem Jahr 2002 einen gewohnt bunten und stimmungsvollen Konzertabend. Im ersten, einstündigen Teil seines Sets spielte Klaus mit “Die Zeit gehört den Zärtlichen”, der Michel-Legrand-Interpretation “Wie sich Flügel drehn im Wind” und dem Flucht thematisierenden “Was sie trugen” drei Stücke aus “Septemberherz”, dazu geliebte Klassiker wie “Weil du nicht bist wie alle andern” aus dem Jahr 1979, “In meinem Kiez” (1993), “Kann nicht verzeihen” (1983) oder die Jacques-Brel-Adaptionen “Marieke” und “Amsterdam”, wobei es wie hier mal ausgelassener und fröhlich zuging, oft aber auch melancholisch zwischen Schönheit, Verträumtheit und Schwere balancierend.

Zwischen den Stücken erzählte Hoffmann wie gewohnt immer wieder aus seinem Leben, von früher, seiner Kindheit und Zeiten des Aufbruchs. Auch wenn mal negative Momente wie der früh erlebte Tod des Vaters thematisiert wurden, standen humorvolle Einwürfe im Mittelpunkt des Gesagten, wenn er mehrfach ansprach, dass er fantastisch aussah, dass Nachkriegsunterwäsche ihn belastet habe und dass er sich fühlte wie eine Mischung aus Yves Montand und Hildegard Knef. Eine Reise nach Italien mit seinem tollen Obst und Gesang sei wunderbar gewesen, und auch wenn es dann mal mit Inis eine Liebschaft gab, sei er in den 60ern mit Gitarre losgezogen, um vor Mädchen zu singen, am liebsten großen Mädchen. Mit seinen sympathischen, wohl akzentuierten und pointierten Anekdoten sorgte der immer sympathisch und geerdet wirkende Klaus für jede Menge Lacher, wie auch mit der Erkenntnis, dass nun das Alter zugeschlagen habe, mit knackende Knochen – “ich wachse vielleicht noch” – und der Überlegung, dass sich ein Trenchcoat-Kauf doch vielleicht nicht mehr lohnen würde “in der Blüte meiner Arterienverkalkung”.

Das Leverkusener Publikum, das er augenzwinkernd als jung, reich und schön bezeichnete, hatte jede Menge Spaß. Nach einer 30-minütigen Pause folgte der zweite, ebenfalls wieder etwa einstündige Teil des Konzerts. Mit “Und ich weiß nicht, ob’s vorbei ist”, “Ich würd es wieder tun” und dem Titelsong “Septemberherz”, bei dem er Texthänger ehrlich und locker wegkommentierte, gab es erneut drei Stücke vom im Fokus stehenden letzten Album, dazu weitere Klassiker wie “Wegen dir” (1993), dem seiner Frau gewidmeten “Wenn Malene träumt” (2000), “Ich hab’s gewusst” (1993) oder nochmal Brel mit “Bitte geh nicht fort”.

Zwischendurch gab es weitere Erinnerungen, zum Beispiel vom einstigen Aufbruch nach Goa mit dem Käfer des Stiefvaters, und Kommentare zur eigenen Befindlichkeit, die natürlich auch gut zum im fortgeschrittenen Alter angerückten Publikum passten, über das Äterwerden und Vergänglichkeit, über den Besuch beim Urologen, das Beobachten nackter Greise am Strand, und über den Wunsch, nur niemals ins Heim zu müssen. Und klang die Gitarre mal verstimmt, wurde das auch einfach ins Lied eingebaut. Die Stimmung im Saal war weiter hervorragend, und die Interaktion mit den BesucherInnen wurde nun sogar noch etwas intensiviert. Bei “Treppe ruf, Treppe runter” (1998) ging Hoffmann durch die ersten Reihen, um Frisuren zu inspizieren und kommentieren, und das wunderbare “Derselbe Mond über Berlin” (1989) spickte er mit spaßigen Spitzen über die Mitsingkünste der BesucherInnen. Nach einigen Takten des schmissigen “Schisslaweng” (1998) beendeten Hoffmann, der gewohnt gut sang und ebenso gekonnt an der akustischen Gitarre agierte, und der ihn mit Pianospiel wie auch Flächen und Melodien vom Keyboard optimal unterstützende Hawo Bleich einen weiteren bestens gelungenen Konzertabend mit “Mein Weg ist mein Weg”.

Das kommende Album übrigens erwähnte Klaus mit keiner Silbe, doch sein Publikum, welches nach reichlich Applaus zufrieden nach Hause ging, wird es sowieso kaufen – und es lohnt sich auch wieder, so viel können wir schon verraten. Mehr mehr über die neue Scheibe erfahren möchte, findet in Kürze nicht nur eine Rezension bei uns, sondern auch das allererste Interview zu “Flügel”, welches wir vor dem Konzert in Leverkusen mit dem sympathischen Liedermacher führten.

Hier die letzten Termine von Klaus Hoffmanns “Septemberherz”-Tour, jeweils begleitet von Hawo Bleich am Flügel:

27.10.2023 München, Lustpielhaus
16.11.2023 Pforzheim, Kulturhaus Osterfeld (Ersatztermin für 20.04.23)
17.11.2023 Baden-Baden, Kurhaus Baden-Baden (Ersatztermin für 19.04.23)
18.11.2023 Mainz, Frankfurter Hof
26.11.2023 Berlin, Bar Jeder Vernunft

Zusätzlich gibt Klaus Hoffmann, ebenfalls begleitet von Hawo Bleich am Flügel, unter dem Motto “Ein Nachmittag mit Klaus Hoffmann” noch ein Silvesterkonzert am 31. Dezember 2023 um 15 Uhr in Berlin in der Komödie am Kudamm im Theater am Potsdamer Platz, bei dem er “aus seinen schönsten Liedern” singt.

Die Setlist aus Leverkusen (mit dem jeweiligen Albumtitel und Jahr):

Da wird eine Insel sein (“Insellieder”, 2002)
In meinem Kiez (“Sänger”, 1993)
Die Zeit gehört den Zärtlichen (“Septemberherz”, 2020)
Wenn du mich suchst (“Leise Zeichen”, 2016)
Die Zeit gehört den Zärtlichen (“Septemberherz”, 2020)
Was gut ist und was nicht (“Aquamarin”, 2018)
Weil du nicht bist wie alle andern (“Westend”, 1979)
Berliner Sonntag (“Berliner Sonntag”, 2012)
Wie sich Flügel drehn im Wind (“Septemberherz”, 2020)
Marieke (“Klaus Hoffmann singt Brel”, 1997)
Was sie trugen (“Septemberherz”, 2020)
Kann nicht verzeihen (“Ciao Bella”, 1983)
Amsterdam (“Ich will Gesang, will Spiel und Tanz”, 1989)

(Pause)

Wegen dir (“Sänger”, 1993)
Treppe ruf, Treppe runter (“Berlin”, 1998)
Ich hatte mir die Nacht mit dir ganz anders vorgestellt (“Aquamarin”, 2018)
Wenn Malene träumt (“Melancholia”, 2000)
Bitte geh nicht fort (“Klaus Hoffmann singt Brel”, 1997)
Musik der Straße (“Spirit”, 2008)
Ich hab’s gewusst (“Sänger”, 1993)
Gib nicht auf (“Von dieser Welt”, 2005)
Und ich weiß nicht, ob’s vorbei ist (“Septemberherz”, 2020)
Ich würd es wieder tun (“Septemberherz”, 2020)
Septemberherz (“Septemberherz”, 2020)
Derselbe Mond über Berlin (“Es muß aus Liebe sein”, 1989)
Schisslaweng (“Berlin”, 1998)
Mein Weg ist mein Weg (“Klaus Hoffmann”, 1987)

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Links:
Website von Klaus Hoffmann
Website des Scala in Leverkusen

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