Auf Grundlage von Victor Hugos 1862 veröffentlichtem Roman ist das Musical “Les Misérables” zu einem der großen Klassiker des Genres geworden. Unser Bericht zur Inszenierung in Berlin ist in vier Seiten unterteilt:
>> Geschichte des Musicals
Details zum Musical
Kritik zur Vorstellung am 28. Dezember 2003
Theater und Anfahrt
Die Geschichte des Musicals
Vorlage für das Musical war Victor Hugos 1862 veröffentlichter Roman “Les Misérables”, der mit seiner melodramatischen Ereignisfolge vor historischem Hintergrund immer schon zu Adaptionen angeregt hat.
Drehbuchautoren und Regisseure ließen sich von dem Stoff inspirieren, aber auch Puccini und andere Komponisten des 19. Jahrhunderts haben darüber nachgedacht, aus “Les Misérables” ein Stück Musiktheater zu machen. Erst 120 Jahre später, als der Franzose Alain Boublil das britische Musical “Oliver!”, das auf einem Roman von Charles Dickens beruht, in London gesehen hatte, entschieden sich er und sein Kollege Claude-Michel Schönberg, “Les Misérables” als Musical auf die Bühne zu bringen. Und es wurde genauso erfolgreich wie der Roman, auf dem es beruht.
Um den Stoff für die Bühne adaptieren zu können, arbeiteten die Autoren sorgfältig die Charaktere und Handlungsstränge heraus, die die Geschichte vorantrieben. Schönberg sagte über diese Arbeit: “Man muss das Buch einfach lieben. Es ist wie ein Strom – man hat das Gefühl, mit dem Strom ins Meer zu fließen. Als ich das Buch las, hörte ich bereits die Musik.”
Von dem 1980 veröffentlichten Doppelalbum “Les Misérables” wurden eine Viertelmillion Platten verkauft. Boublil und Schönberg legten damit den Grundstein für den Siegeszug der Produktion durch die ganze Welt. Der nächste Schritt auf diesem Weg war eine zweistündige Bühnenshow im Pariser Palais des Sports, die eine halbe Million Zuschauer hatte.
1982 machte Peter Farago, ein junger Regisseur, den englischen Produzenten Cameron Mackintosh auf das Album der beiden Franzosen aufmerksam. Mackintosh hatte sich bereits einen Namen mit der Produktion von Inszenierungen wie “My Fair Lady”, “Oklahoma”, “Oliver!”, “Side By Side”, “Little Shop Of Horrors” und dem internationalen Hit “Cats” gemacht. Unter Insidern galt er als jemand, der sich auch an schwierige Projekte heranwagte.
Überzeugt von Stoff und Musik, bat er den Theaterkritiker James Fenton darum, die englische Version des Stückes gemeinsam mit Boublil und Schönberg zu erarbeiten. Mackintosh verpflichtete Trevor Nunn für die Regie, der durchsetzte, dass John Caird Co-Regisseur wurde und die Premiere von “Les Misérables” im Londoner Barbican Theatre unter der Schirmherrschaft der Royal Shakespeare Company stattfinden solle.
Herbert Kretzmer, der für James Fenton als Librettist kam, kommentierte die Arbeit am Text so: “Woran ich arbeitete konnte man auf keinen Fall eine Übersetzung nennen, … Ein Drittel der Arbeit bestand aus reiner Übersetzung, ein weiteres Drittel war freie Adaption und der andere Teil bestand daraus, komplett neue Songs zu schreiben.”
Caird erzählte später: “Wir betrachteten die Arbeit von Anfang an als ein schwieriges Unterfangen, denn wir wussten, dass die einzige Herangehensweise sein konnte, uns Victor Hugos Roman vorzunehmen und neu anzufangen. Wir entschieden uns dazu, das Elend, das Hugo in seinem Buch beschreibt, in den Mittelpunkt der Geschichte zu stellen, um so auch seiner Entrüstung darüber Ausdruck zu geben.”
Nunn sagte über seine Arbeit: “Ich habe mich an den Stoff herangetastet als würde ich an einem Stück von Tschechow oder Shakespeare arbeiten.”
Über den Prozess des Schreibens berichtet Boublil: “Es war eine wunderbare Zusammenarbeit. Nicht nur während des Prozess des Schreibens, auch beim Casting. Wir waren ein neuartiges Autorenteam und wir kreierten eine noch nie da gewesene Show.”
Die Premiere im Barbican Theatre in den Hallen der Royal Shakespeare Company am 8.Oktober 1985 wurde vom Publikum enthusiastisch gefeiert und die dortige Vorstellungsserie war komplett ausverkauft. Im Dezember 1985 zog die Show ins Palace Theatre um, wo sie immer noch läuft. Die US-Premiere fand im Dezember 1986 im Kennedy Center statt. Die Broadway Premiere war am 12. März 1987.
Die Deutsche Erstaufführung fand am 15. September 1988 im Raimundtheater der Vereinigten Bühnen Wien statt. Vom 26. Januar 1996 an wurde “Les Misérables” fast vier Jahre lang in Duisburg gespielt. Am 26. September 2003 schließlich feierte “Les Misérables” seine Premiere im Theater des Westens in Berlin.
Seit der Welturaufführung wurde die Show in 38 Ländern präsentiert. Dazu zählen: Argentinien, Australien, Belgien, Brasilien, Dänemark, Deutschland, England, Estland, Finnland, Frankreich, Hongkong, Irland, Island, Israel, Japan, Kanada, Korea, Mexiko, Neuseeland, Niederlande, Nord-Irland, Norwegen, Österreich, Philippinen, Polen, Schottland, Schweden, Singapur, Spanien, Südafrika, Tschechien, Ungarn, USA, Wales und China. Im Juni 2002 gastierte die US-Tourneeproduktion in Shanghai und war damit die erste Broadway/Westend Show, die jemals in China zu sehen war.
In 21 Sprachen wurde die Show gezeigt: Argentinisch, dänisch, deutsch, englisch, estnisch, finnisch, flämisch, französisch, hebräisch, isländisch, japanisch, kastilisch, kreolisch, mauretanisch, mexikanisches spanisch, niederländisch, norwegisch, polnisch, portugiesisch, schwedisch, tschechisch und ungarisch.
In 213 Städten hat es über 36.000 Vorstellungen mit über 50 Millionen Zuschauern gegeben.
“Les Misérables” erhielt zahlreiche Auszeichnungen. Die Show hat über 50 internationale Preise gewonnen, darunter sind zwei Grammy- und acht Tony-Awards (unter anderem für das beste Musical).