Baby to go
Darsteller: Emilia Clarke, Chiwetel Ejiofor, Rosalie Craig, Vinette Robinson
Regie: Sophie Barthes
Dauer: 110 Minuten
FSK: freigegeben ab 12 Jahren
Website: splendid-film.de/baby-to-go
Facebook: facebook.com/splendidfilm
Kinostart: 11. Januar 2024
Dümmer als mit „Baby to go“ konnte man den deutschen Verleihtitel für Sophie Barthes‘ im Original überaus treffend „The Pod Generation“ genanntes Science-Fiction-Drama kaum wählen. Denn der Titel suggeriert uns wohl eher eine Komödie mit überschaubarem Niveau als ein anspruchsvolles Werk und wird damit Barthes‘ gesellschaftskritischem Film nicht im Entferntesten gerecht. Die präsentiert uns hier ein futuristisches New York der nicht allzu fernen Zukunft, in dem die Künstliche Intelligenz längst Einzug in den Alltag gehalten hat.
Rachel (Emilia Clarke) und ihrem Mann Alvy (Cihiwetel Ejiofor) wird da schon kurz nach dem Aufstehen mittels Biodatenanalyse von der aufdringlich-angenehmen Off-Stimme die zur jeweiligen Laune und Agenda passende Kleidung oder gar Verhaltensweise ans Herz gelegt. Das kann man wie Rachel als willkommene Unterstützung oder aber wie der weitaus skeptischere Alvy schon morgens einigermaßen genervt als unnötige Bevormundung empfinden. Schön macht jedenfalls Regisseurin und Drehbuchautorin Barthes anhand ihres Pärchens gleich eingangs den Konflikt deutlich, in den sich die Zivilisation mit ihrer immer technologisierter werdenden Welt manövriert hat. Und so weit hergeholt ist ihr Szenario zugegebenermaßen gar nicht, betrachtet man die rasante Entwicklung von KI und ihren schon jetzt enormen Einfluss auf das Leben vieler Menschen.
Ob man sich dem komplett ergeben muss wie die technologieaffine Accountmanagerin Rachel, steht auf einem ganz anderen Blatt. Schließlich kämpft der altmodische Botaniker Alvy mit Händen und Füßen für den Erhalt jeder Natürlichkeit, selbst wenn auch er sich dem Fortschritt nicht entziehen kann. Obwohl sich Barthes bei der Vorstellung ihrer Figuren nicht direkt positioniert, so schafft sie doch mit ihren weichgezeichneten Pastelltönen und einigen wirklich witzigen technischen Gimmicks eine künstliche, fast sterile Atmosphäre, die einem alles andere als erstrebenswert vorkommt und so sofort deutlich mehr Sympathien für Alvy weckt als für Rachel. Die opfert ihr ganzes Leben dem Fortschritt, tut für die Karriere im Tech-Multikonzern alles und nimmt auch in der Wohnung gern die Leistungen der kleinen elektronischen Hilfen in Anspruch, die ihr allerdings am Arbeitsplatz schnell auf die Füße fallen.
Da fragt man sich aber schon, wie um alles in der Welt aus Rachel und Alvy jemals ein Paar werden konnte, so unterschiedlich sind doch ihre Lebenseinstellungen. Für die Dramaturgie des Films jedoch ist dieser Gegensatz natürlich essenziell, also nehmen wir das anhand anderer Attraktion zueinander einfach mal hin. Und doch wird ihre Ehe bald auf eine harte Probe gestellt, als Rachel hinter Alvys Rücken einen der begehrten Plätze im Womb-Center bucht, das sich auf outgesourcte Schwangerschaften spezialisiert hat. Hier werden Embryos praktisch im externen Uterus, dem eiförmigen Plastik-Pod, gänzlich ohne Belastung der Mutter und Einschränkungen im Alltag von Hightech optimiert bis zur Geburt entwickelt.
Und schon sind wir mittendrin in der interessanten Diskussion ethischer Fragen, die sich nicht nur Rachel und Alvy stellen lassen müssen, sondern die von Anfang an im Vordergrund des Bildes stehen, welches die Regisseurin zeitweise angenehm augenzwinkernd von der nahen Zukunft malt. Wieviel Natur sind wir bereit für die Bequemlichkeit zu opfern, und vor allem wie definieren wir Lebensqualität in einer Welt, in der uns die Technik langsam immer mehr abnimmt? Rachel und Alvy jedenfalls bewegen sich als werdende Eltern erstaunlich schnell aufeinander zu. Aber genauso wenig, wie man die Wandlung des Ökofreaks Alvy zum Vorzeige-Pod-Papa nachvollziehen kann, erklärt sich die plötzlich einsetzende Skepsis der Pod-Enthusiastin Rachel.
Das nimmt dem vom Ansatz her fein erdachten Drama trotz schön gezeichneter Figuren gewaltig den Wind aus den Segeln, als man sich gerade von den fast sarkastischen Einfällen während der Pod-Schwangerschaft bestens unterhalten fühlte. So fehlt Barthes‘ durchaus spannender, ständig zwischen Utopie und Dystopie schwankender Auseinandersetzung mit der Entwicklung von Technologie nicht nur der letzte Biss sondern letztendlich auch die überzeugende Plausibilität, auch wenn die Beschäftigung mit ihrem äußerst realistischen Zukunftsszenario wirklich Spaß macht.
Trailer:
Bewertung: 7 von 10 Punkten