Home Film “Niemals allein, immer zusammen” – ermutigende Doku über Berliner Linksaktivismus in schwierigen Zeiten

“Niemals allein, immer zusammen” – ermutigende Doku über Berliner Linksaktivismus in schwierigen Zeiten

Autor: Mick

"Niemals allein, immer zusammen" Filmplakat (© Neue Visionen Filmverleih GmbH)

Niemals allein, immer zusammen

Dokumentarfilm
Regie: Joana Georgi
Dauer: 90 Minuten
FSK: freigegeben ab 12 Jahren
Website: www.neuevisionen.de/de/filme/niemals-allein-immer-zusammen-145
Facebook: facebook.com/neuevisionenfilmverleihgmbh
Kinostart: 13. Juni 2024


Die Zeiten sozialen Zusammenhalts sind lange vorbei, und die viel zitierte Schere zwischen Arm und Reich öffnet sich gefühlt mit rasender Geschwindigkeit. Nicht zuletzt die Ergebnisse der Europawahl haben gezeigt, dass länderübergreifend viele ihr Vertrauen in die Regierung verloren haben und jetzt ihr Heil im rechtskonservativen oder gar -extremistischen Spektrum suchen. Zugegebenermaßen sind die Probleme gerade in Ballungsräumen wie Berlin mannigfaltig, reichen von akuter Wohnungsnot und damit verbundener Gentrifizierung über massive Einsparungen bei gesellschaftlich wichtigen Projekten bis zum sozialen Abstieg weiter Teile der Bevölkerung. Umso wichtiger, dass jetzt die Filmemacherin Joana Georgi mit ihrem Dokumentarfilm „Niemals allein, immer zusammen“, in dem sie fünf Berliner Aktivist:innen durch ihren Alltag begleitet, all jenen Mut macht, die die Hoffnung auf eine gerechtere Welt noch nicht verloren haben.

Als Erzählerin, die mit ihren Kommentaren aus dem Off die Handlung im Folgenden begleiten soll, wählt sie dabei Feline, alleinerziehende Mutter einer Tochter und selbsternannte Linksradikale. Und die lässt uns gleich in der Eingangssequenz belustigt schmunzeln, wenn eine Unterhaltung zwischen ihr und ihrer kleinen Tochter mit linken Parolen dezent indoktrinierende Züge annimmt. Und doch haben anschließend ihre Erklärungen zu den gemeinsamen Vorbereitungen für den Jahrestag des grausamen, rechtsradikalen Anschlags von Hanau durchaus Hand und Fuß, strahlen mit ihren kindgerechten Erläuterungen warme Empathie aus und machen uns den Einstieg in Georgis Dokumentation wirklich leicht.

Die weiteren handelnden Personen, entweder schon vorher befreundet oder durch das gemeinsame Filmprojekt im Jahr 2022 zusammengewachsen, sind Quang, Pressesprecher der Klimabewegung „Fridays for Future“, Patricia, aktiv bei der Kampagne „Deutsche Wohnen & Co Enteignen“ und Mitarbeiterin des Neuköllner Linken-Parteibüros, Zaza, gewerkschaftlich engagierter Krankenpflege-Azubi und nicht zuletzt Simin, Politikwissenschaftsstudentin und passionierte Rednerin immer hart an der Grenze zur Demagogie. So unterschiedlich ihre primären Ziele auch sein mögen, sie alle eint, dass sie für eine gerechtere Gesellschaft eintreten und für ihre Sache innerhalb der verschiedenen Bereiche brennen.

"Niemals allein, immer zusammen" Szenenbild (© Neue Visionen Filmverleih GmbH)

Aufbruchstimmung: Quang, Simin, Zaza und Patricia (v.l.n.r.) verbreiten ihre politische Botschaft mit guter Laune und ungebrochenem Optimismus.
(© Neue Visionen Filmverleih GmbH)

Das kann man abschätzig als blauäugigen Linksaktivismus bezeichnen, letztendlich aber legt die Regisseurin nur den Finger in klaffende Wunden, die bestimmt nicht durch linke Politik geschlagen wurden. Ob nun der fortschreitende Klimawandel, die explodierenden Mieten, unhaltbare Zustände in der Krankenpflege oder rassistisch motivierte Gewalt, das alles sind Folgen jahrzehntelangen Neoliberalismus‘, die sie allein durch die unterschiedlichen Aktionen ihrer Hauptpersonen thematisiert. Die sehen wir, wie sie Schilder für Demos malen, erstaunlich professionell an ihren Social-Media-Auftritten feilen oder aber ganz simpel die nächste Rede vorbereiten. Die Kamera ist immer dabei, bleibt nahe dran an den Fünfen, denen Georgi jeweils ein Teilstück ihres Streifens widmet, und die bei allen sie unmittelbar betreffenden Missständen fast nie ihre Fröhlichkeit verlieren.

Natürlich sind deren Anliegen allesamt politisch motiviert, und natürlich bleiben beim Begleiten durch ihren Alltag auch politische Diskussionen nicht aus, an einer expliziten Auseinandersetzung mit den Themen jedoch ist der Regisseurin nicht gelegen. Vielmehr lenkt sie ihren Fokus auf die Darstellung des unermüdlichen Engagements ihrer Protagonist:innen und deren ungebrochenen Willen beim Kampf für eine gesellschaftliche Veränderung. Die sind mal mehr und mal weniger sympathisch und begeistern mit ihren Auftritten, von denen die polemische aber enorm leidenschaftliche Rede Simins sicherlich am meisten polarisiert und den emotionalen Höhepunkt des Films bildet, dementsprechend auch mal mehr und mal weniger.

Alle aber machen sich für eine gute Sache stark, und auch wenn man sich von Georgis Doku eine tiefere Beschäftigung mit den vertretenen politischen Positionen gewünscht hätte, so zeigt sie uns doch wunderbar den trotz aller Widerstände unerschütterlichen Optimismus ihrer Aktivist:innen, der sich vor allem, wie der Titel verrät, aus ihrem gemeinschaftlichen Einsatz speist. Damit zollt sie nicht nur ihnen höchsten Respekt, sondern entlässt auch uns ungemein ermutigt aus dem Kino. Wir sind nicht allein!

Trailer:

Bewertung: 6 von 10 Punkten

 

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