Born to Be Wild – Eine Band Namens Steppenwolf
Dokumentation
Regie: Oliver Schwehm
Dauer: 97 Minuten
FSK: freigegeben ab 12 Jahren
Website: www.mfa-film.de/kino/id/born-to-be-wild-eine-band-namens-steppenwolf
Facebook: facebook.com/mfa.filmdistribution
Kinostart: 4. Juli 2024
„Get your motor runnin‘, head out on the highway” – fast jeder Musikliebhaber kann sie wohl mitsingen, die ersten Zeilen der Rockhymne „Born to Be Wild“, mit der die amerikanische Band Steppenwolf Legendenstatus erreicht hat. Dokumentarfilmer Oliver Schwehm („Cinema Perverso“, „Milli Vanilli: From Fame to Shame“) blickt mit seinem neuen Werk „Born to Be Wild – Eine Band namens Steppenwolf“ auf die Historie der stilprägenden Combo, deren Musik mit dem Auslaufen der Hippie-Bewegung Ende der 60er Jahre zum Soundtrack einer ganzen Generation wurde.
Als Pfeiler seines Films konnte er Spiritus Rector John Kay und Bassist Nick St. Nicholas gewinnen, die er vom Start weg ihre eigene Geschichte erzählen lässt und sich dabei nicht nur seiner eigenen Interviewsequenzen sondern ebenso seltener Archivbilder bedient. Eine ganz besondere Perle bildet hier das von Nick damals höchstselbst gedrehte Super-8-Material, mit dem uns Schwehm den Einstieg in seine Doku wirklich leicht macht und vor allem unsere Neugier weckt, auch wenn wir mit den Grundzügen der Bandentwicklung schon vertraut sein sollten.
Die nimmt ihren Anfang kurioserweise in Deutschland, wo John, gebürtig Joachim-Fritz Krauledat, als ostpreußischer Kriegsflüchtling seine Jugend im thüringischen Arnstadt sowie Hannover verbringt. Grund genug für den Regisseur eigens für den hiesigen Markt eine deutsche Kinofassung an den Start zu bringen, in der er John in seinem immer noch hervorragenden Deutsch zu Wort kommen lässt und so augenblicklich eine ungeheure Verbundenheit mit dem Sympathen herstellt. Den verschlägt es anschließend mit seiner Familie nach Toronto, wo er schnell seinen für den gemeinen Angloamerikaner unaussprechlichen Namen ändert und auch seine Leidenschaft für die Musik entdeckt.
Er sucht nach Verstärkung und findet im alternativen Underground Torontos mit dem ebenfalls deutschstämmigen Nick, geboren als Karl Klaus Kassbaum und so mit dem Kürzel KKK kaum tragbar, einen Mitstreiter, der zu ihm passt wie ein Schuh zum anderen. Aus ihrem ersten Projekt entsteht eine Hardrockband, die den Hippiesound der 60er Jahre mit Härte vertreiben soll und passend dazu nach Hermann Hesses gerade in der Szene gefeierten, weil so skandalumwitterten, Roman provokativ „Steppenwolf“ genannt wird. Eine Einführung in die Bandgeschichte, die detailreicher kaum sein könnte und schon da mit einigen humorvollen Anekdoten aufwartet. Die bringen uns, besonders wenn sie von John auf Deutsch erzählt werden, dann auch ein ums andere Mal zum Schmunzeln.
Es ist gerade dieses Insiderwissen, das Schwehms ansonsten weitgehend konservativ chronologisch aufgebaute Doku auszeichnet und so unterhaltsam macht. Dabei tut er gut daran, seinen beiden Haupterzählern besonderes Augenmerk zu schenken und zunächst ihren persönlichen Hintergrund zu beleuchten, bevor er ihre aufschlussreichen Schilderungen mit entsprechenden Originalaufnahmen montiert. Das zeigt uns die Entwicklung der legendären Band nicht nur aus verschiedenen Blickwinkeln, sondern sorgt bei den Erzählungen obendrein für eine ungemeine Nähe, die eine Einordnung der Ereignisse nicht schwierig macht.
So räumt der Streifen sogar mit einigen Mythen auf, die sich um Steppenwolf ranken und sich bis heute hartnäckig halten. Denn anders als das Image, das sich mit ihrem ungewohnten hammerharten Sound und den dazu passenden finsteren Rocker-Fotos nach ihrem Umzug nach L. A. etabliert, sind die Jungs keineswegs kalifornische Outlaws von der Straße, mit denen nicht zu spaßen ist, sondern vielmehr gebildete Musikliebhaber, die ihr Glück mit einem neuen Stil in Kalifornien suchen. Der allerdings trifft den Zeitgeist am Ende der Hippieära haargenau, sorgt in Synergie mit Dennis Hoppers Motorrad-Roadmovie „Easy Rider“, zu dem er 1969 den Soundtrack liefert, für eine Popularität, die die Band zu einer Ikone der Musikgeschichte werden lässt.
Der setzt Oliver Schwehm mit seinem Film hier ein Denkmal, bietet uns Informationen, die enorm bereichern und macht mit seiner Nähe zu den Protagonisten seine Doku ungemein kurzweilig. Und selbst wenn die Bandgeschichte selbst nach dem Zenit des Erfolgs mit den üblichen Querelen im Drogensumpf nicht viel Außergewöhnliches bietet, so macht Schwehm doch deutlich, wie sehr die Kultformation rund um den charismatischen Frontmann Kay den Anfang der 70er geprägt hat. Und nicht zuletzt bekommen wir auch noch die verschollen geglaubte erste Demo-Aufnahme von „Born to Be Wild“ zu hören, womit der Regisseur sogar die Bandmitglieder überrascht.
Trailer:
Bewertung: 7 von 10 Punkten