I.S.S.
Darsteller: Ariana DeBose, Chris Messina, Masha Mashkova, John Gallagher Jr.
Regie: Gabriela Cowperthwaite
Dauer: 95 Minuten
FSK: freigegeben ab 12 Jahren
Website: www.upig.de/micro/i-s-s
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Kinostart: 18. Juli 2024
Der Kalte Krieg zwischen den beiden Supermächten USA und Sowjetunion respektive deren Verbündeten, der mit seiner atomaren Bedrohung über Jahrzehnte die Weltpolitik bestimmte, ist lange vorbei. Und die sich Ende des letzten Jahrhunderts etablierende, weitaus entspanntere neue Weltordnung machte dann Gott sei Dank auch wissenschaftliche Kooperationsprojekte wieder möglich, für die die internationale Raumstation ISS sicherlich ein Paradebeispiel darstellt. Was aber, wenn die Konflikte, von denen es auf der Erde momentan weiß Gott genügend gibt, plötzlich wieder eskalieren? Diesem Gedankenexperiment gibt sich Regisseurin Gabriela Coperthwaite in ihrem neuen Weltraum-Thriller „I.S.S.“ hin und erfindet dabei ein Szenario, das bei allen Krisenherden auf der Welt gar nicht mal so undenkbar erscheint und für sie sogar Zweifel am jetzigen Starttermin hervorriefen.
Bei ihr ist die ISS ausgeglichen mit drei Russen und drei US-Amerikanern besetzt, nachdem die NASA-Astronauten Kira (Ariana DeBose) und Christian (John Gallagher Jr.) das Team im All komplettiert haben. Abgesehen von verschiedenstaatlich sanktionierten Forschungsprojekten scheint zwischenmenschlich auch nationenübergreifend alles bestens zu sein, und passend zur gelösten Stimmung an Bord werden die beiden Neuankömmlinge dann auch gebührend empfangen. Doch schon beim feuchtfröhlichen Beisammensein zur Vereinigungshymne „Wind of Change“ sind durch unterschiedliche Sozialisation bedingte erste Misstöne zu vernehmen, denn bekanntlich sagen ja Kinder und Besoffene immer die Wahrheit.
Kein schlechter Ansatz jedenfalls, das so harmonische Miteinander in der Raumstation mit ersten Rissen zu versehen und so unsere Aufmerksamkeit für eventuelle Dissonanzen im Team zu triggern. Und bei denen soll es bei weitem nicht bleiben, denn schon kurze Zeit später sieht die Besatzung aus ihrer sicheren Entfernung, wie offensichtlich thermonukleare Explosionen den halben Erdball in Schutt und Asche legen, was außer totalem Entsetzen vor allem größeren Informationsbedarf hervorruft. Bald haben sie Gewissheit, dass es sich tatsächlich um eine kriegerische Auseinandersetzung handelt, und bevor die Verbindung zum Heimatplaneten endgültig abreißt, bekommt zumindest US-Missionsleiter Gordon (Chris Messina) von der Regierung noch den Auftrag, wegen der russischen Aggression unbedingt Kontrolle über die ISS zu erlangen.
Und schon ist er wieder da, der überwunden geglaubte Kalte Krieg. Diesmal auch noch auf dem begrenzten Raum der engen Raumstation, wo Kooperation unabdingbar und Privatsphäre kaum gegeben ist. Haben sich die Forscher:innen gerade noch einträchtig in den Armen gelegen, ist es jetzt fast mit Händen zu greifen, das Misstrauen, nachdem Gordon seine amerikanischen Mitstreiter auf den neusten Stand gebracht hat. Das inszeniert Coperthwaite genauso behutsam wie eindrücklich, lässt uns augenblicklich die Beklemmung und Ungewissheit spüren, die sich nach dem offensichtlichen Armageddon auf der Erde einstellt und die plötzlich die gesamte Mission in Frage stellt.
Darauf baut die Regisseurin ihren Thriller geschickt auf, macht die Psychospielchen an Bord der Raumstation zum zentralen Element, die die Situation langsam eskalieren lassen und erste Opfer fordern. Denn selbstverständlich sind auch die Russen entsprechend gebrieft worden, und Anführer Nicholai (Costa Ronin) erweist sich dabei als genauso linientreu wie skrupellos. Was so uneingeschränkt für den Rest der Besatzung nicht gilt, hat sich doch mit Weronika (Masha Mashkova) und Gordon inzwischen sogar ein russisch-amerikanisches Liebespaar gebildet, das ihre Gefühle füreinander über die Befehle stellt.
Es sind genau diese interessanten ethischen Fragen, die den Film in Kombination mit seinem psychologischen Ansatz so attraktiv machen und ihn zum Ende hin mit dem fraglichen Überleben der Menschheit sogar philosophisch werden lassen. Dabei wirkt gerade die – während der physisch anspruchsvollen Dreharbeiten hauptsächlich mit Hängegurten simulierte – Schwerelosigkeit beeindruckend realistisch und nimmt uns begleitet von durchweg authentischen Schauspielleistungen mit auf die ISS im Krisenmodus. Und auch wenn sich der Überlebenskampf in der Raumstation zwischenzeitlich recht vorhersehbar ein wenig im Kreis dreht, bietet der anspruchsvolle Science-Fiction-Thriller mit seinen stimmigen Bildern doch ausreichend spannende Kinounterhaltung.
Trailer:
Bewertung: 7 von 10 Punkten