Home Film “Hagen – Im Tal der Nibelungen” – ein interessanter Perspektivwechsel, aber selten fesselnd

“Hagen – Im Tal der Nibelungen” – ein interessanter Perspektivwechsel, aber selten fesselnd

Autor: Tobi

"Hagen – Im Tal der Nibelungen" Filmplakat (© Constantin Film Verleih)

Hagen – Im Tal der Nibelungen

Darsteller: Gijs Naber, Jannis Niewöhner, Dominic Marcus Singer, Lilja van der Zwaag
Regie: Cyrill Boss, Philipp Stennert
Dauer: 133 Minuten
FSK: freigegeben ab 12 Jahren
Website: constantin.film/kino/hagen
Facebook: facebook.com/constantinfilm
Instagram: instagram.com/constantinfilm
Kinostart: 17. Oktober 2024


Um das zum UNESCO-Welterbe gehörende Nibelungenlied als bekannteste Niederschrift der in verschiedenen Fassungen existierenden Nibelungensage gab es in der Vergangenheit schon einige Filme, was sich bei einem mittelalterlichen Epos mit guten wie bösen Charakteren, einem Kampf gegen Drachen, einem Schatz, Zwerg Alberich mit seinem Tarnmantel und natürlich auch einiger Liebesthematik natürlich anbot. Am erfolgreichsten und auch besten war Fritz Langs zweiteilige Stummfilmversion “Die Nibelungen” aus dem Jahr 1924, und zuletzt gab es den gleich betitelten, durchaus ordentlichen Fernseh-Zweiteiler von Uli Edel in 2004 und ein Jahr später im Kino die ebenso überflüssige wie dümmliche Persiflage “Siegfried” mit Komiker Tom Gerhardt in der Titelrolle. Nun wird 100 Jahre nach Fritz Langs Klassiker ein anderer Blick auf die Sage geworfen und der Fokus etwas verschoben, wie schon der Titel “Hagen – Im Tal der Nibelungen” vermuten lässt, basierend auf Wolfgang Hohlbeins Roman “Hagen von Tronje”.

Im Zentrum des Films steht also mal nicht Siegfried, sondern besagter Hagen von Tronje (Gijs Naber), der als Waffenmeister im nicht gerade seine besten Zeiten durchlebenden Königshaus von Burgund ein Fels in der Brandung ist, immer professionell agierend und loyal zu König Dankrat (Jörg Hartmann), weshalb er auch seine schon lange vorhandenen Gefühle für dessen hübsche Tochter Kriemhild (Lilja van der Zwaag) unterdrückt. Dann aber kommt es zur Schlacht mit den Hunnen und der hierbei mutig mitkämpfende König stirbt, was Hagen nicht verhindern kann. Fortan verfolgen ihn nicht nur dunkle Schatten aus seiner Vergangenheit, die er immer wieder verdrängen muss, sondern auch schwere Schuldgefühle.

Nach Hagens Heimkehr in die Hauptstadt Worms  mit einem kläglichen Restheer übernimmt hier dann Dankrats zwischen Naivität, Übermut und Größenwahn schwankender Sohn Gunter (Dominic Marcus Singer) die Regentschaft, der ohne Erfahrung aber ins offene Messer zu rennen gedenkt und Burgund noch angreifbarer zu machen scheint. Auf Hagen aber will er nicht hören, sondern setzt eher auf den mit seiner Truppe gerade am Hofe gastierenden, unverschämt, ungehobelt und selbstverliebt auftretenden Siegfried von Xanten (Jannis Niewöhner), der als kühner Drachentöter Bekanntheit erlangte und nach einem Bad im Drachenblut als unbesiegbar gilt. Als Dank für seine Unterstützung verspricht ihm Gunter die Hand seiner Schwester Kriemhild, die nicht einmal abgeneigt ist, was den nächste Nackenschlag für Hagen bedeutet. Und dann will Gunter selbst auch noch die legendär gefährliche Walküre Brunhild (Rosalinde Mynster) zur Frau nehmen, die in Island erst einmal hiervon überzeugt werden muss, woraufhin sich Hagen und Siegfried mit ihm auf den Weg dorthin machen.

"Hagen – Im Tal der Nibelungen" Szenenbild (© Constantin Film Verleih)

Siegfried (Jannis Niewöhner) und Hagen (Gijs Naber) begleiten Gunter (Dominic Marcus Singer) auf der gefährlichen Reise nach Isenland.
(© Constantin Film Verleih)

Das Regie-Duo Cyrill Boss und Philipp Stennert hat in der Vergangenheit gezeigt, dass es in puncto Genre alles andere als festgelegt sein will, bescherte es doch u.a. die starke Krimi-Serie “Der Pass”, die beiden “Neben der Spur”-Psychothriller und die Komödie “Neues vom Wixxer”. Mit “Hagen – Im Tal der Nibelungen” legen die beiden nun einen Film vor, der vom Perspektivwechsel zur Sicht von Hagen her durchaus interessant ist, insgesamt aber etwas unausgegoren wirkt und zu selten zu fesseln weiß. Trotz seiner 133 Minuten mutet der Streifen manchmal gehetzt oder unglücklich portioniert an und nicht richtig auserzählt. Dies wiederum verwundert nicht einmal, wurde doch gleichzeitig ein sechsteiliges Serien-Event produziert, das 2025 auf RTL+ zu sehen sein soll, womit klar ist, dass hier noch weit mehr an Material gedreht wurde, aus dem zu wählen war.

Ein Trumpf des Films ist der niederländische Schauspieler Gijs Naber, der als Hagen seine Sache sehr gut macht und der zentralen Figur zwischen stoischen Momenten der Stärke und innerer Zerrissenheit viel Ausdruck verleiht. Jannis Niewöhner hat man zwar schon besser gesehen, als Draufgänger und scheinbar unbesiegbarer Kämpfer Siegfried spielt er aber trotzdem absolut solide. Die beiden Haupt-Frauenrollen hingegen wissen weniger zu überzeugen, bleibt Lilja van der Zwaag als Kriemhild doch eher ein blasses Mauerblümchen und nimmt man der als Brunhild besetzten Rosalinde Mynster die immer kampfbereite Walküre doch auch nur stellenweise ab – wobei die Akteurinnen hier weniger das Problem sind, die weiblichen Charaktere sind schlichtweg weit weniger gut ausgemalt worden als die männlichen.

Um noch einmal auf das Serien-Event zurück zu kommen – als Fernsehproduktion mit guter Ausstattung und Mittelalter-Ambiente bei durchschnittlichen Effekten ist “Hagen – Im Tal der Nibelungen” in jedem Fall brauchbar, die große Kino-Offenbarung aber eben nicht. Auch der Fantasy-Anteil ist gering, denn wer auf Drachen-Action hofft, sieht sich getäuscht, erlebt man Siegfried doch nur in seinem Blut badend bzw. sich labend, ohne einen Kampf geboten zu bekommen. Da sind die Szenen der Island-Reise doch noch die – nicht nur außentemperaturtechnisch – erfrischendsten in einem Film, den man sehen kann, aber nicht muss.

Trailer:

Bewertung: 6 von 10 Punkten

 

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