Warum nennt sich eine Band Sportfreunde Stiller? Ganz einfach: erstens sind Peter (Gesang, Gitarre), Rüdiger (Bass) und Florian (Drums) wirklich sportbegeistert, zweitens hieß ihr Fußballtrainer, als sie noch Zeit zum Spielen hatten, beim Traditionsverein SV Germering Hans Stiller. Nun hat nicht nur der Name etwas mit Sport, insbesondere Fußball, zu tun. “So wie einst Real Madrid” nennen die Jungs ihr erstes Album, und neben exklusiven Enthüllungen wie “Sissi war in Wirklichkeit ein Mann” war auch “Lieder aus dem Abseits” hierfür im Gespräch.
Noch mehr über die Sportfreunde? Okay. Gegründet hatte man sich 1997. Nach ihren ersten kleinen Erfolgen, sogar in der Radiolandschaft, mit “Wunderbaren Jahren” und “Kleines Geheimnis” erschien mit “Macht doch was ihr wollt, ich geh jetzt” die erste EP. Man wurde zu Rock am Ring bzw. im Park eingeladen und veröffentlichte die zweite EP “Thonträger” auf dem Indie-Label Blickpunkt Pop, bevor endlich der Major-Vertrag unterschrieben wurde, bei Motor Music. Ende 1999 ging es dann mit dem erfahrenen Produzenten Uwe Hoffmann (Die Ärzte, Terrorgruppe) nach Spanien, wo “So wie einst Real Madrid” eingespielt wurde, ein Alternative Pop-Rock-Album, das mehr zu bieten hat als Einheitsbrei. Mit den Sportfreunden trafen wir uns zum Interview.
“Irgendwann waren wir es leid, dem Plattenvertrag hinterher zu laufen, uns war das dann echt zu blöd nach zwei Jahren Suche. An diesem Punkt hat sich das alles dann neu entwickelt.”
MUM: Fangen wir einfach nochmal mit der Bandgeschichte an. Kanntet ihr euch schon länger, oder wie war das?
Peter: Flo und ich haben uns beim Sportstudium kennengelernt, und Rüdiger kam, nachdem wir unseren alten Bassisten entfernt haben.
MUM: Entfernen mussten, oder wie meinst du das?
Peter: Der hat keinen Bock mehr gehabt so richtig, wollte nicht so recht mitziehen.
Florian: Der wollte nicht die Welt erobern, so wie wir das wollten.
MUM: Rüdiger, du kamst dann auf Annonce, oder wie?
Rüdiger: Nein, das war mehr ein Zufall, wie er im Buche steht. Ich habe da eine kennen gelernt auf einem Faschingsfest, und irgendwann mitten in der Nacht sagt sie mir, dass eine Band ‘nen Bassisten sucht. Ich habe dann eben angerufen.
MUM: Ihr seid aus München. Es stimmt, dass Peter ein FC Bayern-Fan ist und ihr anderen beiden seid Löwen-Fans?
Peter: Das ist sehr richtig.
Florian: Die rote Sau hier ist unser Sänger und Gitarrist.
MUM: Ihr habt 1997 angefangen und euch wirklich nach Hans Stiller benannt?
Peter: Richtig. Ich möchte ihn hiermit auch nochmal grüßen. Hans, danke nochmal.
MUM: Wie findet er das denn so?
Peter: Er weiß Bescheid und wurde sogar deswegen schon von der Süddeutschen Zeitung interviewt worden. Er kann mit der Musik nichts anfangen, der hört Bon Jovi, und Bryan Adams wahrscheinlich. Er ist schon stolz drauf, und ein großartiger Trainer.
MUM: Spiel ihr noch?
Florian: Wir haben dafür keine Zeit mehr. In der Freizeit aber mal.
MUM: Wer schreibt bei euch die Texte?
Peter: Hauptsächlich ich.
Florian: Und wieso?
Peter: Weil ich Lust drauf habe.
Florian: Und was kommt da so vor in den Texten?
Peter: Verschiedenste Sachen.
Florian: Nehmen wir mal ein spezielles Lied aus der Platte. Willst du dir selber eines aussuchen?
Peter: Da würd’ ich zum Beispiel “Einmal Mond und zurück” nennen.
Florian: “Einmal Mond und zurück”. Das hat einen Text, das Lied, oder?
Peter: Das hat einen Text.
Florian: Und um was geht es in dem Lied, was ist die Grundaussage?
Peter: Die Grundaussage ist der Wunsch aller Menschen in der heutigen Zeit, sich alles kaufen zu wollen, die unglaublichsten Urlaube erleben zu wollen, wobei ihr Alltag wahrscheinlich unheimlich scheiße ist und sie hoffen, Romantik, Liebe und Abenteuer sich im Urlaub erkaufen zu können.
Florian: Und das bietest du an?
Peter: Ja, das ist eine interessante Thematik. Wir haben auf der Platte auch ein italienisches Lied, das heißt “’94 (novante quattro)”.
Florian: Um was geht es dir da?
Peter: Es geht um Fußball, wie so oft bei uns, aber dennoch Fußball als Metapher für’s Leben. Der Refrain lautet: hoffentlich wird sich die Geschichte nicht mehr wiederholen, die 1994 so schrecklich war, als Roberto Baggio den Elfmeter verschossen hat bei der WM und damit eine ganze Nation in Trauer gestürzt hat.
Florian: Dann sag ich dir, das Thema ist “spitze”, und da wir gerade bei diesem Stichwort sind, da fällt mir noch ein Name ein, der hängt mir so vor’m Gesicht: Hans Rosenthal.
Peter: Haben wir ihn nicht alle geliebt, unseren Hansi?
MUM: Habt ihr den denn noch richtig mitgekriegt, ihr seid doch fast zu jung, oder?
Peter: Nein, ich habe den schon miterlebt.
Florian: Das war schon eine sehr schöne Fernsehsendung, sehr unspektakulär.
Rüdiger: Ich durfte immer wegen Hans Rosenthal länger aufbleiben.
MUM: Ich durfte immer wegen “Dallas” länger wach bleiben, dienstags, 21.45 Uhr, das war toll. Was schaut ihr heute so im Fernsehen?
Peter: Fußball, sehr gerne. Hier und dort mal Harald Schmidt. Immer, wenn wir außerhalb von München sind und Viva 2 zu empfangen ist, auch Viva 2.
Florian: Der Rüdiger schaut Nachrichten, als ordentlicher Politikstudent.
Rüdiger: Die Sportstudenten schauen Sport.
MUM: Habt ihr die Studien denn jetzt aufgegeben, oder seid ihr noch dabei?
Peter: Wir sind alle noch dabei. Flo schließt sein Studium bald ab, in diesen Tagen, und wir kämpfen weiter.
Florian: …dass sie nicht rausgeschmissen werden.
Rüdiger: Bei uns ist das Studium etwa so, wie mit Schwimmflügeln im Hurrikan im Pazifik, wir mittendrin, Peter und ich, angeleint.
Florian: Versteh ich nicht!
Rüdiger: Und wir wollen rüberkommen.
Peter: Nach Japan!
MUM: Ihr wollt nach Japan kommen?
Peter: Eine Veröffentlichung in Japan würde mir viel Spaß machen. Ich würde da gerne mal ein Konzert spielen.
MUM: Wegen der kleinen japanischen Zuschauer.
Peter: Auch deshalb. ich habe gehört, dass die dort sehr abgehen auf den Konzerten.
MUM: Wie wär’s denn dann mal mit einem japanischen Lied?
Peter: Schwierig, ganz schwierig.
MUM: Aber Italienisch sprichst du irgendwie, oder nicht?
Peter: Ich sprech das so ein bisschen. Ich war da mal eine Zeit lang, und deshalb haben wir auch diesen Text da gemacht. Die Aussprache ist nicht so perfekt, aber das macht nichts.
MUM: Ihr habt aber schon vor, auch mal europaweit zu spielen?
Florian: Wir sind ja jetzt schon seit fast vier Jahren unterwegs, im deutschsprachigen Raum, in Österreich und der Schweiz waren wir ja auch schon. Wir sind nicht abgeneigt, überall zu spielen, wo uns die Leute hören wollen, aber natürlich sind wir durch die deutschen Texte eingegrenzt.
Rüdiger: Da muss man erst einmal etwas Erfolg haben, um da raus zu kommen.
Peter: Selbst Bands wie Blumfeld spielen nicht im Ausland in Europa.
Rüdiger: Wir haben ja zum Beispiel schon in Usbekistan gespielt.
Peter: In Spanien hatten wir jetzt ein Konzert während der Aufnahmen, wir tasten uns also langsam heran.
MUM: Wie war’s denn überhaupt in Spanien?
Florian: Sehr kalt.
Peter: Sehr kalt ist übertrieben, aber es hat im Durchschnitt zwischen 10 und 15 Grad gehabt. Es war zu der Zeit der kälteste Winter, den die seit 50 Jahren hatten, aber natürlich waren das trotzdem noch 20 Grad mehr als hier.
MUM: Wie ist es, mit Uwe zu arbeiten?
Peter: Es sind Auseinandersetzungen da, das ist ganz natürlich, aber er ist ein Profi, und wir sind auch Profis.
Florian: Jeder hat halt seine Ansprüche, das ist mit Sicherheit bei jedem Produzenten so. Du kannst nicht sagen: “Hey, das ist unser Lied, wir nehmen das so und so auf!”. Er sagt dann bestimmt immer: “Passt auf, wir probieren das mal so und so.”, und entweder sagen wir dann “Okay, lass uns das probieren” oder “Nein, das gefällt uns nicht”. Im Endeffekt sind wir mit dem Produkt sehr, sehr zufrieden uns die Zusammenarbeit hat uns allen viel Spaß gemacht.
MUM: Was haltet ihr so von den anderen Bands, auf die ihr wahrscheinlich oft angesprochen werdet, wie Die Sterne, Tocotronic oder so?
Peter: Das sind gute Bands, die höre ich hier und dort auch gerne.
Florian: Es gibt aber auch andere gute Bands.
MUM: Welche findet ihr denn gut?
Rüdiger: Boxhamsters zum Beispiel, das ist eine Punk-Gitarren-Band, die es Mitte der 90er gab. 1998 hatten die nochmal ein Album, aber heute kennt die niemand mehr.
Peter: Readymade und Miles hör ich beide sehr gerne. Auch Blumfeld finde ich gut.
Florian: Ich mag Notwist sehr gerne.
Peter: Ja, Notwist sind super. Console auch.
MUM: Ihr spielt jetzt im Sommer Rock am Ring und Rock im Park?
Peter: Ja, habe ich gehört, dass wir dabei sind.
Florian: Anscheinend, im Talent Forum, das ist so ein Zelt.
Peter: Wir waren auch schon zweimal da. Da sind wir auch gespannt, man weiß noch keine Uhrzeit, kein Datum.
MUM: Aber wenn ihr schon zweimal dabei gewesen seid, dann ist das ja kein Neuland mehr.
Florian: Nein, das ist es nicht.
Peter: Wir haben jetzt schon ein paar größere Festivals miterlebt.
MUM: Gibt es denn welche, auf denen ihr total gerne mal spielen würdet?
Rüdiger: Bizarre Festival.
Peter: Ja, und Roskilde wäre natürlich geil, Glastonbury, Reading.
MUM: Eure EPs habt ihr in Eigenregie aufgenommen?
Peter: Die sind auf dem Label unseres Managers, Blickpunkt Pop, erschienen, selbst hergestellt, selbst vertrieben, vor allem auf Konzerten verkauft. Das ist das, was uns auch ausgemacht hat. Wir sind jahrelang einfach rumgefahren und haben überall gespielt, was sicher auch den Ausschlag mit gegeben hat, dass uns Motor unter Vertrag genommen hat. Heutzutage sind die sehr vorsichtig, Bands zu signen, die aus dem Nichts kommen, wenn die nicht gerade einen Megahit haben.
MUM: Welche Majors waren denn noch im Gespräch?
Rüdiger: Es gab Verhandlungen mit einigen, aber letztendlich hat sich dann oft herausgestellt, dass das nichts ist, von ihrer Seite aus oder unserer. Es gibt ja gar nicht mehr so viele verschiedene Firmen.
Florian: Wir hatten einen Auftritt in Hamburg, der ausschlaggebend war für das Signing, da waren Motor, Edel und V2 anwesend. Wir haben dann gesehen, dass die alle da sind und waren natürlich nervös.
Rüdiger: Das hat alles auch eine andere Wendung genommen mit Motor. Irgendwann waren wir es leid, dem Plattenvertrag hinterher zu laufen, uns war das dann echt zu blöd nach zwei Jahren Suche. An diesem Punkt hat sich das alles dann neu entwickelt. Wir haben überlegt, das selbst aufzuziehen, und damit steht man ja auch auf anderen Beinen den Firmen gegenüber, man ist selbstbewusster. Irgendwie war das lustig. Scheinbar ist es so, dass es, wenn einem alles egal ist, dann plötzlich klappt.
MUM: Wie mit dem Frauen! Was passiert denn in eurem Videoclip zu “Fast wie von selbst”?
Peter: Wir spielen auf dem Mond…
MUM: Wie Mika Häkkinen!
Peter: Genau. Das wird live übertragen auf die Erde, wie die erste Mondlandung. Vor so einem Fernsehladen schauen dann natürlich etliche weibliche, gutaussehende Mädels und die Jungs von Readymade zu und begeistern sich für aktives Treiben auf dem Mond.
MUM: Und dafür wolltet ihr Nena eigentlich haben?
Florian: Nein, das war “Einmal Mond und zurück”. Das ist ganz lustig, das Mondvideo ist für ein anderes Lied.
MUM: Mit Nena als Gastsängerin hat das aber irgendwie nicht geklappt. Habt ihr euch da richtig hinter geklemmt?
Peter: Wir haben geschwärmt dafür.
Rüdiger: Der Peter hatte Malaria und lag mit 43 Grad Fieber hochverschwitzt im Bett und hat immer “Nena” gerufen.
Peter: Ich war mit ihr ja mal zusammen, aber wir haben uns dann doch zerstritten.
Rüdiger: Vier Kinder hat er hinterlassen.
Florian: Als Peter erfahren hat, dass die Kinder in Wirklichkeit von Rüdiger sind, da hat er Schluss gemacht.
MUM: Wenn ihr euch außer Nena sonst irgendjemanden aussuchen könntet, um mit ihm mal zusammen zu arbeiten, wer wäre da euer Favorit?
Rüdiger: Die Fantastischen Vier, das wäre der Hammer.
Peter: Oder überhaupt mal mit einem HipHopper, oder mit Beck würde ich auch gerne mal was machen, hmm, wen gibt’s da noch?
Florian: Vielleicht mal einen, der im Bereich des Möglichen ist!?!
Peter: Hubert Kah.
Rüdiger: Alphaville.
Peter: ich würd gern mit Blümchen auch was machen.
MUM: Jetzt so privat, meinst du.
Florian: Der Peter vertritt immer so komische Meinungen in der Öffentlichkeit.
Peter: Mit Helmet wäre auch nicht schlecht.
MUM: Vielleicht mit Blümchen und Helmet. Jetzt mal reell gesehen, wen würdet ihr gerne mal supporten.
Rüdiger: Da würden mir schon die Fanstastischen Vier einfallen, das wäre auch kein Stilbruch. Die bringen auch Energie rüber und haben ruhige Lieder.
Peter: Ich hätte zum Beispiel Bock, mit den Ärzten zu touren, weil ich früher ein großer Fan von denen war.
MUM: Das wäre sicher spaßig. Wie sind denn so die ersten Pressereaktionen auf die Scheibe?
Peter: Gut. Ich bin gespannt, wie das radiotechnisch und mit dem Video anläuft.
MUM: Habt ihr euch remixen lassen für die Auskopplung.
Florian: Haben wir, Peters Bruder hat das gemacht und das gefällt uns gut.
MUM: In welche Richtung geht das?
Peter: Fahrstuhlmusik.
MUM: Easy Listening.
Peter: Ja, könnte man sagen, das ist sehr schön.
MUM: Dein Bruder macht auch Musik?
Peter: Ja. Amperemädchen heißt der.
MUM: Auch schön, der Name. Schreibt ihr nebenbei schon Songs für ein zweites Album?
Peter: Wir haben schon ein paar Ideen, aber natürlich lehnt man sich jetzt erst einmal zurück und schaut, wie das Album sich macht. Jetzt kommt die Tour, und dann werden wir uns wieder verstärkt auf neue Stücke konzentrieren.
MUM: Danke für das Interview.
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MUM: Mucke und mehr