Seit 1992 existieren Subway To Sally, die Combo, die sich mit ihrer Melange aus Metal, Mittelalter und deutschen Texten einen bekannten Namen gemacht hat. Über 700 Mal standen Eric Hecht (Gesang, Dudelsack, Schlamei, Flöten), Bodenski (Gesang, akustische Gitarre, Texte, Musik), Frau Schmitt (Geige), Ingo Hampf (elektrische Gitarre, Laute), Simon (Gesang, akustische Gitarre), Sugar Ray Runge (Bass) und David (Drums) seither auf deutschen Bühnen, und stets wuchs ihre Fangemeinde, mit Konzert um Konzert und jedem ihrer nun bereits fünf Alben.
“hochzeit” nennen sie ihr neuestes Werk, das noch etwas eingängiger und rockiger geworden ist, und hierzu habe ich Bodenski über E-Mail (irgendwie nicht besonders mittelalterlich, ich weiß!) einige Fragen ans Herz getragen, die dieser dann auch schnell und locker beantwortete, wie im folgenden Wortlaut nachzulesen ist…
“Ich nähe mir meine Sachen noch immer nicht selbst, kaufe mein Essen im Supermarkt um die Ecke und sehe für mein Leben gern fern (Mittelalterfilme zum Beispiel).”
MUM: Warum heißt das neue Album eigentlich “hochzeit”?
STS: Etymologisches Wörterbuch: “Das im heutigen Sprachgefühl nicht mehr als Zusammensetzung mit ‘hoch’ empfundene Wort geht zurück auf das mittelhochdeutsche Wort ‘hochgezit’, verkürzt ‘hochzit’ – hohes kirchliches oder weltliches Fest; höchste Herrlichkeit; höchste Freude; Vermählungsfeier; Beilager.” Alles klar? Wir dachten uns, daß das Wort ‘ne Menge Ebenen hat. Erstens ist es doch auf jeden Fall ein Fest und eine Freude, wenn ein neues Album erscheint. Zweitens wird auf unserem Album zwei Mal geheiratet (in “Sabbat” und in “Henkersbraut”), und in “Minne” geht es ja irgendwie auch um ein Beilager, das nur leider nicht stattfindet. Drittens empfinden wir unseren musikalischen Stand (vor unseren eigenen kritischen Augen) als Hoch-Zeit.
MUM: Wo siehst Du musikalische Unterschiede zum letzten Album?
STS: Ich denke, daß man sich selbst ein Bild davon machen sollte. Ich meine, jeder neue Song, den man schreibt, sollte sich schon musikalisch von den Songs unterscheiden, die man früher gemacht hat. Will sagen: wir wollten ein gutes Album mit guten Songs machen. Wir sind etwas schnörkelloser und griffiger geworden, wir haben die Gitarren lauter und den Gesang leiser, die Chöre fetter und den Ethnoanteil homogener gemacht – wir sind irgendwie besser geworden.
MUM: Was willst Du eigentlich mit Deinen Texten ausdrücken?
STS: Unsere Musik hat die Texte in eine bestimmte Richtung gezwungen. Es ist albern, unsere musikalische Welt mit Texten zu kombinieren, in denen solariumgebräunte Menschen mit kühlen Drinks im Schädel am Strand von Malibu in den Morgen tanzen. Meine Texte sollen im besten Fall zeitlos sein, sie sollen den Leuten Stoff geben, ihre eigenen Erfahrungen einzubringen, und sie sind immer ein wenig wie ich, sie haben mehr Fragen als Antworten.
MUM: Ich finde das neue Album richtig klasse. Meine Lieblingstracks sind “Die Rose im Wasser”, “Minne”, “Müde” und “Ohne Liebe”. Welches ist Dein Favorit?
STS: Das schwankt noch ein wenig. Neben der “Rose” find ich die “Henkersbraut” auch richtig gelungen, mag aber natürlich all unseren anderen ‘Kindlein’ genauso.
MUM: Welche Beziehung habt Ihr eigentlich zum Mittelalter, seid Ihr alle da belesene Freaks?
STS: Belesene Freaks? Äh, nein, nicht alle. Ich nähe mir meine Sachen noch immer nicht selbst, kaufe mein Essen im Supermarkt um die Ecke und sehe für mein Leben gern fern (Mittelalterfilme zum Beispiel).
MUM: Hast Du immernoch einen dicken Schädel vom Becherovka-Trinken auf dem Schloß (siehe Promoreisen-Bericht)?
STS: Nein, zur Zeit hab ich einen Schädel vom gestrigen Rotwein.
MUM: Ich höre teilweise rammstein-eske Gitarrenriffs heraus (bei “Sabbat” zum Beispiel). Geht nur mir das so, oder war das vielleicht sogar gewollt, um mehr Power reinzubringen (was aber unnötig wäre)?
STS: Zwei Dinge dazu. Erstens haben wir auf der “Bannkreistour” 1997 das letzte Rammstein-Album rauf und runter gehört, weil man dazu geil Party machen konnte, das heißt, wir kennen natürlich die Musik und haben auch analysiert, was daran geil ist, aber zweitens haben Rammstein die Riffgitarre weder erfunden noch für sich gepachtet, und wenn wir uns mal mit ‘ner Gitarre hinsetzten (bei einem Becherovka z.B.), zeig ich dir gerne die Unterschiede in den Harmonien. Wir haben die Gitarre einfach dominanter abgemischt, das ist sicherlich der derzeitig angesagten Ästhetik geschuldet, der wir uns weder verschließen konnten, noch wollten.
MUM: Eure Musik lebt von Stimmung, Abwechslungsreichtum, Texten, Kraft und starker Melodik. Was ist Euch am wichtigsten, wenn Ihr an einen Song herangeht?
STS: Der Song … äh, die Einheit von Text und Musik … oder besser, äh, die Widerspiegelung individueller Eindrücke vor dem Hintergrund eines kollektiven Metabewußtseins mit Hilfe kultureller Versatzstücke aus 1000 Jahren Musikgeschichte, mit besonderer Wichtung der Popkultur der letzten 30 Jahre.
MUM: Was passiert bei Euch live auf der Bühne?
STS: Nun, wir haben unsere Instrumente in der Hand und spielen unsere Lieblingslieder, wobei wir irgendwie nie richtig still stehen, das macht ‘ne Menge Radau, und dann gibt es auch noch Licht, das immer an und aus geht und manchmal auch hin und her, und manchmal explodiert oder brennt irgendwas, das ist eigentlich schon alles.
MUM: Hast Du bei den Texten eigentlich völlige Freiheit, oder werden sie in großer Runde diskutiert?
STS: Ich hab die völlige Freiheit und dann wird in großer Runde diskutiert. Mehrmals.
MUM: Wen wollt Ihr mit Eurer Musik eigentlich erreichen? Die Mittelalter-Fans oder doch eigentlich alle?
STS: Doch eigentlich alle.
MUM: Was macht Bodenski so, wenn er nicht Musik macht?
STS: Texte, und natürlich, was alle anderen auch machen: Lesen, mit Freunden treffen, Kino, Sauna, Radfahren und besonders gern schriftliche Interviews geben.
MUM: Nenne bitte Deine drei Lieblingsalben aller Zeiten.
STS: “MCMXCV”, “Bannkreis”, “hochzeit” – alle von einer Band, deren Namen mir gerade entfallen ist.
MUM: Was, meinst Du, könnt Ihr mit diesem Album erreichen? Die Charts-Plazierung von “Bannkreis” sollte getopt werden, oder? Oder ist Euch Erfolg nicht so wichtig?
STS: Wenn Erfolg bedeutet, daß mehr Menschen auf unsere Musik aufmerksam werden, dann ist mir Erfolg natürlich wichtig. Chartsplazierungen sind hauptsächlich für Plattenfirmen wichtig. Ich glaube schon, daß unsere letzte Plazierung getopt werden wird. Es bedeutet aber nur, daß in der ersten Woche so und so viele Leute eine Platte gekauft haben. Ein halbes Jahr in den Charts zu bleiben ist schon eine ganz andere Sache. Das schafft nur Oli P.
MUM: Meine typische letzte Frage. Welche Frage wolltest Du schon immer mal gestellt bekommen, und wie würde die Antwort lauten?
STS: Frage: “Willst Du mir erzählen, warum ihr SVBWAY TO SALLY heißt”? Antwort: “Nein.”
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MUM: Mucke und mehr
STS = Bodenski von Subway To Sally