Home Film “Für immer hier” – das brasilianische Drama ist ein bewegendes Meisterwerk

“Für immer hier” – das brasilianische Drama ist ein bewegendes Meisterwerk

Autor: Tobi

"Für immer hier" Filmplakat (© DCM)

Für immer hier

Darsteller: Fernanda Torres, Selton Mello, Valentina Herszage, Luiza Kozovski
Dauer: 135 Minuten
FSK: freigegeben ab 12 Jahren
Website: dcmstories.com/movie/fuer-immer-hier
Facebook: facebook.com/dcmstories
Instagram: instagram.com/dcmfilm
Kinostart: 13. März 2025


Als “Für immer hier” bei der Oscar®-Verleihung 2025 in der Kategorie “Bester fremdsprachiger Film” ausgezeichnet wurde, war der Jubel nicht nur bei den Machern um Regisseur Walter Salles groß, sondern wohl auch bei allen, die den Film gesehen haben, handelt es sich bei dem brasilianischen Drama doch um ein bewegendes Meisterwerk. Auch als “Bester Film” war der Streifen daher nominiert, und die brilliant spielende Hauptdarstellerin Fernanda Torres zudem als “Beste Hauptdarstellerin”, als erste brasilianische Schauspielerin überhaupt. Den Oscar® gewann sie hier zwar nicht, hatte aber im Januar die Freude, einen Golden Globe Award als “Beste Hauptdarstellerin (Drama)” mit nach Hause zu nehmen.

Torres spielt Eunice Paiva, die im Dezember 1970 mit ihrem Mann Rubens (Selton Mello), den Töchtern Vera (Valentina Herszage), Eliana (Luiza Kozovski), Nalu (Bárbara Luz) und Babiu (Cora Mora) sowie Sohn Marcelo (Guilherme Silveira) ein glückliches, von Warmherzigkeit und Humor geprägtes Leben führt. Nahe des Strands in Rio de Janeiro wohnend genießt die Familie das Leben und lässt sich auch nicht davon die Laune vermiesen, dass unter der Militärdiktatur immer wieder mal bewaffnete Truppen durch die Straßen fahren oder im Verkehr harsche, bis an Brutalität reichende Kontrollen vorgenommen werden, wie Vera sie auf dem Rückweg aus dem Kino erleben muss.

Als revolutionären Kräfte den Botschafter der Schweiz entführen, wird die Lage im Land noch angespannter und unstabiler, und so entscheidet sich das befreundete Paar Fernando (Charles Fricks) und Dalva Gasparian (Maeve Jinkings), zur Sicherheit nach London zu fliehen, wohin sie Vera als Älteste der Kinder für ein Jahr mitnehmen, um Auslandserfahrungen zu sammeln. Diese ist noch nicht lange weg, als im Januar 1971 plötzlich Regierungsbeamte im Haus der Paivas auftauchen und Rubens mit sich nehmen. Der frühere Kongressabgeordnete beschwichtigt noch, dass es sich um einen Irrtum handeln müsse und er sicher bald wieder nach Hause komme – dies allerdings bewahrheitet sich nicht.

Im Gegenteil, kurz darauf wird auch die völlig unpolitisch lebende Eunice abgeholt und verhört. Unter Beschuldigung, linke Zellen zu begünstigen und Aufständler zu decken, wird sie geschlagene zwölf Tage in einer fensterlosen Zelle gefangen gehalten und übel behandelt, sollte sie nicht in vorgelegten Fotomappen, in denen sie auch ihre Kinder entdeckt, Regierungsgegner identifizieren, was sie nicht tut – weil sie es nicht kann und weil sie es auch sonst wohl nicht tun würde. Dann kommt sie wieder frei, von Rubens aber fehlt weiter jede Spur. Eunice ist innerlich natürlich angeknackst, den Kindern gegenüber aber zeigt sie Stärke und strahlt weiter Optimismus aus, hat ihnen zuliebe sogar den Humor nicht völlig verloren, während sie ihre Suche nach Rubens nicht aufgibt.

"Für immer hier" Szenenbild (© Alile Onawale, VideoFilms, DCM)

(© Alile Onawale, VideoFilms, DCM)

“Für immer hier” basiert auf den 2015 erschienenen Memoiren von Marcelo Rubens Paiva und ist ein wichtiger Film, der sich mit einem gerne totgeschwiegenen Teil der Geschichte Brasiliens auseinander setzt. Ähnlich wie zuletzt Streifen wie “Parallele Mütter” von Pedro Almodóvar oder gerade erst “Der Lehrer, der uns das Meer versprach” sich mit der nicht endenden Suche nach den Massengräbern aus der Zeit der Franco-Diktatur und des Spanischen Bürgerkriegs und somit mit historischen Wunden Spaniens auseinander setzten, tut es dieser Film nun mit einer dunklen Zeit Brasiliens – und das noch weit direkter.

Eunice Paiva gehörte zu denen, die nicht Ruhe gaben und wissen wollten, was geschehen war, in diesem Fall mit ihrem geliebten und so liebenswürdigen Rubens. Mutig den Kampf gegen das Regime aufzunehmen und gleichzeitig als Mutter für die Kinder da zu sein und diese ihre Freude nicht verlieren zu lassen, was für ein Spagat. Mit beschränkten finanziellen Mitteln bleibt Eunice am Ball, wird Anwältin und Aktivistin, setzt sich für Menschenrechte ein und wird zu einer prägenden Figur der sogenannten Desaparecidos, der vielen Unschuldigen, die unter der Militärdiktatur verhaftet, verschleppt und gefoltert wurden, oft spurlos verschwanden.

Fernanda Torres spielt Eunice Paiva inmitten eines tollen Casts überragend und man nimmt ihr jede Gefühlsregung komplett ab. Der Film nimmt uns mit einem Zeitsprung auch noch mit ins Jahr 1996, das ein trauriges Erfolgserlebnis bringen sollte, und dann nochmal 20 Jahre weiter in die Gegenwart, wo Eunice als alte, demente Frau im nach wie vor liebenden Kreis der Familie von Fernanda Montenegro verkörpert wird, im realen Leben die Mutter von Fernanda Torres. Verbundenheit schlägt sich also auch in der Besetzung nieder, und solche hatte Walter Salles auch zu den Paivas, kannte er die Familie doch persönlich als Freund der Kinder.

Für Salles ist das Ganze also sicher ein Herzensprojekt, und er bietet einen großartig inszenierten Film. Mit zurück in die 70er-Jahre haben uns ja schon viele Streifen genommen, aber hier gelingt dies einfach perfekt. Bei den gebotenen Aufnahmen des alten Rio mit optimaler Farbgebung und Körnung fühlt man sich zu 100% an den Beginn des damaligen Jahrzehnts versetzt, und die von Vera und den anderen per alter Handkamera im Film gemachten und im passenden Stil eingebrachten Wackelbilder der Familie verstärken das Ganze noch, zusammen mit detailverliebter Ausstattung und passender musikalischer Untermalung.

Die Geschichte der Paivas weiß einen mächtig zu bewegen, erst mit ihrer Schönheit einer tollen, freudigen Familie, die der Unruhe im Land mit Geschlossenheit und Humor begegnet, dann mit dem Schock des völlig unerwartet Erlebten bis hin zu einer Traurigkeit, die einem Tränen in die Augen treibt. Ein Meisterwerk, das in allen Punkten zu begeistern weiß.

Trailer:

Bewertung: 10 von 10 Punkten

 

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