Home Film “Eine letzte Reise” – emotionales Real-Life-Filmprojekt

“Eine letzte Reise” – emotionales Real-Life-Filmprojekt

Autor: Mick

"Eine letzte Reise" Filmplakat (© Universal Pictures)

Eine letzte Reise

Darsteller: Filip Hammar, Lars Hammar, Fredrik Wikingsson, Tina Hammar
Regie: Filip Hammar, Fredrik Wikingsson
Dauer: 95 Minuten
FSK: freigegeben ohne Altersbeschränkung
Website: www.upig.de/micro/eine-letzte-reise
Facebook: facebook.com/UniversalPicturesDE
Instagram: instagram.com/universalpicturesde
Kinostart: 24. April 2025


Viele von uns werden die Erfahrung teilen, die uns die Regisseure und Drehbuchautoren Filip Hammar und Fredrik Wikingsson in ihrer Dokumentation „Eine letzte Reise“ – immerhin schwedische Einreichung für den diesjährigen internationalen Oscar® – hier schildern. Irgendwann kommt höchstwahrscheinlich für jeden der Moment, wo wir einen Elternteil an die Demenz und/oder die Depression zu verlieren drohen und uns fragen, wie wir dem entgegenwirken können. Filip wählt eine Reise als erfolgversprechendste Therapieform und macht es mit seinem besten Freund und Kollegen Fredrik gleich zu einem Filmprojekt, wenn er mit seinem Vater Lars nach Südfrankreich aufbricht um dessen verloren geglaubte Lebensgeister wiederzuerwecken.

Der ist inzwischen stolze 80 Jahre alt und hat nach seiner Pensionierung aus dem Schuldienst irgendwie komplett die Freude an allem verloren. Im Beruf noch passionierter und dementsprechend beliebter Französischlehrer an einem schwedischen Gymnasium, der so manche Klasse fröhlich zum Abitur geleitet hat, findet er jetzt schon seit geraumer Zeit fast apathisch kaum noch den Antrieb aus dem heimischen Sessel aufzustehen. Das ist nicht nur für seine Frau Tina eine enorme Belastung, sondern bricht vor allem Filip das Herz, wenn er sich die Bilder des einst lebenslustigen, frankophilen Genießers ins Gedächtnis ruft.

Die werden auch für uns nur allzu präsent, hat Filip doch vor kurzem die von Lars auf Band gesprochenen Tagebücher und Super-8-Material früherer Urlaube gefunden, die er jetzt zur emotionalen Einstimmung geschickt in seinen Film einarbeitet. Leicht nachvollziehbar wird so sein Ansatz Daddy einfach einzupacken und mit Fredriks Unterstützung von Schweden aus das schöne Beaulieu-sur-Mer an der Côte d’Azur anzusteuern, das früher so oft Ziel ihrer überaus munteren Familienurlaube war. Natürlich geht das aus Nostalgiegründen nur mit dem wahrhaftigen Gefühl des damaligen fahrbaren Untersatzes, also darf der Kauf eines original Renault 4 in knallorange bei der Dokumentation der Vorbereitungen keinesfalls fehlen.

"Eine letzte Reise" Szenenbild (© Universal Pictures)

(© Universal Pictures)

Es ist wirklich rührend anzuschauen, wie sich der Sympath Filip ins Zeug legt um den Trip für Lars so angenehm und authentisch wie möglich zu gestalten, und auch Fredriks Hilfsbereitschaft und Blödeleien sind schon im Vorlauf ungemein herzerwärmend. Doch irgendwie kann man sich schon da des Gefühls nicht erwehren, dass hier angesichts Filips Selbstinszenierung Papa Lars und der Realisierung des Films mindestens gleich große Bedeutung beigemessen wurde, was die Selbstlosigkeit von Filips Engagement rein subjektiv ein wenig relativiert. Trotzdem macht es Freude, Filips Therapieprojekt mitzuverfolgen, das schon fast zum Scheitern verurteilt ist, kaum dass die drei zu Hause losgefahren sind.

Noch in Schweden nämlich landet der wirklich nicht mehr fitte Lars wegen eines Sturzes im Krankenhaus und übt darauf eine Weile mühsam das Gehen am Rollator, während die beiden Freunde den R4 schon mal zur französischen Grenze fahren. Auch das ist Teil einer Dramaturgie, die gefühlt weit über die einer reinen Reise-Doku hinausgeht und sich am Zielort fortsetzen soll, wo die Jungs gezielt Szenen aus Lars‘ Frankreich-Vergangenheit nachstellen um dessen Erinnerungen zu triggern. Selbstverständlich ist es unterhaltsam, wenn sie im selben Appartement wie früher mit Papas alten Freunden minutiös eine legendäre Gesprächssituation herbeiführen wollen, wirkt aber genauso wie ein mit speziell dafür engagierten Schauspielern gestellter temperamentvoller Streit auf der Straße doch arg gescriptet.

Das ist die große Schwäche des gut angelegten Films, der sich nicht zwischen Doku und Scripted Reality entschieden kann, und in dem die beiden Regisseure allzu großen Wert darauf legen sich und ihre originellen Ideen ins rechte Licht zu rücken. Dabei verlieren sie Lars immer wieder ein wenig aus den Augen, dem wir dennoch in manch Großaufnahme ansehen, wie die Verschmitztheit in seinen sonst leeren Blick zurückkehrt und Filip für all seine Mühe belohnt. Selbst wenn auch der zum Schluss desillusioniert einsehen muss, dass er für seinen Vater schon rein körperlich die Zeit nicht zurückdrehen kann. Dafür aber gelingt es ihm hinten raus perfekt mit einer fein inszenierten Überraschung am Strand, die Lars genauso wie uns zu Tränen rührt, sein doch liebevolles Projekt auf einen hoch emotionalen Ton enden zu lassen.

Trailer:

Bewertung: 6 von 10 Punkten

 

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