Home MusikKonzertberichte The Servant – Kritik des Konzerts in Köln am 16. Februar 2006

The Servant – Kritik des Konzerts in Köln am 16. Februar 2006

Autor: Tobi

Im September veröffentlichten The Servant ihr starkes, selbstbetiteltes Debütalbum, vor kurzem eine 5-Track-EP mit dem Ohrwurm “Liquefy” als Hauptstück – und doch will ihnen hierzulande der Durchbruch nicht gelingen – noch nicht. Anderorts läuft es für die Jungs aus dem englischen Leeds schon weit besser, dort wurde ihr Album allerdings auch schon weit früher (z.B. in England im April 2004) veröffentlicht und auch in Sachen Singles eine andere Strategie gefahren. In Italien schossen die Singleauskopplungen “Orchestra” und “Liquefy” auf Anhieb in die Top 20 der Single-Charts, “Cells” erschien als dritte Single, und das Album verkaufte sich mehr als 30.000 mal. In Frankreich erklomm “Orchestra” Platz 2 der Airplaycharts und die Top 20 der Verkaufscharts, das Album verkaufte sich dort mehr als 70.000 mal. Aber auch in der englischen Heimat will es noch nicht so recht klappen mit einem Durchbruch, wir sind also in guter Gesellschaft. Apropos Gesellschaft, selbige war für The Servant durchaus überschaubar bei ihrem Konzert in Köln, denn es verloren sich vielleicht gerade mal optimistisch gerechnete 100 Besucher im Prime Club.

Eröffnet wurde der Abend von einem deutschen Trio mit dem zweifelhaften Namen Peilomat, laut eigener Website drei kleine, geile Pop-Schweinchen, die nicht zu knapp rocken. Im November 2005 belegten sie beim Deutschen Rockpreis des DRMV den ersten Platz, und dies macht man ja nicht so im Vorbeigehen. Und so hatten sie dann auch einige gute Stücke im Gepäck – neben einigen mittelmäßigen. Optisch sahen die Drei schwer nach Schülerband aus, und man musste vermuten, dass die Hälfte der Besucher im Prime Club Freunde und Klassenkameraden dieser Jungs waren anstatt Servant-Fans. Auch die Musik von Peilomat klang nach Schülerband, aber mit viel Potenzial zu mehr. Anständig gemachter Rock wurde geboten, textlich mal ansprechend, mal mittelmäßig. Die Songs waren abwechslungsreich, Sänger Flo bewies eine gute Stimme, und generell schienen die Peilomaten viel Spaß zu haben, waren gut drauf, unterhielten mit einigen lockeren Sprüchen, zeigten sich sympathisch. Bassist Sebi hatte bei fast jedem Song einen “La la laaaa”-Mitsing-Part im Hintergrund des Refrains und sah mit weit aufgerissenen, leuchtenden Augen völlig happy aus, als habe ihm Mami gerade die Tür zum geschenkumfluteten Weihnachtsbaum aufgeschlossen. In ein paar Jahren wird der Junge vielleicht der Frauenschwarm der Band, was nicht heißt, dass Flo und Hennich hier nicht auch mitmischen könnten. Peilomat waren eine nette Einstimmung für den Abend und zeigten, dass man als junge Band auch ganz natürlich daher kommen kann – dies hat man ja schon fast vergessen, wenn man die Poser von Tokio Hotel im Fernsehen ertragen muss. Viel Glück für die Zukunft, Peilomat.

Von der Nachwuchsliga des deutschen Rock ging es dann in die zweite Liga des internationalen Britpop. Wie oben angesprochen sind The Servant musikalisch erstklassig, was aber noch viel zu wenige wissen. Zumindest mal die Besucher des Prime Clubs konnten sich hiervon nun – kurz nach 22 Uhr – überzeugen. The Servant betraten die Bühne und waren schon alleine optisch der krasse Gegensatz zu den Jungs von Peilomat. Frontmann Dan Black kam schlacksig daher, mit langen Fingern und zuckenden Bewegungen, sah aus wie eine Mischung aus Ben Stiller, Pete Sampras und einer Spinne. Bassist Matt Fischer präsentierte sich mit Vollbart, Hütchen und Zigarette im Mundwinkel so, als habe er fünf Minuten vorher noch als Gärtner gearbeitet. Dem teilnahmslos seine Arbeit erledigenden Gitarristen Chris Burrows fehlte jede Spur einer Ausstrahlung und er sah aus, als habe er schon 20 Jahre bei Status Quo auf dem Buckel. Drummer Trevor Sharp schließlich erinnerte optisch an die ältere Frau, die uns kurz vor dem Konzert draußen auf der Straße nach dem Weg zum Filmpalast gefragt hatte. Geil, was für eine Truppe! Mit “Cells” eröffneten The Servant ihr Set – natürlich der vokalen Version des Stück, dessen Instrumentalversion im Trailer zum US-Blockbusters “Sin City” auch in Deutschlands Kinos aufhorchen ließ. Schnell wurde klar, dass prima Britpop zu hören ist, sauber vorgetragen und durchaus auch live sehr interessant, obwohl die stark ausproduzierten Songs auf CD noch mehr beeindrucken, da die elektronischen Elemente live eher ausgespart werden. Eine coole Mischung aus Rock und Gitarrenpop wurde geboten, und die Stimme des ausdrucksstarken Sängers Dan Black, manchmal auch parallel an der Gitarre aktiv, bestätigte den guten Eindruck des Albums, ist prima. The Servant spielten die Songs des Albums, dazu auch einige der “Liquefy”-EP wie die gelungene Ballade “In A Century’s Time” und das trockene “Jack The Ripper”. Zudem wurden auch ein, zwei ganz neue Songs eingestreut, die Vorfreude auf den nächsten Longplayer gemacht haben – Dan merkte auch an, dass sie die Songs zum ersten mal live spielen würden und dies ja auch ihr erstes Konzert auf deutschem Boden sei. Alle, die zu Hause geblieben sind, haben also durchaus etwas verpasst – zumindest mal ein gelungenes Konzert, bei dem die hierzulande aktuelle Single “Liquefy” am meisten gefeiert wurde und das nicht minder starke “Orchestra” als einzige Zugabe nach leider nur einer Stunde schon wieder den Abschluss bildete. Etwas mehr Spielzeit wäre schön gewesen, ansonsten eine Band, die man im Auge und Ohr behalten sollte.

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Links:
Homepage von The Servant
Web Blog von Servant-Sänger Dan
Homepage von Peilomat

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