“Seit wann trägt Gott die Frisur von Omas Pudel?” So in etwa könnte der erste Gedanke der vielen Depeche Mode-Fans gewesen sein, als der Songschreiber ihrer Lieblingsband zum ersten von zwei Deutschland-Konzerten auf die Bühne kam. Da man von Gore allerdings im Laufe der Jahre einiges an haarigen Kreationen gewohnt und wegen der Musik gekommen war – völlig egal. Die Vorfreude war im vollen Kölner E-Werk deutlich hörbar – mit den von Gore gesungenen Schlusstönen aus Depeche Modes “Waiting For The Night” forderten sie ihr Idol und wurden nicht enttäuscht. Spannend war natürlich die Frage, wie viele Songs von Depeche Mode er spielen würde, auf welche Weise, und ob überhaupt.
Mit drei Stücken aus seinem neuen Album “Counterfeit 2” eröffnete Martin Gore dann um kurz vor 21 Uhr den Abend. “In My Time Of Dying” ließ den Start gemächlich angehen, die Single “Stardust” zog etwas an, bevor mit “I Cast A Lonesome Shadow” einer der wenigen mit tanzbaren Beats ausgestatteten Tracks Mitklatschen herauf beschwor. Neben Martin Gore, der mal nur sang, mal auch ein wenig Gitarre dazu spielte, sorgten zwei weitere Musiker für den richtigen Klang, einer an Keyboard und Klavier, einer an Maschinen.
Als das vierte Stück erklang, war eine Frage schon einmal beantwortet: Ja, es werden Depeche Mode Stücke dargeboten. “Only When I Lose Myself” machte den Anfang, und viele, viele folgten. Vom ersten Soloalbum “Counterfeit”, das genau wie der jetzt aktuell erscheinende Nachfolger eine Sammlung von Coverversionen war, spielte Martin Gore lediglich ein Stück, “Never Turn Your Back On Mother Earth”. Auch vom neuen Album wurden nicht alle Songs live gespielt, aber fast alle – Martin sparte sich das deutschsprachige “Das Lied vom einsamen Mädchen” ebenso wie “In My Other World”, “Oh My Love” und “Tiny Girls”. Eine sehr schöne, sehr ruhige Version von “Candy Says” spielte er mit Gitarrenuntermalung, wobei er hier sogar vorher um Ruhe im Saal bat, mit einem Grinsen anmerkend, dass heute eigentlich jeder Song Ruhe verdient hätte. Deutlich sichtbar aber war er froh, dass das Publikum vollauf begeistert mitging, mitklatschte und seinen Namen rief.
Bei den Depeche Mode-Stücken wurde zudem natürlich lautstark mitgesungen, was auch die neuen Interpretationen nicht erschwerten. “In Your Room” in einer wunderschönen Pianoversion, “Sweetest Perfection” mit Elektronik und Gitarre, “A Question Of Lust” mit Piano, die B-Seite “Surrender”, “Walking In My Shoes” und “The Love Thieves” ließen die Stimmung hoch kochen, die Begeisterung überschwappen. Das für eine Tribute-Compilation einst eingespielte Leonard Cohen-Cover “Coming Back To You” war ein zusätzlicher Höhepunkt eines Abends, der mit einer frenetisch gefeierten Version von “Shake The Disease” seinen Abschluss fand. Großartig, dieser Martin Gore, dessen tolle Kompositionen und warme, unverkennbare Stimme jeden glücklich nach Hause gehen ließen. Wer die Chance hat, eines der weltweit nur acht Konzerte zu sehen, der sollte sie sich nicht entgehen lassen – etwas ganz, ganz Besonderes.