Elise LeGrow
“Playing Chess”
(CD, S-Curve Records, 2018)
Mit den 36 Minuten von “Playing Chess” legt Elise LeGrow ihr Debütalbum vor, und es wäre schon ein übler Schachmatt-Zug, wenn sie hiermit nicht einiges an Aufsehen erregen würde, denn stimmlich nämlich weiß die Sängerin aus Toronto einen durchweg zu packen. Ihr starker Gesang zwischen Bar-Flair-Rauheit, Sauberkeit und Sinnlichkeit passt hervorragend zu den elf Stücken, die von S-Curve Records-Gründer Steve Greenberg, R&B-Legende Betty Wright und dem renommierten Mike Mangini bestens produziert wurden.
Mit “Playing Chess” legt LeGrow allerdings keine eigenen Songs vor, sondern ausschließlich Interpretationen von Stücken des legendären Chess-Labels aus Chicago, wo Größen wie Muddy Waters, Etta James, Bo Diddley und Chuck Berry veröffentlicht wurden. Da Coverversionen ja gerne auch mal langweilig sein können und ein Debüt mit ausschließlich diesen natürlich völlig zu Recht äußerst kritisch unter die Lupe genommen wird, war es wichtig, den Stücken eine eigene Note zu verpassen, und das ist gut gelungen.
“Wir hatten eine klare Vorstellung davon, wie das Album klingen sollte”, erinnert sich LeGrow. “Gleichwohl schufen wir eine Menge Raum für Experimente. Die Vielfalt der Platte ergab sich aus dem Aufeinandertreffen meiner eigenen musikalischen Einflüsse mit denen meiner Studiogefährten – genreübergreifend und mehrere Dekaden umfassend.”
LeGrows Interpretationen kommen ansprechend und zeitgemäß daher, besitzen aber zugleich auch noch den Charme der Vergangenheit, in der es musikalisch manchmal doch viel entspannter zuging als in der momentanen Hektik und Kurzlebigkeit des Musik-Businesses. Die souligen Songs wurden gut ausgewählt, man findet eine Mischung aus bekannten Klassikern und eher Insidern bekannten Raritäten.
“Wir waren seit sehr langer Zeit nicht mehr versucht gewesen, mit irgendwem ein Soul-Album aufzunehmen”, sagt Mangini. “Weil uns schlicht keine Stimme dahingehend bewegte. Aber als Steve und ich Elises Stimme hörten, die unglaubliche Tiefe und Vielfalt besitzt und mühelos zwischen seidener Geschmeidigkeit und erdig-rauen Tönen gleitet, wussten wir sofort, dass wir unser Team wiederbeleben und dieses Album aufnehmen sollten.”
Die Idee, mit einem Album in die Historie von Chess Records einzutauchen, kam von Greenberg und Mangini. “Ich war ein Fan von Etta James, Chuck Berry und Bo Diddley”, erklärt Elise. “Aber mir war nicht klar, dass die alle Teile der Label-Familie von Chess waren. Ich liebte deren Musik über die Jahre, ohne mir dieser Tatsache bewusst gewesen zu sein.”
Fortan durchstöberte sie die Diskographie des Labels nach Tracks, die sie musikalisch wie auch textlich fesselten und in denen sie sich wiederfand, die sich mit ihren eigenen Lebenserfahrungen deckten. “Ich verbrachte Stunden, Tage und Wochen damit, Songs auszuwählen, mit denen ich mich am stärksten identifizierte”, reflektiert LeGrow. “Gleichzeitig war ich aber komplett offen für alle Song-Schätze, die Steve ausgegraben hatte. Er gleicht einem wandelnden Musiklexikon und ich vermutete, dass er mir ein paar Song-Edelsteinen vorschlagen würde. Als ich erstmals nach New York kam, um mit meinen Produzenten über das Album zu sprechen, nahmen Steve, Mike und ich uns sieben Stunden Zeit, um über das ganze Chess-Material zu grübeln. Es lag eine unglaubliche Energie in der Luft und wir fühlten uns erstmals richtiggehend als Team.”
So hört man nun “Who Do You Love” (Bo Diddley), “Can’t Seem To Shake It” (Etta James) oder “You Never Can Tell” (Chuck Berry) in abwechslungsreichen, überzeugenden Versionen, aber auch “I Got The Blues” (Labi Siffre), “Hold On” (The Radiants) oder “Long And Lonely Nights” (Lee Andrews). Mit “You Can’t Judge A Book By Its Cover” von Bo Diddley und “You Can’t Catch Me” von Chuck Berry hat Elise zudem in drei Minuten flottem Soul-Groove gleich zwei Klassiker zusammengeführt, was gut funktioniert.
“Elise besitzt ein Gespür dafür, sich einen zeitlosen Song zu eigen zu machen”, sagt Betty Wright. “Ihre Stimme steckt voller Gefühl, Kraft und Glaubhaftigkeit. Man vergisst beinahe, wie brillant die Originale sind, denn ihre Versionen verleihen dem, was ohnehin schon gut ist, eine ganz besondere Note.” Definitv ein sehr gutes Coverversionen-Album, das den Grundstein legen kann für eine Karriere mit eigenen Stücken. An der Stimme wird das Ganze in jedem Fall nicht scheitern.
eliselegrow.com
www.facebook.com/eliselegrow