RSO
“Radio Free America”
(CD, BMG, 2018)
Als Bon Jovi im April 2018 in die Rock & Roll Hall Of Fame aufgenommen wurden, war dies ein großer Grund zum Feiern, sorgte aber vor allem bei Richie Sambora auch für Wehmut. Seit 1983 gehörte er als Gitarrist zur Band, musste diese aber nach einigen Drogenproblemen und Rückfällen zwischen 2011 und 2015 verlassen – und stand so nur aus Grund des großen Anlasses noch einmal mit den alten Kollegen auf der Bühne.
Es war klar, dass er sich nun also auf seine Solo-Karriere konzentrieren würde. Mit “Stranger In This Town” (1991), “Undiscovered Soul” (1998) und “Aftermath Of The Lowdown” (2012) hatte Richie schließlich schon drei Solo-Scheiben veröffentlicht, die eher auf limitiertes Interesse stießen. Um dies zu ändern, brauchte der 1959 geborene Musiker nicht lange suchen und holte die 26 Jahre jüngere Orianthi – seit 2014 seine Lebenspartnerin – ins Studio, die auch bereits drei Alben veröffentlicht hatte und als Gitarristin schon mit Santana, Prince und Alice Cooper zusammen live aktiv war.
Zusammen fungieren die beiden nun unter dem Kürzel RSO, nicht zu verwechseln mit dem RIAS-Symphonie-Orchester, und veröffentlichen mit “Radio Free America” ihr Debütalbum, auf dem sie beide gleichberechtigt und gerne auch zusammen singen. Die Scheibe bietet knapp über 67 Minuten, die mit “Making History” noch recht verheißungsvoll beginnen. Zu hören ist Rock härterer Prägung, im Midtempo knackig und treibend angerichtet, dank der beiden natürlich mit guten Riffs, Licks, Gitarrenlinien und virtuosem Spiel versehen. Zusammen singen sie “We’re making history” – danach wird aber schnell klar, dass dem nicht so ist, denn viele der folgenden Stücke versprühen eher einen “Perlen vor die Säue”-Charakter, womit das oftmals gar nicht genutzte Gitarrenkönnen der beiden gemeint ist.
Anstatt sich auf die eigenen Stärken zu konzentrieren, machen Sambora und Orianthi einen musikalischen Bauchladen auf, der abstoßend mainstreamig angelegt ist. Das Ganze versprüht hierbei nicht den Reiz der vielleicht beabsichtigten Vielschichtigkeit oder eines angenehmen Abwechslungsreichtums, sondern wirkt äußerst orientierungslos. Man schaut kurz noch einmal auf das Cover, um sich zu versichern, dass man nicht Roxette eingelegt hat – die allerdings, gemocht oder nicht, hatten zumindest eine klare Linie.
“We Are Magic” kommt als rock-poppiger Langweiler daher, “Take Me” ist dann völlig im Entspannungspop angesiedelt, “Masterpiece” bringt einen mit groovenden Midtempo-Rhythmen a la R&B zum Gähnen. Die Ballade “Truth” packt einen emotional nicht, “Together On The Outside” plätschert vor sich hin, und “Good Times” ist im gemütlichen Country angesiedelt. “Rise” rockt zwar, setzt aber vor allem auf hymnischen Refrain an Stelle von spannendem Arrangement.
Dagegen sind die akustisch angelegte Folk-Nummer “Walk With Me” und das erfrischen gradlinige “I Don’t Want To Have To Need You Now” noch nett anzuhören, und auch die Midtempo-Nummer “Forever All The Way” gehört zu den besseren Stücken der Scheibe, wie auch die Coverversion “I Got You Baby”, im Original von Sonny & Cher.
Gegen Ende wird das Album dann noch einmal etwas besser, begonnen mit dem als bombastische Midtempo-Ballade aufgemachten “One Night Of Peace”, das sich mehr Frieden in der Welt erhofft und diesen auch im Ohr schafft, bis am Schluss der befürchtete Kinderchor einsetzt und das an der Schnulzgrenze balancierende Stück in die falsche Richtung stößt. Mit “Blues Won’t Leave Me Alone” gibt es dann noch eine feine blues-rockige Nummer mit tollem Gitarrenspiel, und abschließend weiß “Hellbound Train” mit knarzig trockenem Rock und abdriftendem Gitarrensolo zu überzeugen. Insgesamt aber doch recht enttäuschend, diese in der Summe nicht über Mittelmaß hinaus kommende Scheibe.
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