Home Film “Der verlorene Sohn” – Die Erinnerungen des Opfers einer entwürdigenden Reparativtherapie gegen Homosexualität

“Der verlorene Sohn” – Die Erinnerungen des Opfers einer entwürdigenden Reparativtherapie gegen Homosexualität

Autor: Tobi

"Der verlorene Sohn" Filmplakat

Der verlorene Sohn

Darsteller: Lucas Hedges, Nicole Kidman, Russell Crowe, Joel Edgerton
Regie: Joel Edgerton
Dauer: 115 Minuten
FSK: freigegeben ab 12 Jahren
Website: upig.de/micro/der-verlorene-sohn
Facebook: facebook.com/DerVerloreneSohn.DE


Mit “Der verlorene Sohn” hat sich der australische Schauspieler Joel Edgerton in seiner zweiten Regiearbeit nach dem Thriller “The Gift” (2015) einer berührenden, wahren Geschichte angenommen. Der Film basiert auf den 2016 erschienenen, autobiografischen Erinnerungen “Boy Erased: A Memoir” von Garrard Conley.

Dieser wuchs in Arkansas streng orthodox erzogen in einer Baptistenfamilie auf, nicht umsonst zählt die Gegend zum sogenannten “Bible Belt” der USA, in dem Glaube und entsprechendes Verhalten integrale Bestandteile der Kultur sind. Als Conley homosexuelle Neigungen bemerkte, war nicht nur seine Familie geschockt, und so vertraute er sich der fundamentalistischen Organisation “Love in Action” an, um von den abnorm eingestuften Gelüsten geheilt zu werden. Abnorm waren aber vor allem die Vorgehensweisen, die er dort erfuhr.

Auch wenn der Film Conleys Erlebnisse nachzeichnet, wurden die Namen geändert. So spielt Shooting Star Lucas Hedges den 19-jährigen Jared, der als Sohn des Autoverkäufers und Baptistenpredigers Marshall Eamons (Russell Crowe) und seiner als Friseurin arbeitenden Frau Nancy (Nicole Kidman) in Arkansas lebt. Nachdem er auf der Uni von einem Kommilitonen vergewaltigt wird, ist Jared verwirrt und kann das Ganze nicht richtig einordnen, schließlich hatte er vor kurzem ja noch eine Freundin. Für den strengen Vater aber ist klar, dass der Teufel Homosexualität von seinem Sohn Besitz ergriffen hat.

Nach Besprechung mit vertrauten Pastoren beschließt er, Jared einer Reparativtherapie zu unterziehen und meldet ihn beim “Love in Action”-Programm an, während seine Mutter an der Notwendigkeit und Richtigkeit der Maßnahme durchaus noch zweifelt. So begleitet sie Jared zur abgeriegelten Einrichtung, und bei der Übergabe des Jungen versichert ihr Chef-Therapeut Victor Sykes (Joel Edgerton), dass alles gut werden würde. Das Gegenteil ist hier allerdings der Fall, und mit entwürdigenden Methoden werden die Teilnehmer seelisch mehr und mehr gebrochen. Jared merkt dies rasch, ist aber hin und her gerissen zwischen Zweifeln an der eigenen Identität, Angst vor dem Vater und dem Gefühl, aus dem Wahnsinn entkommen zu müssen, was alles andere als einfach erscheint.

"Der verlorene Sohn" Szenenbild (© 2018 UNERASED FILMS, INC)

(© 2018 UNERASED FILMS, INC)

In vielen seiner Filme spielt Joel Edgerton den Netten, Guten, Charmanten, Mutigen oder Liebenden. In seinem zweiten Werk als Regisseur ist er genau das Gegenteil, sehen wir ihn als unnachgiebigen, besessenen Ober-Therapeuten des unglaublichen Reparativprogramms, das keine Seltenheit in den USA war, wie wir im Abspann des Films lernen. Dieser versorgt uns mit einigen Fakten zum Thema und auch zu den Figuren des Streifens, und gerade die Informationen zum weiteren Werdegang von Victor Sykes, der in Wirklichkeit anders heißt, sind doch äußerst interessant.

Der Star des Films in schauspielerischer Hinsicht ist aber Lucas Hedges, der schon in “Manchester By The Sea”, “Lady Bird” und “Three Billboards Outside Ebbing, Missouri”, also einigen der besten Filme der letzten Jahre, überzeugen konnte, oder gerade erst mit seiner Hauptrolle in “Ben Is Back”. Auch jetzt spielt er wieder hervorragend. Mit seinen gerade mal erst 22 Jahren gehört er so zu den absoluten Emporkömmlingen Hollywoods und beweist zudem eine überragende Filmauswahl.

Mit Nicole Kidman als verständnisvolle, liebend sorgende Mutter und Russell Crowe als von Prinzipien bestimmtem, hartem Vater ist der Film natürlich auch sonst bestens besetzt. Vor allem aber geht er unter die Haut, weil er einen mit der nötigen Ruhe und Eindringlichkeit mitleiden lässt und verdeutlicht, wohin falscher Wahn führen kann. Schlimm genug, dass es ähnliche Einrichtungen immer noch gibt…

Trailer:

Bewertung: 8 von 10 Punkten

 

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