A Great Place to Call Home
Darsteller: Ben Kingsley, Harriet Sansom Harris, Jane Curtin, Cody Kostro
Regie: Marc Turtletaub
Dauer: 87 Minuten
FSK: freigegeben ab 6 Jahren
Website: www.neuevisionen.de/de/filme/a-great-place-to-call-home-140
Facebook: facebook.com/neuevisionenfilmverleihgmbh
Kinostart: 1. Februar 2024
Der umtriebige Regisseur Marc Turtletaub hat sich bisher vornehmlich als Produzent bei der Verfilmung genauso herzerwärmender wie gesellschaftlich relevanter Stoffe von „Little Miss Sunshine“ (2006) über „Loving“ (2016) bis zuletzt „The Farewell“ (2019) hervorgetan. Jetzt fühlte er sich offensichtlich wieder einmal dazu berufen, selbst hinter die Kamera zu treten, wenn er mit „A Great Place to Call Home“ erneut einen Blick auf einen Teil der Gesellschaft wirft, der – wie in diesem Fall wirtschaftlich nicht übermäßig relevant – landläufig gerne übersehen wird.
In einer provinziellen Kleinstadt in Pennsylvania besteht der primär aus dem kauzigen Rentner Milton (Ben Kingsley), dessen Alltag eigentlich nur aus Gärtnern und Rätsellösen besteht. Nicht zu vergessen: die willkommene Abwechslung der regelmäßigen Gemeindeversammlungen, auf denen er immer wieder die gleichen Anträge und Verbesserungsvorschläge einbringt, ohne dass diese vom Gemeinderat jemals wirklich ernst genommen werden. Irgendwie hat er sich auch schon resignierend damit abgefunden, von den Politikern kaum noch wahrgenommen zu werden. Schnell bekommt er da auch von den anderen Gemeindemitgliedern das Attribut „verschroben“ verpasst, wenn er trotzdem gebetsmühlenartig seine Anliegen eines Zebrastreifens und vor allem einer Änderung des missverständlichen Stadtslogans „A Great Place to Call Home“ wiederholt, der für ihn vor allem zum nach Hause telefonieren animiert.
„Nach Hause telefonieren“? Da war doch was. Zufall ist diese Assoziation gewiss nicht, als Turtletaub zusammen mit Drehbuchautor Gavin Steckler eines Nachts genauso wie in Steven Spielbergs legendärem „E.T. – Der Außerirdische“ ein UFO in Miltons Garten stürzen lässt. Vor dem liegt zu allem Übel auch noch ein bewusstloses Alien, das sein geordnetes Leben nun gewaltig auf den Kopf stellt. Sein Pflichtbewusstsein gebietet ihm natürlich unverzüglich die Information der örtlichen Behörden. Doch wenn schon seine Anträge allenfalls ein gelangweiltes Gähnen hervorrufen, so haben seine unglaublichen Schilderungen jetzt einhellig eher ein mitleidiges Stirnrunzeln zur Folge.
Also muss er die Sache selbst in die Hand nehmen, und was Regisseur Turtletaub im Anschluss mit uns vorhat, weist doch einige Parallelen zu Spielbergs Kultfilm aus den 80ern auf. Denn hat Milton erstmal den Verlust seiner geliebten Azaleen überwunden, kümmert er sich fürsorglich um den hilflosen Außerirdischen, der seinem Dasein plötzlich wieder einen Sinn gibt. Unverhofft kommt wieder Leben ins große Haus, in dem sich Tochter Denise (Zoe Winters) sonst nur noch sporadisch blicken lässt, und wie es sich für Freunde gehört, ist mit „Jules“ auch schnell ein Name für den neuen, stummen Mitbewohner gefunden. Der erweist sich als genauso friedliebend wie anspruchslos, gibt sich mit Äpfeln zufrieden und versucht nach seiner Rekonvaleszenz sogar rätselhaft durch Katzenzeichnungen zu kommunizieren.
Gefahr droht da ausschließlich von außen, kann doch Milton sein Geheimnis nicht lange vor den neugierigen und ebenfalls nicht überbeschäftigten Seniorinnen Sandy (Harriet Sansom Harris) und Joyce (Jane Curtin) verbergen, die er notgedrungen mit ins Boot holt. Die verschworene Gemeinschaft ruft kurzerhand eine Mission zur Rückkehr von Jules ins Leben, und die drei fühlen sich dadurch so vital und gebraucht wie lange nicht mehr, was ihnen Jules sowohl mit telepathischen als auch mit beunruhigenden anderen Fähigkeiten empathisch dankt.
Turtletaub setzt hier eindeutig auf minimalistische Warmherzigkeit, inszeniert die Begegnung mit dem Alien bezüglich Kostüm und Tricktechnik fast schon gewollt dilettantisch und büßt damit kein bisschen an Glaubwürdigkeit ein. Ganz im Gegenteil richtet er unsren Blick dadurch auf das Wesentliche und lässt uns mit Milton exemplarisch am Schicksal vieler einsamer Senioren teilhaben. Den gibt Ben Kingsley mit Kassenbrille, Karohemd und Strickjacke dermaßen zurückhaltend sympathisch, dass man ihm sich augenblicklich verbunden fühlen muss. Die von Spielberg adaptierte Alien-Fremdenfeindlichkeits-Thematik hätte es da eigentlich gar nicht gebraucht, um seinen feinfühligen, kleinen Film zu einem emotionalen Erlebnis zu machen, dessen Herzenswärme noch eine Weile vorhält.
Trailer:
Bewertung: 8 von 10 Punkten