Home Film “A Hero – Die verlorene Ehre des Herrn Soltani” – ein tiefsinniges Gesellschaftsdrama um Tugend und Kompromittierung

“A Hero – Die verlorene Ehre des Herrn Soltani” – ein tiefsinniges Gesellschaftsdrama um Tugend und Kompromittierung

Autor: Mick

"A Hero - Die verlorene Ehre des Herrn Soltani" Filmplakat (© Neue Visionen Filmverleih GmbH)

A Hero – Die verlorene Ehre des Herrn Soltani

Darsteller: Amir Jadidi, Sahar Goldoost, Mohsen Tanabandeh, Maryam Shahdaei
Regie: Asghar Farhadi
Dauer: 128 Minuten
FSK: freigegeben ab 12 Jahren
Website: www.neuevisionen.de/de/filme/a-hero-die-verlorene-ehre-des-herrn-soltani-117
Facebook: facebook.com/neuevisionenfilmverleihgmbh


Es wirkt fast wie ein Wink des Schicksals, als Rahims Freundin Farkondeh (Sahar Goldoost) eine Tasche mit Goldmünzen findet, wo doch Rahim (Amir Jadidi) gerade wegen seiner Schulden eine Freiheitsstrafe absitzen muss und nur einige Tage auf Freigang draußen ist. Groß ist die Versuchung schon, auf einen Schlag seine Sorgen loszuwerden. Ist es jetzt aber die reine Aufrichtigkeit oder vielleicht doch vielmehr der geringer als erwartet auszufallen drohende Erlös, der ihn zur Rückgabe des wertvollen Fundes treibt? In „A Hero – Die verlorene Ehre des Herrn Soltani“, der in Cannes den Großen Preis der Jury gewann, bricht der Iraner Asghar Farhadi („Nader und Simin – eine Trennung“, „The Salesman“) erneut gesellschaftliche Verwerfungen auf ein Einzelschicksal herunter und konfrontiert uns dabei eindrücklich mit einer alltäglichen Problematik, die für Rahim bald zur ultimativen Gewissensprüfung wird.

Schnell bekommt nämlich die Gefängnisleitung Wind von der Geschichte des Freigängers und sieht in Rahims selbstlosem Handeln die Möglichkeit der eigenen Profilierung. Dass sie es bei der eilig in die Wege geleiteten TV-Reportage mit den Details nicht allzu genau nimmt und Rahim dabei gnadenlos instrumentalisiert, lässt schon da nichts Gutes erahnen. Der zeigt sich komplett kooperativ, fühlt sich durch die ihm entgegengebrachte Wertschätzung über die Maßen geschmeichelt und sieht nicht zuletzt mit dem durch seinen medialen Heldenstatus winkenden Job seine Rehabilitation nahen.

Farhadi beobachtet dabei ganz genau und stellt uns gleichzeitig die Grundzüge der iranischen Gesellschaft vor, die das wesentlich materiell bedingte soziale Ansehen einer Person über alles stellt. Das lässt uns Rahims erstaunliche Naivität im Umgang mit den TV-Leuten zumindest begreifen, der nach allem Misskredit seiner Pleite nun vom lokalen Ruhm geblendet wird, als ihm mit dem Fernsehbericht öffentlich ein Denkmal gesetzt wird. Doch schon bei seinem Bewerbungsgespräch kommen erste Zweifel auf, als er aufgefordert wird, zur Bestätigung seiner Geschichte mit der Eigentümerin der Handtasche zu erscheinen, die er zuvor allein durch Aushänge im Viertel ausfindig machen konnte.

"A Hero - Die verlorene Ehre des Herrn Soltani" Szenenbild (© Neue Visionen Filmverleih GmbH)

(© Neue Visionen Filmverleih GmbH)

Und damit tritt Farhadi in seinem scharfsinnigen Drehbuch eine Lawine von Verstrickungen los, die Rahim alles andere als unverschuldet voll erwischen muss. Aus einer kleinen Ungenauigkeit wird da eine handfeste Täuschung, als die Eigentümerin beim besten Willen nicht aufzutreiben ist, und Rahim in seiner Not seine Freundin Farkondeh als Empfängerin ausgibt. Das allerdings geht böse nach hinten los, ist doch auch im Iran der Einfluss sozialer Medien nicht zu vernachlässigen und bringt Rahim kurz darauf in arge Erklärungsnot. Dabei bleibt Farhadi angenehm auf Distanz zu seinem Protagonisten, baut ihn keinesfalls als bedingungslosen Sympathieträger auf, sondern lässt ihn öfter auch als zwielichtige Persönlichkeit erscheinen, die auch immer ihren Vorteil aus der jeweiligen Situation zu ziehen versucht.

Das transportiert Amir Jadidi einfach wunderbar, legt seinen Rahim grundsätzlich als gutmütiges Opfer der Umstände an, lässt jedoch hinter dessen freundlichem Lächeln auch immer wieder aufblitzen, dass der es immer dann mit der Wahrheit nicht so genau nimmt, wenn es um seine Existenz geht. So ist man auch nicht sonderlich überrascht, dass ihm letztendlich eine Internetkampagne aus dem Umfeld seines Gläubigers zum Verhängnis wird, der auf den ersten Blick zum wahren Bösewicht der Geschichte taugt, im weiteren Verlauf jedoch durchaus Verständnis für seine Position hervorruft.

Mit seinem Drama „A Hero“ bleibt Asghar Farhadi der Linie seiner früheren Werke treu, spricht immens vielschichtig soziale Probleme an und entwickelt diese detailverliebt zu Charakterstudien seiner komplexen Figuren. So stellt er nicht nur die ethische Frage nach Wahrheitstreue und Korrumpierbarkeit, sondern zeigt insbesondere die Schnelllebigkeit von Ruhm in Zeiten von Social Media auf. Dadurch, dass seine ungemein authentische Geschichte dabei mit dezenten Andeutungen zeitweise sogar Krimizüge annimmt, bereitet sein anspruchsvolles neues Werk enormes Sehvergnügen und sorgt obendrein anhaltend für anregende Nachdenklichkeit.

Trailer:

Bewertung: 8 von 10 Punkten

 

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