Alter weißer Mann
Darsteller: Jan Josef Liefers, Nadja Uhl, Friedrich von Thun, Meltem Kaptan
Regie: Simon Verhoeven
Dauer: 114 Minuten
FSK: freigegeben ab 6 Jahren
Website: www.leoninedistribution.com/filme/174471/alter-weier-mann.html
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Kinostart: 31. Oktober 2024
Es gibt Filmkritiken, mit denen man sich schwer tut, weil die behandelten Themen äußerst komplex oder kaum spoilerfrei zusammenzufassen sind, die erzeugten Emotionen fast nicht zu beschreiben oder der Streifen einen sehr unschlüssig aus dem Kinosaal gehen lässt. Zu Letzteren gehört auch “Alter weißer Mann”, dessen Bewertung eigentlich recht einfach sein sollte, es aber nicht ist.
Gut, dass einem hier – was sehr selten passiert – eine noch nicht ganz finale Fassung des Films präsentiert wurde, das ist generell ja gar nicht mal zwingend negativ zu bewerten … da wurden die Einladungen halt im guten Glauben verschickt, der Film sei dann schon fertig. Einige Sprachpassagen der nicht gezeigten Personen werden noch optimiert und wir lesen einen anderen Text als wir hören – geschenkt, das passiert dem Endverbraucher als Kinogänger ja nicht, und die Modifikationen sind sogar gut nachzuvollziehen. Aber sehen wir auch das finale Bild? Falls ja, dann sind einige mittels Green Screen realisierte Szenen bildtechnisch wirklich sehr dürftig – aber vielleicht sind sie es ja dann am Ende auch nicht, wer weiß. Konzentrieren wir uns also auf das, was nicht in Frage steht.
Da hätten wir Heinz Hellmich (Jan Josef Liefers), der als Marketing-Abteilungsleiter in der Fernfunk AG seine Nerven nicht immer im Griff hat und daher negativ auffällt – nicht nur, wenn er vorgestresst ausrastet, dass Tassen mit vermeintlich diffamierenden Sprüchen, die er bislang auch witzig fand, in der Küche zu finden sind. Der ganze Laden muss mal ordentlich aufgeräumt werden – eigentlich aber nur, weil ihm selbst Verfehlungen nachgewiesen werden können und eine Kündigung droht.
Zu seiner Überraschung serviert ihm sein Chef aber nicht selbige, sondern die Aussicht auf eine Beförderung, wenn er denn auch mal offener und nahbarer wird. Um zu zeigen, dass er kein “alter weißer Mann” ist, den er zum Verdruss seiner Frau Carla (Nadja Uhl) und der drei Kinder auch zu Hause gerade mächtig raushängen lässt, lädt Heinz den Chef und weitere Gäste zu sich ein … was vielleicht keine so gute Idee ist, läuft es doch in der Ehe mit Carla gerade suboptimal und schaut dann doch auch noch sein eher alternativer, sehr direkter Vater Georg (Friedrich von Thun) vorbei.
“Alter weißer Mann” macht es einem nicht ganz leicht, wenn der Film mit einer nicht nur ziemlich dümmlichen, sondern auch optisch dürftigen Traumsequenz startet, in der Heinz oberkörperfrei mit langen Haaren wie ein Indianer durch die Prärie reitet. Aber das war ja nur ein Traum. Nicht so die Realität, mit Problemen zu Hause wie in der Firma.
Da hat Heinz eine Werbekampagne durchgewinkt ohne zu bedenken, dass sie viel zu westlich und undivers aussieht – und probiert sie zu korrigieren mit einer, wo Schwarze, Asiaten und Menschen mit Behinderungen vertreten sind, was das Bild viel zu voll macht. Das klappt nicht, aber in einer Welt, in der Hafermilch und Influencer regieren, da kommt er halt nicht klar.
Der Film von Regisseur und Drehbuchautor Simon Verhoeven spricht vielleicht nicht brennende, aber in der Gesellschaft doch durchaus weiterhin brodelnde Themen unserer Zeit an, ob es nun das Gendern ist, kulturelle Aneignung, ein erhofft ökologisch tragbares Verhalten oder die Erwartung, eine eigene Meinung im Wohle des allgemeinen Friedens zu unterdrücken. Wie ist das also, wenn bei Heinz’ eingeladenem Abendessen etwas Asiatisches gekocht wird, während die offensichtlich asiatisch-verwurzelte Unternehmensberaterin Lian Bell (Yun Huang) auch anwesend ist? Mit Sicherheit nicht so wie hier gezeigt.
In puncto “der Film macht es einem nicht ganz leicht” gibt es allerdings auch noch so einige weitere Momente neben final-fraglichen miesen Green Screens, wie zum Beispiel Heinz’ äußerst dümmliche und wenig glaubwürdige Aktien-Verzock-Aktion oder den Moment, wo er besagte Lian Bell während einer Präsentation für eine Kellnerin hält. Puh. Ach ja, da wäre ja noch Elyas M’Barek, der hier als für die Firma die Zukunft bringender Abgesandter Älex Sahavi samt von ihm eingebrachter KI “Sam” eigentlich so gar keinen Mehrwert hat und dessen Szenen so mies aussehen, als hätte man ihn nur für einen Drehtag buchen können – also kurz noch mal oben ohne für die Mädels, passt schon – nee, passt nicht.
Statt dessen wird Meltem Kaptan mal wieder zum vermutlich insgesamt kaum beachteten Highlight des Films, als Heinz’ Kollegin Kiraz Tüfek, und auch Friedrich von Thun gefällt als ebenso wenig eingeladener wie mit seinen Ansichten hinter dem Berg haltender Opa Georg. Zwei Randfiguren bleiben also am meisten hängen – ist das ein gutes Zeichen? Eher nicht. “Alter weißer Mann” spricht natürlich wichtige Themen unserer Zeit an, ist hierbei aber nicht so witzig oder tiefgründig wie erhofft und geplant, weil er oft zu simpel, überzogen und unglaubwürdig daher kommt – ohne einen aber komplett zu verlieren.
Trailer:
Bewertung: 5 von 10 Punkten