Home Film “Antlers” – der düstere Mystery-Schocker bringt den wahren Horror

“Antlers” – der düstere Mystery-Schocker bringt den wahren Horror

Autor: Mick

"Antlers" Filmplakat (© Disney)

Antlers

Darsteller: Keri Russell, Jesse Plemons, Jeremy T. Thomas, Sawyer Jones
Regie: Scott Cooper
Dauer: 100 Minuten
FSK: freigegeben ab 16 Jahren
Website: www.antlersfilm.de
Facebook: facebook.com/SearchlightDE


Unübersehbar steht Halloween mal wieder unmittelbar vor der Tür. Das heißt, es ist Horrorsaison auf allen Kanälen, also auch im Kino. Zwar sollte Scott Coopers („Crazy Heart“, „Hostiles – Feinde“) neuer Schocker „Antlers“ schon im Frühjahr 2020 an den Start gehen, wurde dort aber wie fast alle anderen Filme auch aus bekannten Gründen kurzfristig aus dem Programm genommen. Da kommt den Marketing-Strategen des Verleihs jetzt das schaurige Fest ganz gelegen, um uns passend dazu endlich ihren Gruselfilm zu präsentieren, wo doch schon der jüngst angelaufene neueste Teil der legendären „Halloween“-Reihe eine reine Enttäuschung darstellte.

Anders „Antlers“, mit dem Scott Cooper die mystische Kurzgeschichte „The Quiet Boy“ von Nick Antosca auf die große Leinwand bringt und uns von der ersten Sekunde an in die düstere Welt des ländlichen Oregon eintauchen lässt. Da werden wir Zeuge, wie der Minenarbeiter Frank (Scott Haze) ganz anders als sein Kollege Daniel im Stollen um Haaresbreite einem äußerst gewaltsamen Angriff entgeht. Denn während Daniel übel zugerichtet wird, kommt Frank mit ein paar Verletzungen davon. Aber was in aller Welt hat da attackiert? Diese Frage stellt Cooper gleich in dieser Eingangsszene geschickt in den Raum, lässt im Dunkel der Mine außer der immensen Kraft nur ein paar tierische Umrisse erkennen.

Kurze Zeit später bemerkt Lehrerin Julia (Keri Russell) bei ihrem in sich gekehrten Schüler Lucas (Jeremy T. Thomas), dem älteren Sohn des alleinerziehenden Frank, absolut verstörendes Verhalten: Nicht nur scheint sich der völlig von seiner Umgebung abzukapseln, sondern zeichnet obendrein beängstigende, finstere Bilder von blutrünstigen Monstern mit Geweih. Er scheint mehr zu wissen als wir, denn Cooper bedient sich zunächst gezielt der Perspektive der Lehrerin und ihres die Ermittlungen führenden Bruders Paul (Jesse Plemons), die kaum eine plausible Erklärung zulässt, als sich die bestialischen Mordfälle häufen.

"Antlers" Szenenbild (© Disney)

(© Disney)

Es ist vor allem die Ungewissheit über den Verbleib von Frank und Lucas‘ kleinem Bruder Aiden (Sawyer Jones), die uns das Gruseln lehrt, die angedeutete Existenz einer fiesen Kreatur, die uns im Zusammenspiel mit der virtuos erzeugten düsteren Atmosphäre immer wieder erschaudern lässt. Da bedarf es statt expliziter Splattersequenzen einzig eines simplen Blickpunktwechsels, um uns aus der Sicht des bedauernswerten, tief verängstigten Lucas neue, beunruhigende Einblicke zu verschaffen. Der nämlich hütet zuhause ein grausames Geheimnis, das wir in so manch blutiger Szene schon erahnen konnten, das Cooper allerdings in beängstigenden Einstellungen gekonnt erst Stück für Stück zur bösen Gewissheit werden lässt.

Damit greift er den uralten Wendigo-Mythos der indigenen amerikanischen Bevölkerung auf, der als rachsüchtiger Geist diejenigen Menschen heimsucht, die die Natur missachten und sie zu gehörnten, kannibalischen Wesen mit schier unstillbarem Hunger auf Fleisch macht. Dessen Konsum allerdings lässt sie noch bestialischer werden und ihre monströsen Eigenschaften sogar auf ihre Kontaktpersonen übergehen. In diesem Wissen erschließt sich uns so manches Vorkommnis, und verkauft uns Cooper die übernatürliche Ebene, bei der deutlich die Handschrift des Produzenten Guillermo del Toro („Pans Labyrinth“, „Shape of Water – Das Flüstern des Wassers“) zu erkennen ist, als spirituelles Erlebnis Jahrtausende alter Mächte, die er gelungen in den so ausreichend plausiblen Plot einfügt. Vor allem aber erweist er sich als Meister der Stimmung, die uns vom ersten Moment gefangen nimmt und sein Werk zu einem gruseligen Vergnügen macht, das die Bezeichnung Horrorfilm wahrlich verdient hat.

Trailer:

Bewertung: 8 von 10 Punkten

 

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