Asteroid City
Darsteller: Jason Schwartzman, Steve Carell, Scarlett Johansson, Jeffrey Wright
Regie: Wes Anderson
Dauer: 104 Minuten
FSK: freigegeben ab 12 Jahren
Website: www.upig.de/micro/asteroid-city
Facebook: facebook.com/UniversalPicturesDE
Sehnlichst erwartet wurde „Asteroid City“, der neue Streich von Kult-Regisseur und Meister der Skurrilität Wes Anderson („Moonrise Kingdom“, „Grand Budapest Hotel“), nachdem er vor zwei Jahren mit seinem virtuos verschachtelten „The French Dispatch“ ein bildgewaltiges Feuerwerk von Geschichten ablieferte und damit seiner Liebe zu Frankreich liebevoll Ausdruck verlieh.
Jetzt also „Asteroid City“, ein Kaff mitten im Nirgendwo der amerikanischen Wüste, das Bekanntheit erlangte, weil dort vor etlichen Jahren mal ein Meteorit niedergegangen ist und einen ansehnlichen Krater hinterlassen hat. Mitte der 50er Jahre trifft sich nun hier die naturwissenschaftliche Elite der US-Schülerschaft, von Anderson gleich eingangs als „brainiacs“ vorgestellt, zur Junior Stargazer Convention, um dort ihre technischen Projekte vorzustellen. Das klingt zunächst einmal ganz gewöhnlich, hätte der Regisseur uns nicht wie üblich schon anfangs zum Denken angeregt und seine Handlung in eine Schwarz-Weiß-Metaebene im 4:3-Format eingebettet, die das bunte Treiben in der Wüste als Inhalt eines fiktiven Theaterstücks ausweist, mit dem sich der exzentrische Autor (Edward Norton) nicht immer zufrieden zeigt und es bei Bedarf auch noch beliebig umschreiben kann.
Gewöhnlich geht es also bei Anderson auch hier wieder nicht zu, führt er ganz im Gegenteil seine handelnden Personen durch einen ebenso geschliffenen wie humoristischen Monolog eines Conférenciers (Bryan Cranston) ein und verschränkt so schon ganz am Anfang originell seine Erzählebenen. Doch zurück zum Wettbewerb der Jugendlichen, zu denen auch der nerdige Woodrow (Jake Ryan), begleitet von Vater Augie (Jason Schwartzman), und die kesse Dinah (Grace Edwards), gefahren von Mutter Midge (Scarlett Johansson), gehören. Schon bei der Anreise kommt es im für die 50er üblichen Diner zur ersten Begegnung von Schauspielerin Midge und dem kürzlich verwitweten Kriegsreporter Augie inklusive skurrilem Dialog, die sich sofort blendend verstehen und damit einen der vielen Handlungsstränge begründen, die der Regisseur gewohnt lässig miteinander verwebt.
Aber macht es überhaupt Sinn, auf all die Nebenschauplätze einzugehen, von denen Anderson hier wieder einen bunten Strauß erzeugt? Wahrscheinlich würde man sich dabei genauso verheddern, wie sich der bonbonfarben-surreale Streifen irgendwann im Reigen seiner vielen Episoden verliert, von denen jede allein gefühlt schon Stoff für mehrere Filme hergeben würde, so detailverliebt und schräg legt der Regisseur wirklich jede einzelne an. Dass dabei sein Starensemble, das teilweise sogar zum Mindestlohn mit ihm zusammenarbeiten wollte, diesmal alles bisher Dagewesene in den Schatten stellt, spricht für sich, vor allem aber für den Kultstatus, den Anderson mit seinen unbestrittenen künstlerischen Ambitionen inzwischen erlangt hat.
Damit kann er es sich erlauben, auch seine Nebenrollen überaus namhaft zu besetzen, was irgendwie wie ein illustres Klassentreffen anmutet, durch die enorme Spielfreude jedes Einzelnen seinen Figuren jedoch eine immense Tiefe verleiht. So erlebt man etwa Tom Hanks als schnell für die Betreuung der Kinder angereisten Schwiegervater Augies, Tilda Swinton als verpeilte wissenschaftliche Projektleiterin, Steve Carell als stoischen Hotelmanager oder Adrien Brody als verzweifelten Theaterregisseur der Rahmenhandlung. Ihnen allen schaut man einfach gerne bei der wie immer äußerst unkonventionell inszenierten Bewältigung ihrer Probleme zu, die sich zuspitzen, als pünktlich zum feierlichen Jahrestag des Meteoriteneinschlags auch noch ein Alien auftaucht und augenblicklich eine Quarantäne über Asteroid City verhängt wird.
Im großen Ganzen feiert Wes Anderson in seiner neuen Komödie das Space Age der 50er Jahre mit all seinen Widersprüchen, lässt angedeutete Atomtests auf den geförderten Pioniergeist der Jugendlichen treffen und bindet in all das die privaten Verwicklungen seiner verschrobenen Charaktere ein. Dabei erzählt er uns wieder eine ganze Reihe von Geschichten, die mit ihren extravaganten Dialogen voller witziger Ideen stecken und einen immer wieder zum Schmunzeln bringen. Dass die im Grunde genommen nirgendwohin führen, ist zwar etwas unbefriedigend aber irgendwie typisch Wes Anderson. Den kann man mögen oder nicht, unterhaltsam ist sein „Asteroid City“ allemal.
Trailer:
Bewertung: 7 von 10 Punkten