Home Film “Bohemian Rhapsody” – die Geschichte der Kultband Queen und ihres exzentrischen Frontmanns Freddie Mercury

“Bohemian Rhapsody” – die Geschichte der Kultband Queen und ihres exzentrischen Frontmanns Freddie Mercury

Autor: Tobi

"Bohemian Rhapsody" Filmplakat (© 2018 Twentieth Century Fox)

Bohemian Rhapsody

Darsteller: Rami Malek, Gwilym Lee, Ben Hardy, Lucy Boynton
Regie: Bryan Singer
Dauer: 135 Minuten
FSK: freigegeben ab 6 Jahren
Website: www.fox.de/bohemian-rhapsody
Facebook: facebook.com/20thCenturyFoxGermany


Mit Albumverkäufen von geschätzt rund 300 Millionen Exemplaren zählen Queen zu den erfolgreichsten Bands der Musikgeschichte, und ihre Hits wie “Bohemian Rhapsody”, “We Are The Champions” oder “We Will Rock You” – um nur einige wenige von vielen zu nennen – werden auch heute immer noch gespielt und gehört, weil es sich um zeitlose Klassiker handelt, die nicht an Reiz verloren haben.

Als Frontmann Freddie Mercury am 24. November 1991 geschwächt von seiner einen Tag vorher erst publik gemachten AIDS-Erkrankung an den Folgen einer Lungenentzündung verstarb, da verlor die Band ihre Stimme und die Welt einen der schillerndsten und begnadetsten Musiker. Plötzlich klang die 1986 für den Film “Highlander” mit Orchester aufgenommene und auf dem Album “A Kind Of Magic” veröffentlichte Bombast-Ballade “Who Wants To Live Forever” wie ein Vermächtnis, vor allem als man erfuhr, dass Mercury bereits Mitte der 80er-Jahre von seiner Krankheit wusste.

Die Songs von Queen lebten weiter – und irgendwie auch die Band. Nach dem Ausstieg von Bassist John Deacon traten die verbliebenen beiden Bandmitglieder, Gitarrist Brian May und Drummer Roger Taylor, im neuen Jahrtausend mal mit Paul Rodgers als Gastsänger auf, mal mit Adam Lambert, aber diese konnten Mercury natürlich nicht annähernd adäquat ersetzen.

Viel spannender waren da für Fans der Band die angegangenen Projekte für die Theaterbühne und Leinwand. 2002 kam es zur Premiere des Musicals “We Will Rock You” mit Songs der Band, in das May und Taylor involviert waren, dessen Handlung aber kaum etwas mit Queen zu tun hatte. Daher war das Interesse umso größer, als May Ende 2006 bestätigte, dass ein Film über die Geschichte der Band gedreht werde.

Zwölf Jahre sind seitdem vergangen, und endlich kommt “Bohemian Rhapsody” ins Kino. Gründe für die lange Produktionszeit gibt es einige. Zum einen kam es zu Umbesetzungen im ausführenden Team, bis hin zum Regisseur Bryan Singer, der am Ende seinen Film nicht einmal fertig drehte und für die letzten Wochen von Dexter Fletcher ersetzt wurde, der ursprünglich mal als Regisseur für den Streifen vorgesehen war, nun aber trotz seiner finalen Einbindung lediglich als einer der ausführenden Produzenten mit aufgeführt wird.

Auch über die Rollenbesetzung des Freddie Mercury gab es viele Diskussionen. Johnny Depp war irgendwann mal im Gespräch, bis 2010 die Hauptrolle so gut wie sicher an Sacha Baron Cohen vergeben war. Dieser wurde es dann aber doch nicht, und die Aussagen zu den Gründen hierfür sind durchaus widersprüchlich. Wie auch immer, ein neuer Freddie wurde gesucht und mit Ben Whishaw schien er gefunden. Am Ende sehen wir nun Rami Malek, und der aus der Fernsehserie “Mr. Robot” oder Filmen wie zuletzt dem “Papillon”-Remake bekannte Schauspieler weiß mit seiner Darstellung zu begeistern.

Dies tut auch der Film insgesamt, und all die Probleme in der Entstehung – auch am Set kam es Berichten zufolge zu Differenzen – sind dem Streifen nicht anzumerken. Dafür, dass die Geschichte der Band im Großen und Ganzen korrekt wiedergegeben wird, sorgten May und Taylor, die von Anfang an in das Projekt eingebunden waren und auch mit produzierten. Auch Queens Manager Jim Beach und Greg Brooks, der das offizielle Bandarchiv verwaltet, sorgten für große Nähe zur Realität. Und doch finden sich beim Reinlesen in die Historie der Formation einige Abweichungen, bei denen man grübelt, warum diese sein mussten, hätte der Film doch auch ohne sie nicht weniger begeistert. Wir bekommen also die Geschichte von Queen so verabreicht, wie May und Taylor sie bei uns im Gedächtnis verankert sehen möchten.

"Bohemian Rhapsody" Szenenbild (© 2018 Twentieth Century Fox)

v.l.n.r.: Brian May (Gwilym Lee), Freddie Mercury (Rami Malek) (© 2018 Twentieth Century Fox)

“Bohemian Rhapsody” schafft es, den Fokus auf Freddie Mercury zu legen, der als Persönlichkeit halt doch noch weit interessanter daher kam als die anderen drei Bandmitglieder, und doch die Geschichte der Band bis in die Mitte der 80er-Jahre zu erzählen.

Anfangs sehen wir, wie der in Sansibar geborene Farrokh Bulsara, so Freddies wirklicher Name, im Kreis seiner indisch-stämmigen Parsen-Familie gut behütet aufwächst, bis es ihn hinaus zieht, ins Nachtleben und irgendwie auch in die weite Welt. Der Weg dorthin war nicht mehr so weit, nachdem die Familie vor Unruhen in Sansibar nach London geflohen war, welches natürlich viele Möglichkeiten bereit hielt.

Als Freddie (Rami Malek), wie er sich seit seiner Zeit in einem Internat nahe Bombay nennt, einen Auftritt der Band Smile mit Gitarrist Brian May (Gwilym Lee) und Drummer Roger Taylor (Ben Hardy) sieht, bei dem klar wird, dass sie einen neuen Frontmann benötigen, bietet er sich den Jungs hierfür an. Auch wenn Freddie mit seinem Überbiss und seiner selbstverliebten Art zunächst nicht zwingend auf Interesse der Jungs stößt, überzeugt er mit seiner Stimme, und so kommen sie doch zusammen und gründen die Band Queen. Zu dieser stößt bald auch Bassist John Deacon (Joseph Mazzello) – und aus Freddie Bulsara wird Freddie Mercury, was halt viel besser klingt.

Zusammen feiern sie – z.B. mit dem Song “Killer Queen” aus ihrem zweiten Album – erste Erfolge, aber bei weitem nicht mit dem späteren Ruhm zu vergleichen. Als sie sich entschließen, für ihren vierten Longplayer “A Night At The Opera” vom radiotauglichen Songformat abzuweichen und kompositorisch weit mehr zu experimentieren, zieht ihr Manager beim Label EMI nicht mit. Queen setzen sich durch und schaffen mit der Scheibe und dem Song “Bohemian Rhapsody” den weltweiten Durchbruch.

Der neue Platz im absoluten Rampenlicht bringt aber auch seine Schattenseiten mit sich. Die Beziehung zu seiner Freundin Mary Austin (Lucy Boynton), mit der Freddie seit Anfang der 70er-Jahre zusammen lebt und die ihn auf dem Weg zum Ruhm stets unterstützte, beginnt, brüchig zu werden. Einer der Gründe ist, dass Freddie eine Phase durchlebt, in der er seine Sexualität ganz neu entdeckt, sich zu Männern ebenso hingezogen fühlt wie zu Frauen. Ein anderer Grund ist das zunehmend ausschweifende Leben eines Rockstars, dem sich Freddie nur zu gerne hingibt.

Nach weiteren Erfolgen mit Queen startet Freddie, der sich immer mehr von den anderen distanziert hatte, eine Solo-Karriere. Der Erfolg bleibt allerdings weit hinter den eigenen Erwartungen zurück, und auch wenn er längst weiß, dass die Stärke der Band im gegenseitigen Inspirieren und Zusammenspiel lag, bedarf es des legendären “Live Aid”-Benefiz-Konzerts im Juli 1985, um Queen wieder zusammen zu bringen und einen Auftritt hinzulegen, der von der Welt umjubelt wird.

Auch wenn “Bohemian Rhapsody” als Film zu begeistern weiß, liegen hier gegen Ende die wohl größten Diskrepanzen zur Realität vor. Hat man im Streifen den Eindruck, dass Freddie beim Bestreben, sich solo durchzusetzen, über eine längere Phase von Queen getrennt agiert habe, ist dem doch nicht so. Anfang 1984 erst erschienen Singles wie “Radio Ga Ga” und “I Want To Break Free” oder das Album “The Works”, und zu Weihnachten des Jahres “Thank God It’s Christmas”. Zudem wird der Eindruck vermittelt, dass der “Live Aid”-Auftritt, der als großes Finale sehr ausführlich gezeigt wird und filmisch gut rekonstruiert wurde, eine Wiedervereinigung darstellte – in Wirklichkeit aber hatten Queen auch im Januar 1985 bei “Rock in Rio” gespielt, sich also nie wirklich getrennt. Dies bestärkt den Eindruck, May und Taylor stellen im Film eine generelle Distanzierung ihres Frontmanns, der sich mit Paul Prenter einen persönlichen Manager zulegte, zwischendurch für ein paar Jahre in Deutschland lebte und sicher nicht mehr so greifbar war wie früher und auch nicht mehr der Kumpel von damals, als Band-Trennung dar, um den “Live Aid”-Auftritt noch weiter zu glorifizieren. Das aber benötigt dieser gar nicht, ist er doch auch so legendär gewesen.

Dies führt zwar zu leichten Abzügen in der B-Note, ändert aber nichts daran, dass mit “Bohemian Rhapsody” ein toller Film vorliegt. Die Musik der Band packt einen wieder und die Geschichte der Band sowie die Entstehung einiger Songs sind sehr interessant, so wie natürlich auch das Leben des Freddie Mercury, über das man als Queen-Fanatiker sicher schon alles wusste, als Normal-Fan aber bei weitem nicht.

Die Besetzung überzeugt in jedem Punkt. Gwilym Lee und Joseph Mazzello sehen nicht nur extrem so aus wie Brian May und John Deacon, sie spielen auch wunderbar, ebenso wie Ben Hardy, der Roger Taylor nicht ganz so aus dem Gesicht geschnitten ist. Das Highlight ist aber Rami Malek, der Freddie Mercury so gut verkörpert, wie man es kaum für möglich gehalten hätte, mit all seinen Gemütszuständen zwischen Selbstbewusstsein und Zweifeln. Den Gesang musste er hierbei allerdings nicht auch noch alleine stemmen, wir hören eine Mischung aus vermutlich nicht zu vielen Passagen von Malek, dazu Freddies Originalstimme und als Ergänzung Marc Martel, der mit dem Projekt “The Ultimate Queen Celebration” auf Tour ist.

Ein kleines Schmankerl hält die Besetzung übrigens noch parat. In der Rolle des EMI-Managers Ray Foster, der den Song “Bohemian Rhapsody” als zu lang ablehnt, sehen wir – mit Bart und Brille kaum erkennbar – Mike Myers. Diesem hatten es Queen zu verdanken, dass der Song 17 Jahre nach seiner Erstveröffentlichung noch einmal Platz 2 der US-Single-Charts erreichte, nachdem er 1992 im Film “Wayne’s World” verwendet wurde und die Headbanging-Szene im Auto alle amüsierte, so dass sogar ein neuer Videoclip als Mischung von Filmszenen, dem Original-Video zum Stück (übrigens einem der Wegbereiter für das Format Musikvideo überhaupt) und mit Live-Aufnahmen entstand.

Trailer:

Bewertung: 9 von 10 Punkten

 

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