Home Film “Cat Person” – erstaunlich tiefgründige Auseinandersetzung mit dem Thema Dating

“Cat Person” – erstaunlich tiefgründige Auseinandersetzung mit dem Thema Dating

Autor: Mick

"Cat Person" Filmplakat (© Studiocanal GmbH)

Cat Person

Darsteller: Emilia Jones, Nicholas Braun, Geraldine Viswanathan, Isabella Rosselini
Regie: Susanna Fogel
Dauer: 118 Minuten
FSK: freigegeben ab 16 Jahren
Website: www.arthaus.de/cat_person
Facebook: facebook.com/ARTHAUS
Kinostart: 16. November 2023


„Männer haben Angst, dass Frauen sie auslachen. Frauen haben Angst, dass Männer sie töten.“ Besser kann Susanna Fogel („Bad Spies“) ihre Empfindung modernen Online-Datings wohl nicht auf den Punkt bringen, als sie es mit diesem Zitat im Vorspann ihres neuen Thrillers „Cat Person“ tut. Der basiert auf Kristen Roupenians gleichnamiger Kurzgeschichte, die zunächst 2017 im „New Yorker“ veröffentlicht wurde, aber erst im Netz viral ging und damit ausdrückte, wie sehr die Autorin mit ihr offensichtlich einen empfindlichen Nerv vieler Social-Media-Nutzer getroffen hat.

Dabei lässt sich der Streifen zunächst an wie ein handelsüblicher College-Splatterfilm, wenn sich die 20-jährige Studentin Margot (Emilia Jones) zum ersten Mal privat mit dem 34-jährigen Robert (Nicholas Braun) trifft. Der nette Filmfreak hat nämlich zuvor im Kino, wo Margot an der Kasse jobbt, mit charmanter Schlagfertigkeit ihre Handynummer ergattert, worauf zeitnah ein reger Austausch von Textnachrichten folgte. Mit dem stellt Regisseurin Fogel nicht nur anschaulich die einfache Unverbindlichkeit heutigen Kennenlernens heraus, sondern lässt gleichzeitig die damit einhergehende Problematik erkennen, genauso wie Margot dadurch ein zu präzises Bild des Partners inklusive hoher Erwartungshaltung zu bekommen. Und jetzt steht die hier Robert allein im abendlichen Labor ihrer Uni gegenüber und kann sich der schlimmsten Fantasien darüber nicht erwehren, auf welche Weise er sie wohl gleich umbringen wird.

Doch so einfach macht es uns Fogel Gott sei Dank nicht, belässt es erfreulicherweise bloß bei Margots Fantasien, anstatt uns tatsächlich den bösartigen Massenmörder zu präsentieren. Denn schließlich geht auch die zugrundeliegende Geschichte sehr viel subtiler mit dem Dating-Thema um und schildert uns aus Margots Perspektive, wie schnell aus dem anregenden Chat-Flirt im realen Leben eine tiefe Enttäuschung werden kann. Natürlich ist der smarte Robert kein Serienkiller und so folgt auf das erste, wenn auch etwas merkwürdig verlaufende Date in der Uni schnell ein zweites, weil Margot dem wiederholten Texten mit Robert doch einiges abgewinnen kann. Schon meldet sich darauf die gerade bei Mädels übliche Kompetenzrunde zu Wort, in der sich besonders Freundin und Feministin Taylor (Geraldine Viswanathan), gewünscht oder nicht, mit gut gemeinten Ratschlägen und wilden Datingregeln hervortut.

"Cat Person" Szenenbild (© Studiocanal GmbH)

Margot (Emilia Jones) und Robert (Nicholas Braun)
(© Studiocanal GmbH)

Da kann ja dann eigentlich nichts mehr schiefgehen, doch so recht zu Herzen nimmt sich Margot das alles begrüßenswerterweise nicht und wird im Chat schnell konkreter, zu attraktiv erscheint ihr der süße, wenn auch etwas ältere Katzenbesitzer Robert. Und wenn der mal nicht sofort auf Textnachrichten oder gar eindeutige Bilder reagiert, ist augenblicklich das Kopfkino angeworfen und zügig ein Dementi hinterhergeschickt. Mehr noch als das erste Date jedoch zeigt spätestens der aufdringlich unsensible Kuss beim zweiten, dass die Chemie zwischen den beiden einfach nicht stimmt. Immer ungleicher wird ihre Beziehung, deren Wahrnehmung allerdings durch Margots vorher gebildete Wunschvorstellung getrübt wird. So landen sie irgendwie doch bei ihm im Bett, und die entlarvende Sexszene, die mit Roberts Unbeholfenheit zwischen peinlich berührend und unfreiwillig komisch schwankt, illustriert wundervoll das ultimative Beziehungs-Aus. Was jedoch Margot nicht übers Herz bringt, erledigt Taylor respektlos mit einer direkten Nachricht von Margots Handy und beendet so kurzerhand die Treffen der beiden.

Während Roupenians Geschichte mit einer unflätigen Chatreaktion Roberts endet, die das Ende offen lässt, geht Fogel hier aber mindestens einen Schritt weiter, wenn sie uns anschließend die immer paranoider werdende Margot als eingebildetes Stalkingopfer präsentiert, das selbst die erfrischend unverblendete Analyse der herbeigerufenen Polizistin nicht mehr erden kann. Mit ihren beiden wunderbaren Hauptdarsteller:innen erreicht sie so eine anregende Auseinandersetzung mit den Missverständnissen modernen Online-Datings, Rollenmustern und dadurch generierten Erwartungen, die schnell in Einbildungen übergehen können und verleiht so ihrem Thriller eine unerwartete Tiefe. Dass sie danach noch die höchste Eskalationsstufe zündet, war da gar nicht nötig und lenkt letztendlich sogar ein bisschen von unseren Überlegungen ab, wer hier wohl wann welchen Fehler gemacht hat.

Trailer:

Bewertung: 6 von 10 Punkten

 

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