Civil War
Darsteller: Kirsten Dunst, Wagner Moura, Cailee Spaeny, Stephen McKinley Henderson
Regie: Alex Garland
Dauer: 109 Minuten
FSK: freigegeben ab 16 Jahren
Website: dcmstories.com/movie/civil-war
Facebook: facebook.com/dcmstories
Kinostart: 18. April 2024
Regisseur und Drehbuchautor Alex Garland („Ex Machina“, „28 Tage später“) beschäftigt sich seit jeher gern mit Zukunftsentwicklungen der Menschheit. Dass seine entworfenen, überaus realistischen Szenarien, ob nun wegen kritischer Schöpfung von KI oder der Ausbreitung fieser Pandemien, dabei allesamt recht düster ausfallen, mag einerseits seiner pessimistischen Grundeinstellung geschuldet sein. Seine genaue Beobachtung negativer Tendenzen andererseits beweist immer wieder, dass seine dystopischen Abhandlungen gar nicht so realitätsfern sind. So ist jetzt auch „Civil War“, sein drastischer Entwurf eines neuerlichen amerikanischen Bürgerkriegs so undenkbar nicht, haben wir doch alle noch die Bilder vom Sturm auf das Capitol vor drei Jahren vor Augen.
Garland steigt ein mit dem Bild eines zaudernden US-Präsidenten (Nick Offerman), der sich nach einem Militärschlag seiner Truppen bei der Aufzeichnung einer Fernsehbotschaft mit den gewohnt leeren Durchhalteparolen verzweifelt an die Bevölkerung wendet. Kurze Zeit später sehen wir, was in seinem Land wirklich los ist, weil es bei der Verteilung von Wasser mitten in New York zu tumultartigen Szenen kommt, die die Pressefotografin Lee (Kirsten Dunst) mit ihrer Kamera festhält. Und schon im nächsten Moment ist das Chaos perfekt, als auf die Menschenansammlung offensichtlich von einer nationalistischen Gruppierung ein perfider Bombenanschlag verübt wird, bei dem uns die Menschen nur so um die Ohren fliegen.
Ein erstes gewaltiges Statement des Regisseurs für seine Darstellung anarchischer Verhältnisse der augenscheinlich völlig in Trümmern liegenden Vereinigten Staaten, das nur den Anfang machen soll für einen eindrucksvollen Höllentrip durch eine Gesellschaft, die auf das Gesetz des Dschungels zurückgeworfen scheint. Allein durch ihre enorme Erfahrung jahrelanger Kriegseinsätze überlebt Lee den Anschlag und rettet nebenbei auch der jungen Reporterin Jessie (Cailee Spaeny) das Leben, die sich später als so etwas wie ihr Groupie entpuppt. Sie sehen sich nämlich in ihrem Hotel wieder, das den Journalisten als Basis für ihre nächsten Berichterstattungen dient. Und so erfahren wir, dass Lee mit ihrem abenteuerlustigen Reporterkollegen Joel (Wagner Moura) ein spektakuläres Exklusivinterview mit dem von Revolutionsgarden in Washington eingeschlossenen Präsidenten plant.
Als wäre das Unterfangen, in das Kriegsgebiet Washington vorzudringen, nicht schon kompliziert genug, sind am nächsten Morgen nicht nur Journalisten-Schlachtross Sammy (Stephen McKinley Henderson) sondern ebenfalls Küken Jessie mit an Bord, die sich ihren Platz in Joels Pressefahrzeug erquatscht haben. Und dann geht sie los, die Fahrt nach Washington, die genauso wie für die zusammengewürfelte Gruppe auch für uns manch böse Überraschung bereithalten soll. Dabei sind es zunächst Garlands Bilder, die mächtig Eindruck machen: kilometerlange Schlangen verlassener Autowracks auf dem Highway und regelmäßige Kontrollpunkte, ohne dass wirklich klar wird, wer hier wen kontrolliert.
Überhaupt lässt uns der Film beängstigend unwissend darüber, welche Parteien gegeneinander kämpfen, macht nur Andeutungen, wer welches Gebiet kontrolliert und schürt so ein latent machtloses Gefühl vollständiger Anarchie, in der bewaffnete Freischärler an der Tankstelle willkürlich ihre eigenen Gesetze machen, und sich Partisanen scheinbar sinnlose Häuserkämpfe liefern. Was wir aber hautnah erfahren, ist, dass sich unsere vier Reporter in ständiger Gefahr befinden und bereit sind für ihren Bericht ihr Leben zu riskieren. Da kann das Gras auf dem Lande noch so friedlich grün wirken, der nächste Heckenschütze ist stets nicht weit entfernt. Es sind diese Gegensätze, mit denen uns Garland unterstützt von seinem Soundtrack immer wieder beeindruckt, lässt die Landschaft teilweise geradezu übertrieben idyllisch erscheinen, nur um uns im nächsten Moment die Kehle zuzuschnüren und Rechtsradikale kaltblütig morden zu lassen.
Dass er uns neben aller schockierender Gewaltdarstellung aber auch eine Geschichte von Idealismus und Berufsethos der Journalisten erzählt, und uns dabei besonders die sensationelle Kirsten Dunst einen Blick in die Seele ihrer langsam abdankenden Lee gewährt, verleiht seinem Endzeitdrama eine zusätzliche Tiefe, die neben dem erschreckend realistischen Szenario einer Gesellschaft außer Kontrolle ungeheuer aufwühlt. Schade nur, dass sich sein Endzeitdrama zum Ende hin in einer wahren Materialschlacht verliert und so auch einiges an Authentizität einbüßt. Für eine paar bleibende, emotionale Bilder jedoch ist selbst sein pathetischer Showdown noch gut.
Trailer:
Bewertung: 8 von 10 Punkten