Home Film “Dalíland” – Ben Kingsley brilliert als exzentrischer Künstler in seinen späten Tagen

“Dalíland” – Ben Kingsley brilliert als exzentrischer Künstler in seinen späten Tagen

Autor: Tobi

"Dalíland" Filmplakat (© SquareOne Entertainment)

Dalíland

Darsteller: Ben Kingsley, Barbara Sukowa, Rupert Graves, Christopher Briney
Regie: Mary Harron
Dauer: 104 Minuten
FSK: freigegeben ab 16 Jahren
Website: www.daliland-film.de
Facebook: facebook.com/SquareOneEntertainmentGmbH


Wenn “Dalíland” in unseren Kinos startet, dann werden hiermit zwei Monate eingeleitet, in denen sich diverse Filme Künstlern widmen, folgen doch bald auch Wim Wenders Doku “Anselm – Das Rauschen der Zeit” über Anselm Kiefer, Michele Placidos Spielfilm “Der Schatten von Caravaggio” über den bei der Kirche in Ungnade gefallenen Frühbarock-Maler Michelangelo Merisi alias Caravaggio und “Vermeer – Reise in Licht” über die Kuration der größten Ausstellung des niederländischen Malers Johannes Vermeer aller Zeiten.

Zunächst aber nimmt uns Regisseurin Mary Harron mit ins Leben des exzentrischen Genies Salvador Dalí, genauer gesagt in eine späte Zeit seines Schaffens. Große Erfolge liegen nämlich bereits eine Weile zurück, was den inzwischen 70-jährigen Surrealisten (Ben Kingsley) 1973 aber nicht abhält, wie schon in den Jahren zuvor für einige Monate im luxuriösen St. Regis Hotel in New York abzusteigen, mit seiner Muse und Ehefrau Gala (Barbara Sukowa) sowie einigen Bediensteten. Schließlich widmet sich Dalí wie immer nicht nur dem Erschaffen neuer Werke, was reichlich ins Stocken geraten ist, sondern schmeißt immer wieder rauschende und berauschte Partys.

Kein Wunder also, dass dem von Dalís Galeristen Christoffe (Alexander Beyer) mit einem Geld-Vorschuss im Umschlag ins Hotel entsandten, jungen Assistenten James Linton (Christopher Briney) mit einem “Willkommen in Dalíland” die Tür zur fetten Suite geöffnet wird, wo er sich dann auch direkt inmitten eines Fests wiederfindet. Dass er den klaren Auftrag bekommen hat, den Umschlag an niemanden als Gala zu übergeben, erklärt sich schnell. Während Dalí sich wie ein König feiern lässt, mit Alice Cooper herumphilosophiert oder sich an der Anwesenheit junger, hübscher Frauen erfreut, hält Gala die Zügel in der Hand und regelt das Geschäftliche, wenn sie sich nicht gerade ebenfalls jungen Liebhabern hingibt, in deren Reihen sie direkt doch auch James gerne aufnehmen würde.

Dieser, dem Dalí kurzerhand den Spitznamen “San Sebastian” verpasst, ist sichtlich verwirrt, was noch dadurch gesteigert wird, dass der weltbekannte Künstler seinen Chef darum bittet, ihm den frischgebackenen Kunsthochschulabsolventen doch für die Vorbereitungen zu seiner kommenden Ausstellung auszuleihen. Bald schon gehört der 19-Jährige zu den persönlichen Assistenten Dalís, was neben einer Zeit ganz nah am Künstlerdasein aber auch einige Herausforderungen mit sich bringt.

"Dalíland" Szenenbild (© SquareOne Entertainment)

Amanda Lear (Andreja Pejić), Dalí (Sir Ben Kingsley) und Gala (Barbara Sukowa).
(© SquareOne Entertainment)

Mary Harron, die sich mit “American Psycho” und “I Shot Andy Warhol” einen Namen gemacht hat, zeigt in “Dalíland” die ebenso ungewöhnliche wie unerschütterliche Beziehung von Dalí und seiner Gala, die ihn antreibt und ihm fast schon herrisch klar macht, dass er mehr malen muss, um seinen ausschweifenden Lebensstil, den sie gerne mit ihm genießt, weiterzuführen. Zwischen beiden herrscht neben einer professionellen Beziehung jede Menge Liebe, jedoch nicht körperlich, weshalb er ihr auch die Liebeleien zugesteht, während Salvador selbst das Umgeben mit hübschen Models und das Zuschauen bei anderen zur Befriedigung ausreicht. Wenn er aber ein kleines Wehwehchen hat und sich einredet, er sterbe nun, dann kann nur Gala ihn beruhigen, auf sehr mütterliche Art und Weise.

Der geniale Künstler ist aber in die Jahre gekommen und ihm gehen die Ideen aus, bis er dann plötzlich eine hat und sich dann fast schon besessen mit dieser auseinandersetzt, was ertragreich sein kann – wobei einige kleine, ihm zugetragene Gaunereien mit falsch ausgewiesenen Drucken, die er immerhin persönlich signiert, für den schnöden Mammon auch durchgewunken werden. Am liebsten präsentiert er sich – vor allem hier in New York – nach wie vor als Größe, umgeben von Filmstars, Models und MusikerInnen, zu denen dann auch die aufstrebende Amanda Lear (Andreja Pejić) gehört. Während ihr die Nähe zu Dalí auch beruflich weiter hilft, verguckt sich Gala in den Broadway-“Jesus Christ Superstar”-Hauptdarsteller Jeff Fenholt (Zachary Nachbar-Seckel) und möchte dessen Karriere auch als Solo-Musiker ankurbeln.

Es gibt also genug Geschehnisse im Hause Dalí, und man hätte sich gewünscht, dass Harron den Fokus noch mehr auf Salvador und Gala gelegt hätte, die von Sir Ben Kingsley und Barbara Sukowa ganz hervorragend gespielt werden. Statt dessen wird immer wieder die fiktive Figur des James in den Mittelpunkt gerückt, die aber immens weniger Interesse zu wecken weiß. Ob er gestresst ist, sich auf den Partys wohlfühlt oder mit It-Girl Ginesta (Suki Waterhouse) anbandelt, das weiß einen wenig zu berühren, ganz anders also als alles, was man von Dalí und Gala sieht. Hierbei gibt es dann auch einige interessante Rückblicke, die uns mitnehmen zu prägenden Orten wie dem Küstenörtchen Port Lligat, Figueres oder Cadaqués – und als jungen Dalí sehen wir dann Ezra Miller.

“Dalíland” ist vor allem ein Film für Bewunderer des Surrealisten oder seiner Kunst, denn der Film setzt in einigen Szenen durchaus Vorkenntnis voraus. Als dem jungen Salvador die Idee zum berühmten Bild mit der zerlaufenden Uhr kommt, dann wird das finale Bild nämlich zum Beispiel nicht gezeigt, so wie auch andere Werke – denn die Gala-Salvador Dalí Foundation war dem Filmprojekt nicht sonderlich wohlgesonnen und verweigerte daher die Darstellung seiner Kunstwerke. Dies ist natürlich sehr schade, und doch weiß “Dalíland” insgesamt gut zu unterhalten und bietet mit tollem Schauspiel des Duos Kingsley und Sukowa einige Einblicke ins Leben und die Persönlichkeit eines der prägendsten Künstler des 20. Jahrhunderts – und seiner geliebten Gala.

Trailer:

Bewertung: 6 von 10 Punkten

 

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