Der Spitzname
Darsteller: Christoph Maria Herbst, Iris Berben, Florian David Fitz, Caroline Peters
Regie: Sönke Wortmann
Dauer: 90 Minuten
FSK: freigegeben ab 6 Jahren
Website: constantin.film/kino/der-spitzname
Facebook: facebook.com/constantinfilm
Instagram: instagram.com/constantinfilm
Kinostart: 19. Dezember 2024
Alles fing 2018 mit „Der Vorname“ an. Sönke Wortmanns („Der bewegte Mann“, „Das Wunder von Bern“) ungeheuer erfolgreiches Remake einer französischen Komödie ließ damals gekonnt und mit scharfzüngigen Dialogen die grundverschiedenen Charaktere einer Familie aufeinander los, die sich in hitzigen Diskussionen überaus unterhaltsam aneinander abarbeiten durften. Schon Wortmanns fast zwangsläufige Fortsetzung „Der Nachname“ vier Jahre später hatte außer einer uninspirierten Geschichte wenig Neues zu bieten, empfand man schließlich den kurzweiligen Vorgänger am Ende als auserzählt. Jetzt präsentiert uns der Regisseur mit „Der Spitzname“ also Teil drei seiner Reihe, der, so viel sei vorweggenommen, kaum verwunderlich auch nicht vor übermäßigem Innovationsgeist strotzt, wenn er die Familienmitglieder abermals in ihren gewohnten Rollen aufeinanderprallen lässt und dabei wieder voll auf ihre Wortgefechte setzt.
Der aufgesetzte Plot ist diesmal deutlich im Hier und Jetzt angekommen, verhandelt mit Wokeness, Social Media und Compliance-Regeln aktuelle Themen und wirkt vielleicht gerade deswegen reichlich angestrengt. Es geht in ein schönes Tiroler Skiresort, wohin der immer noch karrieregeile Immobilienmakler Thomas (Florian David Fitz) die gesamte Familie eingeladen hat. Endlich will er seine langjährige Partnerin und inzwischen sogar leidlich erfolgreiche Schauspielerin Anna (Janina Uhse) ehelichen, doch wie schon in den vorangegangenen Teilen läuft das Ganze ganz schön aus dem Ruder, als zu unkompatibel erweisen sich zum wiederholten Mal die so grundverschiedenen Figuren.
Schon die Voraussetzungen für die als harmonisch geplante Zusammenkunft im gediegenen Ambiente sind alles andere als ideal, hat doch Thomas‘ Schwager, der nach wie vor pedantische Besserwisser Stephan (Christoph Maria Herbst), vor kurzem wegen eines Fehlverhaltens seine Dozentenstelle als Literaturwissenschaftler verloren, was stark an seinem Selbstbewusstsein nagt. Und selbst der kurz vor einer wichtigen Beförderung stehende Thomas scheint neben dem freudigen Anlass seiner Hochzeit seine Aufmerksamkeit viel mehr der verdächtig wichtigen Korrespondenz über sein Handy zu widmen als dem Treffen mit der Familie.
So weit, so gut, die Akteure, allen voran Christoph Maria Herbsts wortgewandter Zyniker Stephan, haben wieder einiges auszudiskutieren, das spielfreudige Ensemble hält dabei seine bekannten stereotypen Rollen und es gibt tatsächlich auch wieder den einen oder anderen witzigen Dialog zu belächeln. Was Drehbuchautor Claudius Pläging jedoch geritten hat, dann zusätzlich mit der nächsten Generation, nämlich Stephans und Elisabeths (Caroline Peters) Kindern und vor allem Thomas‘ Tochter Paula, eine Geschlechterdebatte vom Zaun zu brechen, bleibt uns verborgen. Das ist zwar für den griffigen, sich marketingstrategisch perfekt in die Trilogie einfügenden, Titel verantwortlich, macht aber Baustellen auf, die komplett überflüssig erscheinen und im Folgenden sogar gewaltig nerven.
Wie das Abarbeiten einer Agenda der angesagtesten Alltagsthemen wirkt es da, wenn Elisabeth ihr karges Lehrerinnengehalt mit Bitcoin-Onlinehandel aufbessert, sich ihre Mutter (Iris Berben) ausgerechnet im Luxusurlaub zur Umweltaktivistin aufschwingt oder deren zuhause babysittender Mann sich plötzlich zum überbesorgten Hubschrauberpapa wandelt. Es fehlt also nur noch die erwähnte Genderthematik zum Glück, um die man ohnehin kaum noch herumzukommen scheint, und die nicht nur durch Thomas‘ Spitznamen für seine Tochter sondern zusätzlich durch die erwachte Wokeness von Stephans Tochter Antigone in Kombination mit der Identitätskrise ihres Bruders Cajus reichlich für Gesprächsstoff sorgt.
Zwar zeigt sich die gesamte Darstellerriege auch hier wieder bestens aufgelegt, und besonders Christoph Maria Herbst macht in seiner Paraderolle voller bissigem Sarkasmus sehr unterhaltsam einmal mehr, was er am besten kann. Insgesamt aber wirkt die zunehmend ermüdende, zeitweilig sogar mit peinlichen Slapstickeinlagen angereicherte Rahmenhandlung um die durchaus für Schmunzeln sorgenden Streitereien viel zu konstruiert um wirklich zu überzeugen.
Trailer:
Bewertung: 4 von 10 Punkten