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“Detroit” – Kathryn Bigelows Film über ein brodelndes Amerika im Sommer 1967

Autor: Tobi

Detroit

Detroit

Darsteller: John Boyega, Anthony Mackie, Will Poulter, Algee Smith
Regie: Kathryn Bigelow
Dauer: 143 Minuten
FSK: freigegeben ab 12 Jahren
Website: www.detroit-film.de
Facebook: facebook.com/Detroit.derFilm


Kathryn Bigelow meldet sich zurück. Mit “Tödliches Kommando – The Hurt Locker” gewann sie 2010 nicht nur als erste Frau überhaupt den Oscar® für die beste Regie, der Streifen wurde auch als bester Film ausgezeichnet, und vier weitere Trophäen gab es an dem Abend zusätzlich. 2012 widmete sie sich dann in “Zero Dark Thirty” der Jagd nach Osama bin Laden, gute Kritiken und fünf Oscar®-Nominierungen folgten.

Bei beiden Filmen, ihren größten Erfolgen, arbeitete sie eng mit Drehbuchschreiber Mark Boal zusammen. Getreu dem Motto “Never change a winning team” setzen die Beiden nun die Kollaboration fort und widmen sich amerikanischer Geschichte, die sich vor einem halben Jahrhundert zugetragen hat. Im Sommer 1967 brodelte es in Amerika. Der Vietnamkrieg brachte Unruhe, und soziale Ungleichheit und Unterdrückung afroamerikanischer Bürger heizten das Klima an, vor allem in den mit hoher Arbeitslosigkeitsquote kämpfenden Großstädten – und zu diesen zählte auch Detroit, die ehemalig blühende Industriestadt, die damals mehr und mehr Jobs verlor. Die am 23. Juli 1967 startenden, fünftägigen Rassenunruhen in der Stadt an der Grenze zu Kanada sollten mit 43 Todesopfern, fast 1200 Verletzten und mehr als 7200 Verhaftungen zu den brutalsten gehören, die das Land je erlebte.

Dass sich hier mit Bigelow und Boal ein nicht-afroamerikanisches Duo dem Thema annahm, ist als Zeichen zu verstehen, dass nicht die Hautfarbe wichtig ist, sondern Gerechtigkeit. Um diese geht es nämlich vor allem, und hierbei fungieren die Unruhen, ausgelöst durch eine Razzia weißer Polizisten in einer von Schwarzen besuchten Bar ohne Ausschankgenehmigung, beinahe nur als Rahmenhandlung. Im Fokus stehen Ereignisse am dritten Tag der Aufstände. Auf Grund der aufgekommenen Plünderungen, Straßenschlachten und Zerstörungen wurde eine nächtliche Ausgangssperre verhängt, und US-Präsident Lyndon B. Johnson hatte die Nationalgarde mobilisiert, um der überforderten Polizei zu helfen – somit rollten sogar Panzer durch die Straßen Detroits.

Die Stimmung war äußerst gereizt, und der Stachel saß tief bei der Polizei der Stadt, die irgendwo zwischen Überforderung, Ohnmacht und gekränktem Stolz versuchte, die Lage in den Griff zu bekommen – jeder auf seine Art. Hier treffen wir dann auf den völlig überreizten Polizisten Philip Krauss (Will Poulter), der seine Aggressionen zuerst an einem Kleinkriminellen auslässt, den er hinterrücks erschießt. In einer Untersuchung hierzu, in der Krauss das Ganze natürlich leugnet, machen ihm die Verantwortlichen deutlich klar, dass er sich im Griff haben muss, gerade jetzt. Das hat er aber nicht.

Als am Abend des 25. Juli aus dem Algiers Motel Schüsse zu hören sind, da will Krauss für Ordnung sorgen und stürmt mit einigen Kollegen das Gebäude, um den Schützen zur Rede zu stellen. Was er sieht, sind sieben Schwarze, unter ihnen auch ein Sänger der aufstrebenden Soul-Band The Dramatics, und zwei weiße Mädels – und alle leugnen, geschossen zu haben. Das gefällt dem offensichtlich rassistischen Krauss gar nicht, und so beginnt er sehr eigenwillige, mit Misshandlungen einhergehende Verhörmethoden, die völlig eskalieren. Hieran kann auch der schwarze, in einem gegenüber liegenden Geschäft als dessen privater Wachmann fungierende und herbei geeilte Melvin Dismukes (John Boyega) nichts ändern – obwohl sich Krauss in seiner Gegenwart zumindest etwas zurück hält. Aber so ein Motel hat halt mehrere Räume…

“Detroit” ist Bigelow-typisch gut gemacht und man lernt einiges über das, was vor 50 Jahren in der Stadt passierte, die heute noch um ihre Wiederauferstehung kämpft, war sie doch lange eher als herunter gekomme Stadt mit großer Kriminalitätsrate und vielen verfallenen Gebäuden bekannt. Wer denkt, dass die historischen Unruhen als realer Rahmen für eine ausgedachte Geschichte fungiert, der irrt. Den Vorfall im Motel gab es wirklich, als “Algiers Motel incident” ist er bekannt – oder eben auch nicht, daher ist es gut, dass er hier aufgearbeitet wird. Das, was man sieht, ist skandalös und schockierend, und da es auf den Erzählungen einiger Beteiligter beruht, ja auch reell. Das Ganze gießt natürlich Öl ins Feuer der Diskussionen um Polizeigewalt an Schwarzen, schließlich gibt es jedes Jahr wieder Fälle und folgende Unruhen in Amerika. Somit ist der Streifen mehr als Zeitgeschichte, nämlich ein Spiegel dessen, was machmal eben doch passiert, auch wenn es dann immer niemand wahr haben will.

Bewertung: 8 von 10 Punkten

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