Die Frau im Nebel
Darsteller: Tang Wei, Park Hae-il, Lee Jung-hyun, Go Kyung-pyo
Regie: Park Chan-wook
Dauer: 138 Minuten
FSK: freigegeben ab 16 Jahren
Website: die-frau-im-nebel.de
Facebook: facebook.com/PLAION.PICTURES
Nicht erst seit dem sensationellen Gewinn des Oscar® als “Bester Film” durch “Parasite” als erster fremdsprachiger Streifen überhaupt und dem Hype um die ebenso brutale wie fesselnde Serie “Squid Game” laufen südkoreanische Produktionen längst nicht mehr unter dem Radar. Ein Filmemacher, der hierzu schon lange beiträgt, ist Park Chan-wook, der als Regisseur und Drehbuchautor schon einige äußerst bemerkenswerte und auch mehrfach ausgezeichnete Werke bescherte. Bekannt wurde er vor allem für harte Rache-Thriller wie “Sympathy For Mr. Vengeance” (2002) und “Oldboy” (2003). Nach einem kurzen Ausflug nach Hollywood mit dem Psycho-Thriller “Stoker” (2013) kehrte Park zurück in die Heimat, wo er dann vom Stamm-Genre abrückte und mit “Die Taschendiebin” (2016) eine aufsehenerregende Liebesgeschichte vorlegte. Auch sein neuester Film “Die Frau im Nebel” kehrt nicht zurück zur Härte, sondern ist ein intelligent gemachter Krimi Noir mit romantischer Note, der ihm bei den Filmfestspielen von Cannes 2022 den Preis für die “Beste Regie” einbrachte.
Als ihr weit älterer Mann beim Besteigen eines Felsens nahe der südkoreanischen Küstenstadt Busan in den Tod stürzt, überrascht Seo-rae (Tang Wei) die Polizei damit, dass sie das Ganze sehr nüchtern und gefühlsarm aufnimmt. Da unklar ist, ob es sich um einen Unfall oder vielleicht doch Mord am eigentlich erfahrenen Hobbykletterer handelte, gerät die kaum Koreanisch sprechende Chinesin fast zwangsläufig in Verdacht.
Kommissar Jang (Park Hae-il) versucht zwar, seine Untersuchungen gewohnt professionell durchzuführen, doch dies gelingt ihm nicht, viel zu fasziniert ist er von der attraktiven, schüchternen und doch auch geheimnisvollen jungen Frau. Der an Schlaflosigkeit leidende Ermittler verhört Seo-rae zuerst, dann observiert er sie, bis sich hieraus bald zunächst tiefgründige Gespräche entwickeln und schließlich eine Liaison. Hiermit begibt sich der gestandene und zudem verheiratete Polizist allerdings natürlich auf dünnes Eis und macht sich angreifbar, während er im Glauben an die Unschuld seiner Geliebten immer mehr investiert, um den Mordverdacht selbst auszuräumen.
Nach seiner Auszeichnung in Cannes gehört “Die Frau im Nebel”, für dessen Drehbuch Park Chan-wook nicht zum ersten mal mit Jeong Seo-kyeong kollaborierte, mit zehn Nominierungen, u.a. in den Kategorien “Bester Film” und “Beste Regie”, zu den großen Favorit bei den diesjährigen Asian Film Awards, die am 12. März vergeben werden.
Dass Park mit dem Streifen neue Wege eingeschlagen hat und überrascht, ist ihm natürlich bewusst: “Wenn meine vorherigen Filme intensiv waren und mit dem Ziel gemacht wurden, eine sehr anregende Erfahrung zu bieten, ist ‘Die Frau im Nebel’ ein Film, der das Publikum subtil und unmerklich in seinen Bann ziehen soll. Es gibt also nicht viel Gewalt, Nacktheit oder sexuelle Inhalte. Stattdessen wollte ich komplizierte Emotionen darstellen, in die sich jeder erwachsene Mensch einfühlen kann.”
Das gelingt bestens, und mit über zwei Stunden gibt er ja auch viel Raum, um Atmosphäre aufzubauen, was durch ruhige Erzählweise, tolle Bilder von Kameramann Kim Ji-yong und passende Musik von Cho Young-wuk optimal funktioniert, die Spieldauer auch rechtfertigt. Hin und wieder streut Park hierbei eine Prise Humor mit ein, wenn der Kommissar der Verdächtigen zur Verwunderung seines völlig verdutzten Kollegen beim ersten Verhör teures Sushi serviert oder sie den Spieß der Beobachtung umdreht.
Vor allem aber werden die Charaktere der beiden zentralen Figuren hervorragend ausgemalt, und der Kontrast zwischen dem eigentlich doch so fokussierten Jang, der in der Großstadt Busan arbeitet und nur an den Wochenenden zu seiner Ehefrau, der Wissenschaftlerin Jung-an (Lee Jung-hyun), ins weit kleinere Ipo zurück kehrt, und der als Altenpflegerin arbeitenden Seo-rae, der eine Abschiebung nach China drohen könnte, wird toll herausgearbeitet.
Schauspielerisch brillieren sowohl Park Hae-il als auch Tang Wei, bei der man lange rätseln darf, ob sie eine arme, nur eben in Bezug auf den Tod ihres Gatten emotional verhaltene Witwe ist oder doch eine manipulative Femme Fatale. Ein starker Film, mit dem sich Park Chan-wook mal wieder neu erfunden hat.
Trailer:
Bewertung: 8 von 10 Punkten