Die Goldfische
Darsteller: Tom Schilling, Jella Haase, Birgit Minichmayr, Axel Stein
Regie: Alireza Golafshan
Dauer: 109 Minuten
FSK: freigegeben ab 12 Jahren
Website: www.DieGoldfische.de
Facebook: facebook.com/DieGoldfische
Über Menschen mit Behinderungen soll man nicht lachen – darf man aber, wenn sie witzig sind, denn dann nicht über sie zu lachen, wäre Diskriminierung. Getreu diesem Motto hat Alireza Golafshan sein Regiedebüt “Die Goldfische” angerichtet, zu dem er auch das Drehbuch schrieb.
Das Leben von Oliver (Tom Schilling) ändert sich schlagartig, als der erfolgreiche Portfolio Manager durch Termindruck einen Unfall verursacht und hierbei selbst mit Querschnittlähmung im Rollstuhl landet. In der dreimonatigen Reha, die ihn auf das neue Leben vorbereiten soll, fühlt sich der Karrieremensch erst einmal deplatziert inmitten der vielen Hilfsbedürftigen, bis ihm auffällt, dass er nichts anderes ist als einer von ihnen.
Während er also anfangs noch nach dem Ort mit dem besten Netz sucht, um beruflich so gut wie möglich im Geschäft zu bleiben, und Sitzungen der sogenannten Goldfisch-Gruppe so auch gerne mal schwänzt, lernt er seine Mitinsassen, wie er sie wohl nennen würde, da er sich in der Klinik wie in einem Gefängnis fühlt, nach und nach besser kennen.
Die blinde Zynikerin Magda (Birgit Minichmayr), der hektische Autist Rainman (Axel Stein), sein stummes Gegenstück Michi (Jan Henrik Stahlberg) und die mit Down-Syndrom geborene Franzi (Luisa Wöllisch) wachsen Oliver zunächst allerdings gar nicht ans Herz, ebenso wenig wie die beiden Betreuer, die ambitionierte Laura (Jella Haase) und der seinen Job mal so gar nicht liebende Eddy (Kida Khodr Ramadan). Nach und nach aber erkennt er, dass jeder hier nur versucht, das Beste aus seiner Situation zu machen und dass in der Truppe mehr Herzlichkeit, Humor und Lebensfreude steckt als in ihm.
Als Oliver dann klar wird, dass die Behörden kurz davor sind, sein in einem Schweizer Schließfach gebunkertes Geld auf Grund der bewussten Nicht-Versteuerung einzukassieren, da muss er handeln. Unter dem Vorwand, den Goldfischen eine Kamel-Therapie in der Schweiz zu spendieren, geht es mit dem Behindertenbus nach Zürich, um das Schwarzgeld über die Grenze zu holen – denn Oliver spekuliert darauf, dass eine Gruppe Behinderter mit Sicherheit nicht gefilzt werden würde. Klingt nach einem Plan, allerdings läuft bei den Eidgenossen so einiges anders, als Oliver es sich vorgestellt hat, und der Trip entwickelt sich mehr und mehr zum Chaos.
Alireza Golafshan ist ein durchaus anständiges Debüt gelungen. Anfangs hat man vielleicht tatsächlich noch ein paar Probleme damit, über Menschen mit Behinderungen zu lachen, aber das legt sich und der Spaßfaktor steigt, vor allem in der zweiten Hälfte des Films, der dann auch mit jeder Menge Herzlichkeit aufwartet und dessen Moral am Ende natürlich auch nicht ausbleibt.
Tom Schilling nimmt man das Karriere-fokussierte Arschloch gut ab und man hat auch erschreckend wenig Mitleid mit ihm, da er schließlich den Unfall selbst verschuldet hat und hierbei noch andere schwer gefährdete. Während Birgit Minichmayr mit ihren resoluten Frozzeleien genauso zu gefallen weiß wie Luisa Wöllisch mit ihrer Lebensfreude, Jella Haase als nun im Job als Pflegerin aufgehende Sonderpädagogik-Absolventin und Jan Henrik Stahlberg als still sinnierender Helmträger, muss man sich an andere Charaktere erst gewöhnen.
Axel Stein spielt den fröhlich lustigen Autisten hierbei durchaus gut, wobei das Ganze so an Over-Acting grenzt, dass man einige Zeit braucht, um die Figur als solche zu akzeptieren und sie nicht als Axel-Stein-Show zu interpretieren. Kida Khodr Ramadan spielt solide, ihn hat man aber schon besser gesehen. Dies fällt aber keinesfalls negativ ins Gewicht, ganz im Gegensatz zu den Szenen mit Klaas Heufer-Umlauf als Olivers per Videochat eingebundenen Freund, denn dieser wirkt völlig deplatziert.
Die Story ist in einigen Punkten natürlich nicht sonderlich nah an der Realität gestrickt, der Streifen vermeidet aber größtenteils zum Glück dümmliche Szenerien und allzu platte Gags. Es dauert zwar etwas, bis alle Charaktere ausreichend eingeführt wurden, dann aber kommt immer mehr Fahrt auf, auch in puncto Humor. Alles in allem ein Film, den man gut anschauen kann, auch weil er im Fokus nicht bei Oliver bleibt sondern sich mehr und mehr der Gruppe als Ensemble widmet.
Trailer:
Bewertung: 6 von 10 Punkten