Die letzte Fahrt der Demeter
Darsteller: Corey Hawkins, Liam Cunningham, David Dastmalchian, Aisling Franciosi
Regie: André Øvredal
Dauer: 118 Minuten
FSK: freigegeben ab 16 Jahren
Website: www.upig.de/micro/die-letzte-fahrt-der-demeter
Facebook: facebook.com/UniversalPicturesDE
Selten verheißt eine lange Produktionszeit etwas Gutes. Die ersten Skript-Entwürfe von Drehbuchautor Bragi F. Schut („Escape Room“) für den Gruselfilm „Die letzte Fahrt der Demeter“ stammen tatsächlich schon aus dem Jahr 2002, als er erstmalig versuchte, aus einem Kapitel von Bram Stokers legendärem Vampirroman „Dracula“ die Geschichte für einen ganzen Spielfilm zu stricken. In den zwanzig Jahren, die die Idee einschließlich dezenter Modifikationen zwischenzeitlich auf eine Verwirklichung wartete, ging auch der Posten des Regisseurs durch diverse Hände, bis das Projekt letztendlich im Schoß des Horrorexperten André Øvredal („Trollhunter“) landete. Und der gibt jetzt sein Bestes, uns Bram Stokers selten erwähntes, deshalb aber nicht zwingend reizloses Kapitel „Das Logbuch des Kapitäns“ vorzustellen.
Es geht, wie der Titel unschwer erahnen lässt, um die Reise des gecharterten Segelschiffs Demeter vom Schwarzen Meer nach London, die von Anfang an unter keinem guten Stern steht. Denn schon beim Laden der äußerst ominösen Fracht, dem sich die einheimischen Hafenarbeiter seltsamerweise allesamt verweigern, gibt es fast ein erstes Todesopfer zu beklagen, als der kleine Toby (Woody Norman) beinahe von einer der Holzkisten unbekannten Inhalts erschlagen wird. Immerhin zahlt der karpatische Auftraggeber gut für den Transport, und so werden von der Besatzung keine Fragen gestellt, auch wenn die aus der Kiste mit dem mysteriösen Drachenemblem herausrieselnde Erde durchaus suspekt erscheint.
Solide aufgebaut ist André Øvredals Horrorstreifen allemal, der mit seiner Vorstellung der durchaus sympathischen Figuren und den darauffolgenden Andeutungen drohenden Unheils jedem Katastrophenfilm das Wasser reichen kann. Leider wissen wir da aber schon über den Ausgang der Geschichte Bescheid, eröffnet der Film doch mit der tragischen Landung der Demeter und lässt damit allenfalls noch Spielraum für Spekulationen, was auf der Fahrt wohl passiert sein mag. Den jedoch nutzt er konsequent, wenn wir das Schicksal der Besatzung aus der Sicht des Arztes Clemens (Corey Hawkins) erleben, den wir schon im Hafen kennenlernen, als er sich so lange erfolglos um einen Job auf der Demeter bewirbt, bis er Toby vor der herabfallenden Kiste rettet.
Kapitän Eliot (Liam Cunningham) zeigt sich erkenntlich, und schon ist Clemens Teil der Crew auf der lukrativen Reise, von deren verhängnisvollem Verlauf er noch keine Ahnung hat. Und das macht Øvredal wirklich gut, orientiert sich beim Erzeugen von Spannung natürlich nicht am bereits bekannten Resultat der Fahrt sondern vielmehr an den Ereignissen an Bord, mit denen er nach und nach Rückschlüsse auf die seltsame Fracht zulässt. Da ist zunächst merkwürdigerweise keine einzige Ratte auf dem Schiff zu entdecken, bevor eines Nachts alle Tiere ihren unerklärlichen Verletzungen erliegen. Und als die Besatzung kurz darauf auch noch die blinde Passagierin Anna (Aisling Franciosi) aus einer Kiste zieht, ist die Verunsicherung komplett.
Zwar wissen wir um die böse Ladung der Demeter, aber zu verfolgen, wie sie sich zukzessive durch immer verheerender werdende Vorkommnisse auch der Crew offenbart, ist trotz einiger Ungereimtheiten und im Horrorgenre wohl unerlässlicher Jump-Scares durchaus unterhaltsam. Natürlich sind die Parallelen zu Ridley Scotts „Alien“ hervorstechend, wenn dem ungebetenen Gast an Bord immer mehr Besatzungsmitglieder zum Opfer fallen, und auch sonst sind noch einige Filmzitate zu entdecken. Als Inspirationsquelle für Øvredals Vampirderivat aber gäbe es schlimmere Werke als Scotts Kultfilm, und so winkt man auch dessen Nähe dazu generös durch, auch wenn er damit keinen Innovationspreis gewinnt.
Unterm Strich jedoch ist Øvredals flott inszenierter „Dracula“-Film, in dem er das stimmige Aussehen des berühmten Vampirs passend zum Drehort Babelsberg eng an Murnaus „Nosferatu“ anlehnt, sehenswertes Horrorkino mit handwerklich bestens produzierten Schockmomenten. Damit beweist er, dass man auch das bisher stiefmütterlich behandelte, kleine Bram-Stoker-Kapitel ansprechend auf Spielfilmlänge ausdehnen kann. Böse Vorahnungen bewahrheiten sich halt nicht immer.
Trailer:
Bewertung: 7 von 10 Punkten